Man kann ja wahrlich nicht behaupten, dass The National unproduktiv wären. Gerade erschien ihr fantastisches Live-Album „Rome“, und 2023 gab es mit „Laugh Track“ und „First Two Pages Of Frankenstein“ gleich zwei großartige Studio-Alben. Die Fan-Schar freut es wohl. Doch vermutlich weiß diese es auch zu schätzen, wenn weitere Akteure in ähnlicher Richtung kompetent unterwegs sind.
Der Schwede Albert af Ekenstam beispielsweise beackert seit seinem bemerkenswerten Debüt „Ashes“ von 2017 tatsächlich dieselbe Nische mit derselben Hingabe und Leidenschaft wie Matt Berninger und Co. Er verführt mit ebenso dunkel-dräuenden, irgendwie rastlos getriebenen und zugleich in grüblerischer Reflexion gefangenen Weisen.
Bereits die Eröffnung (und dritte Single) „Lily“ zieht sanftmütig melancholisch in den Bann. Viele Töne braucht es dafür nicht, eine intensive gesangliche Performance dafür aber schon. Es geht um Liebe und Verlust, den schmalen Grat zwischen beidem, die Flüchtigkeit von Verbundenheit. Keine leichte Kost mithin.
Es folgt die zweite Single „Echoes From The Past“, und wohlwollend betrachtet kann hier durchaus eine gewisse Leichtigkeit ausgemacht werden … Auch in schmerzhaften Erinnerungen liegt ja Potenzial für reflektierende Betrachtungen, sprich: Veränderung und Hoffnung. Die betörende Melodie – geformt aus Saiten, Tasten und Stimme – transportiert das vorzüglich. Kein Wunder, dass in Bezug zu Albert af Ekenstam neben The National auch immer wieder Namen wie Nick Cave oder Bon Iver fallen.
„Sleep Like A Child“ sehnt sich – unterlegt mit viel Synthesizer-Hall – nach kindlicher Unbedarftheit. Im Anschluss wiederum greift der Title-Track „Ghost In Us“ tief in unsere Psyche – aber auch fest ans Herz. Die zweite Songhälfte taumelt durch Gitarren-Feedbacks. Näher kommt der Schwede den US-Amerikanern The National an keiner anderen Stelle.
„Let You Go“ verarbeitet dann den Verlust der geliebten Person mit schwebender Entrücktheit der Saiten, die Ekenstam mit Charme und Finesse inszeniert. Ja, hier agiert wirklich ein Meister seines Fachs.