Tischtennis-Fans im Saarland dürfen sich auf ein echtes Highlight freuen. Bei der Final-Four-Endrunde der Champions League in der Saarlandhalle greift der 1. FC Saarbrücken-TT nach der Titelverteidigung – und damit nach einem Stück europäischer Sportgeschichte.

So ganz ist die bisherige Saison für den 1. FC Saarbrücken nicht nach Wunsch verlaufen. Der Griff nach dem dritten Pokal-Triumph blieb im Finale erneut erfolglos, und in der Bundesliga verpassten Patrick Franziska und sein Team nach einer holprigen Punktrunde im Play-off-Halbfinale erstmals nach sechs Jahren wieder die Endspielteilnahme in Serie.
Ganz verloren ist die nacholympische Saison für den FCS allerdings noch nicht: Bei der Champions-League-Endrunde am Wochenende (31. Mai/1. Juni), wie im Vorjahr in der Saarlandhalle, peilt die Mannschaft von Trainer Wang Zhi die zweite erfolgreiche Titelverteidigung in Folge an.
FCS sieht sich in der Favoritenrolle
„Ich denke, dass wir Favorit auf den Titel sind“, sagt FCS-Teammanager Nicolas Barrois ohne falsche Bescheidenheit. „In den letzten Jahren standen in den Finals gegen Borussia Düsseldorf die Chancen immer fifty-fifty. Aber diesmal gibt uns unser Olympia-Silbermedaillengewinner Truls Möregardh hoffentlich hinten raus einen Fünf-Prozent-Vorteil. Dafür haben wir uns ja auch mit ihm verstärkt, weil wir glauben, dass wir seinen ‚Magic Touch‘ im Kampf um die Champions-League-Krone brauchen.“
Etwas zurückhaltender bewertet Franziska die Ausgangslage seiner Mannschaft. „Düsseldorf und wir sind beide in der Favoritenrolle“, meint die deutsche Nummer eins.

Doch auch der FCS-Kapitän sieht sein Team durch Möregardh stärker aufgestellt als bei den Titelgewinnen der beiden Vorjahre: „Truls ist für uns eine echte Verstärkung. Man hat schon in den Viertelfinals gemerkt, dass wir mit ihm ganz anders als in der Bundesliga aufgetreten sind. Wir wissen, dass wir durch ihn an allen Positionen wirklich saustark besetzt sind – das gibt uns in der Champions League einen sehr, sehr guten Vibe.“
Entsprechend lässt Franziska an den Erwartungen keine Zweifel. „Schon vor Saisonbeginn war die Teilnahme am Final Four in der heimischen Halle unser wichtigstes Ziel“, stellt der 32-Jährige klar. „Jetzt, wo wir wieder dabei sind, wollen wir natürlich auch den Hattrick schaffen.“
Zumal Saarbrücken damit ein Stück Sportgeschichte schreiben würde: Drei Triumphe in der Königsklasse sind in der 27-jährigen Geschichte des früheren Europapokals der Landesmeister bislang nur Royal Villette Charleroi (Belgien) und Borussia Düsseldorf gelungen. Seit 14 Jahren hat kein Team mehr dieses Kunststück geschafft – ein Ziel, das Barrois beinahe unumwunden ausspricht: „Wir haben Truls nicht geholt, damit wir Zweiter werden.“

Zum Turnierauftakt trifft Düsseldorf mit dem scheidenden Idol Timo Boll auf KS Grodzisk Mazowiecki. Danach ermitteln Saarbrücken und KS 1924 Suchedniow den zweiten Finalteilnehmer für Sonntag.
Der Club des slowenischen Ex-Bundesligaspielers Deni Kozul erscheint dem FCS beinahe wie eine Wundertüte. „Die sind schwer einzuschätzen, aber man muss klar sagen: Wir sind in dem Spiel der Favorit“, meint Barrois. Franziska verweist auf den Südkoreaner Park Jeongwoo im Suchedniow-Aufgebot: „Den habe ich noch nie gesehen, der hat aber schon ein paar gute Leute geschlagen. Deshalb habe ich mir Videos von ihm angesehen.“
Franziskas Akribie spiegelt auch den Wunsch im FCS-Lager nach einem versöhnlichen Saisonende wider. Barrois teilt diese Hoffnung, formuliert aber keinen Zwang zum Titelgewinn.
Schwierige Bundesliga-Saison
„Es ist kein Beinbruch, dass wir bisher keinen Titel geholt haben und die Saison vielleicht sogar titellos endet. Mit vier Titeln in fünf Jahren und weiteren Finalteilnahmen haben wir sehr stark performt – teilweise überperformt“, nimmt der Teammanager Druck vom Kessel. „Angesichts der stärker gewordenen Konkurrenz war uns klar, dass wir kein Meisterschaftsfavorit sein würden. Pokalfinale und Play-offs sind auch Erfolge – und wir können die Champions League noch gewinnen. Alles falsch gemacht haben wir sicher nicht.“
Nach dem Bundesliga-Aus vor rund einem Monat wurde die nationale Saison intern analysiert. „Es war von Anfang an der Wurm drin“, resümiert Barrois. „Wir waren es nicht mehr gewohnt, um Punkte kämpfen zu müssen. Es hat lange gedauert, bis wir das realisiert haben. Nach den Jahren, in denen die Play-offs selbstverständlich waren, war es sehr schwierig, diesen Schalter wieder umzulegen.“

Franziska führt die Probleme auch auf die gestiegene Terminbelastung zurück: „Seit Olympia sind wir fast ständig auf Turnieren unterwegs und hatten kaum Gelegenheiten, gemeinsam länger zu trainieren. Das war aber früher unsere Stärke. Im nächsten Jahr müssen wir solche Phasen wieder einbauen.“
Im Idealfall wird sich dann auch Möregardh wieder regelmäßig der FCS-Trainingsgruppe anschließen. Barrois bestätigt fortgeschrittene Gespräche mit dem Schweden über eine Verlängerung seines Engagements: „Für die TTBL passt es nächste Saison nicht, weil vor allem Cedric Meissner häufiger spielen soll. Aber für die Champions League sind wir auf einem sehr guten Weg. Es ist noch nichts spruchreif, aber Truls tut uns durch seine Professionalität und Lockerheit sehr gut.“ Auch die 2024 übernommene Rolle als Gastgeber des Final Four zahlt sich bislang aus. „Warum“, fragt Barrois rhetorisch, „soll die Endrunde nicht auch in den nächsten fünf Jahren im Saarland stattfinden?“
Schon nach der Premiere im Vorjahr war ein gestiegenes Tischtennis-Interesse in der Region zu spüren. „Das Event hat Strahlkraft. Wir hatten das Gefühl, dass wir dadurch in der Bundesliga besser besucht waren. Das Turnier ist ein Tischtennis-Fest – und eine hervorragende Werbefläche.“