Wikipedia ist ja oft köstlich nüchtern: Lankum sei eine „zeitgenössische irische Folkmusic-Band aus Dublin“. Das stimmt natürlich, die Beschreibung unterschlägt aber die schiere Innovationsfreude des derzeitigen Genre-Klassenprimus. Immerhin bei der Stilzuordnung lässt sich ihr Alleinstellungsmerkmal dann doch erahnen: „Traditional Folk, Drone, Progressive Folk, Folk-Punk“.
Ian und Daragh Lynch gründeten als Brüder 2002 das Duo Lynched (lustiges Wortspiel übrigens), bevor sie 2016 mit Cormac MacDiarmada und Radie Peat sowie reichlich Visionen im Kopf Lankum an den Start brachten.
Ein vielversprechendes Debüt entstand im Jahr 2017, ein noch besserer, weil eigenständigerer Zweitling folgte zwei Jahre später. Indes: Erst das Drittwerk „False Lankum“ eroberte 2023 jene Folk-Zirkel, die es lieben, wenn Tradition mit anderen Spielarten gewagt kombiniert wird. Und exakt das bot dieser Reigen, der nicht nur jede Menge Preise einheimste, sondern selbst von Medien jenseits der expliziten Folk-Journaille zum Album des Jahres gekürt wurde (Uncut, MOJO, The Guardian). Einflüsse von Radiohead, My Bloody Valentine und Sunn O)))) wurden ausgemacht, für andere schimmerte dazu auch noch eine „dunklere Version der Pogues“ durch.
„Live In Dublin“ wurde kurz nach Veröffentlichung des gefeierten „False Lankum“ im Mai letzten Jahres in Dublins Vicar Street aufgenommen – ein Heimspiel also. Man spürt den Enthusiasmus des Publikums förmlich beim Hören dieses digitalen (neun Songs) und Vinyl-Albums (sechs Songs).
Zwei Stücke vom Zweitling schieben das Live-Dokument in die hypnotisierende Bahn, bevor mit „The Rocky Road To Dublin“ ein bislang unveröffentlichtes Traditional seine unfassbare Magie erzeugen darf. Mit dem zwölfminütigen Mantra „Go Dig My Grave“ wird ein „False Lankum“-Schlüssel-Track zelebriert.
Wer sich am Montag, 23. September, in das Berliner Theater des Westens begibt, kann erleben, wie von diesen Ausnahme-Folkies klassisches Folk-Instrumentarium wie Geige, Banjo, Harfe oder Flöte auf wundersamste Weise zwischen Reinheit und Elektrifizierung inszeniert wird.