Wind kann als laues Lüftchen wehen oder als Sturm zur Naturgewalt werden. Meteorologische Ereignisse beeinflussen seit jeher die Geschicke der Menschheit und haben sich ob dieser Tragweite auch in Kunst und Kultur niedergeschlagen. Während es gar nicht so einfach ist, Wind in Bildern festzuhalten, sieht es in Literatur und Musik anders aus. In Romanen oder Dramen kann Wind die Handlung schicksalhaft prägen, wie etwa bei Shakespeares „Der Sturm“ oder (in Form von fehlendem Wind) in Heyms Erzählung „Das Schiff“. In Pop- und Rockmusik finden sich Stürme und Winde ebenfalls oft auf der Textebene als feste Größe – man denke an die Doors als „Riders on the Storm“, an Stevie Nicks, die in „Storms“ singt, dass sie nie ein stilles Wässerchen, sondern immer schon ein Sturm war, an Bob Dylan, dem Schutz vor dem Sturm angeboten wird („Shelter from the Storm“), oder an die Scorpions, die mit „Wind of Change“ und „Rock You Like a Hurricane“ gleich mehrere Windstärken besingen. Auf musikalischer Ebene interessanter geht es allerdings in der klassischen Musik zu, wo die Bearbeitung von windigen Wetterphänomenen ebenfalls auftaucht und je nach Epoche unterschiedlich – mal offensichtlicher, mal subtiler – in die Kompositionen eingewoben wurde. Für die Instrumentalmusik hat Wind tatsächlich einiges zu bieten. Als akustische Ereignisse lassen sich Orkane, Böen, tosende Winde, leichte Brisen, pfeifende Luft, wilde Verwirbelungen mit Streichern, Schlagwerk und Blasinstrumenten (die auf Englisch übrigens passend „wind instruments“ heißen) nachahmen. Selbst in reinen Klaviersonaten finden Windbewegungen Äquivalente. Eine Zusammenstellung überwiegend instrumentaler Sturm-, Wind- und Wetter-Stücke aus der Klassik bietet „Storms in Classical Music“. Historisch und stilistisch wird mit 30 Stücken ein breiter Bogen gespannt, der von Mozart über Händel, Vivaldi, Beethoven und Wagner bis Rossini und Chopin reicht. Auch Grieg, Mahler, Vaughan Williams und Sibelius sind vertreten. Allzu entspannend ist diese Zusammenstellung naturgemäß nicht, aber definitiv überraschend und so vielseitig wie der Wind.
KULT[UR]
Foto: Countdown Media/Menuetto Classics
CD-Tipp: Orkane und Orchester
Verschiedene Interpreten: Storms in Classical Music. Label: Countdown Media. Spielzeit: 153 Minuten.
Kult[ur] - CD-Tipp
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