Wer einmal Glück und Gelegenheit hatte, eine norwegische Stab- oder Holzkirche betreten zu dürfen, weiß um die Magie und die Faszination dieser stillen und hochästhetischen Orte.
Zach Condon alias Beirut war nach der schmerzlichen Tour-Absage 2019 aufgrund gravierender gesundheitlicher Probleme aus seiner Wahlheimat Berlin auf die nordnorwegische Insel Hadsel geflohen. Eine Hütte war ihm dort sicherer Ort und stärkende Nische, die örtliche Kirche kreativer Freiraum.
An der alten Kirchenorgel saß er häufig tief versunken. Und ihm gefiel der besondere Hall seiner Trompete. Dies waren erste Schritte zum siebten Beirut-Werk.
Neben Orgel und Trompete listet das Album-Cover auch noch: (Modulare) Synthesizer, Percussion, Waldhorn, Glockenspiel, Pump-Orgel, Drum-Machine, Ukulele, Piano, Akkordeon … Indes: keine weiteren Akteure. Jeder einzelne Ton stammt also höchstpersönlich von Zach Condon. Großartig bei Stimme ist er auch. Somit sind wir Zeugen einer wunderbaren Genesung. Schließlich war eine kollabierende Stimme dereinst der Grund zur Tour-Absage gewesen.
Naturgemäß weht süße Melancholie dann auch durch dieses neue Songdutzend. Zugleich spürt man aber das grenzenlos Befreiende dieser für den Künstler so intensiven wie regenerierenden Zeit. Hell wurde es ja kaum – stattdessen gab es (häufig) Schneestürme und (manchmal) Nordlichter.
Auf diese Weise entstand das vielleicht beste Beirut-Album seit dem längst kultisch verehrten, noch stark von Balkan-Pop-Spielarten durchdrungenen Debüt „Gulag Orkestar“ aus dem Jahr 2006.
„Hadsel“ eröffnet mit einem erstaunlich beschwingten Titel-Track. Zunächst ist die Kirchenorgel der Star, die Fanfarenschlieren der einsamen Trompete und die schwebende Stimme gesellen sich kongenial dazu. Schon ist man restlos aufgesogen im Beirut-Kosmos. Und dieser Flow hält die gesamte Laufzeit an. Rhythmisch und melodisch sind im Verlauf durchaus ungewohnte Finessen zu vermelden.
„Hadsel“ klingt majestätisch und feierlich, dennoch bezaubernd unaufgeregt. Seelenbalsam für den Winter.