Das Pseudonym sitzt schon mal: Erik Cohen. Könnte der uneheliche Sohn von Erik dem Wikinger und Leonard Cohen sein. Wenn die Zeitverschiebung nicht wäre. Erik Cohen heißt mit bürgerlichem Namen Daniel Geiger und war bis Ende der Nullerjahre Sänger der Hardcore-Punk-Combo Smoke Blow, mit der er sieben Alben veröffentlichte. Seit 2011 ist er solo als Erik Cohen unterwegs. „True Blue“ ist die fünfte Platte des Kieler Jungen und entgegen des englischen Titels befinden sich darauf zehn Rockhymnen in deutscher Sprache. Abstempeln könnte man das Ganze einfach unter Deutschrock, aber das würde dem Gesamtwerk nicht gerecht werden.
Dennoch, die Musik ist erstmal handgemachter Rock mit deutschen Texten. Erik Cohen klingt echt, unverstellt und bewegt sich fernab von grässlichen Autotune-Fantasien. Ganz im Gegenteil, der Opener „Gelsenkirchener Barock“ beginnt mit treibendem Bass und Schlagzeug und steigert sich im Refrain zu einer coolen Mitsinghymne. „Club Pinasse“ ist dann wirklich etwas platt und etwas zu viel Saufrock-Gegröle. Abgehakt. Denn danach geht es nach St. Pauli auf die Reeperbahn. Der gleichnamige Song ist auch in der neuen ARD-Doku „Neonstaub – Die Straßen von St. Pauli“ zu hören und ist wohl der Hit auf „True Blue“.
Doch nicht nur klassische Rockhymnen beherrscht Erik Cohen. In Liedern wie „Diamant“ oder „Malaria“ schwingen auch immer ein bisschen Gothic, Wave und eine Portion Neue Deutsche Welle mit.
„Trucker“ hingegen pfeift auf Truck-Stop-Erwartungen und überrascht gesanglich mit Falco-Querverweisen. Chapeau. Denn es klingt nicht wie eine Kopie, sondern wie eine Hommage an einen großen Künstler.
„Orion“ drosselt das Tempo, Cohen intoniert mit tiefer Stimme, dann kommt ein Mitsingrefrain, der von Sehnsucht durchtränkt immer weitergehen könnte.
Mit „Blinder Passagier“ wartet ein weiterer Höhepunkt, der mit melancholischen Synthies in einen grandiosen Chorus mündet.
Mit „True Blue“ ist Erik Cohen ein starkes Album gelungen. Selten klang deutscher Rock so unverbraucht und frisch.