Mit seinem Charme brachte es Vince Vaughn zu Beginn des Millenniums zu einem der gefragtesten Comedy-Stars in Hollywood. Seine Markenzeichen: leichtfüßige Schlagfertigkeit und sarkastischer Humor. Doch er konnte sich auch im ernsten Fach etablieren.
Eigentlich fing für Vince Vaughn alles an, als ihn sein guter Freund Jon Favreau („Deadpool & Wolverine“) unbedingt in einer Rolle für seinen Kinofilm „Swingers“ (1996) haben wollte. In dieser autobiografisch gefärbten Low-Budget-Komödie unternehmen Mike (Favreau) und Trent (Vaughn) gemeinsam einen Kurztrip nach Las Vegas – allerdings weniger, um sich dort dem Glücksspiel zu widmen, sondern vor allem um Frauen aufzureißen. Was Mike, der gerade aus einer gescheiterten Beziehung kommt, leider so gar nicht gelingen will. Trent hingegen wickelt jede attraktive Frau mit seinem virilen Charme gleich um den Finger. Viele Dialoge des Films waren improvisiert, was vor allem Vince Vaughn zugutekam: Dabei konnte er sein loses Mundwerk zum ersten Mal wirklich voll zur Geltung bringen. Vince Vaughn erinnert sich: „Ich war damals felsenfest davon überzeugt, dass ich in ‚Swingers‘ eine verdammt gute Figur abgegeben hatte. Und ich dachte, die Mädchen, die den Film gesehen haben, werden sicher in Scharen über mich herfallen. Aber weit gefehlt! Stattdessen gab es viele Jungs, die mich anhimmelten und imitierten, da sie mich – fälschlicherweise – für einen echten Swinger hielten!“
In den 2000ern auf Comedy abonniert
Einer, der diesen Fehler nicht machte, war Steven Spielberg. Er engagierte Vince Vaughn in seinem Film „Vergessene Welt: Jurassic Park“ (1997) in der Rolle eines Fotografen. Der Schritt von einem kleinen Independent-Movie hin zu einem großen Hollywood-Blockbuster war für Vince Vaughn ein entscheidender, der sich bald voll und ganz auszahlte. „Ich fühlte mich, als hätte ich mir Siebenmeilenstiefel angezogen. Plötzlich war ich in Hollywood ein gefragter Mann und wurde in meinem darauffolgenden Film, ‚Kansas Nights‘, sogar in der Hauptrolle besetzt. Bald danach rief mich der wunderbare Regisseur Gus Van Sant an, der mich als Norman Bates für das Hitchcock-Remake von ‚Psycho‘ haben wollte. Das war wirklich eine verrückte Zeit. Vor allem, weil ich als Schauspieler zu Beginn meiner Karriere alles andere als fest im Sattel saß. Ich hatte große Schwierigkeiten, mich vor der Kamera normal zu bewegen oder ganz natürlich mit jemandem zu reden, als ob dabei nicht zehn Filmleute um mich herumstehen würden. Außerdem musste ich erst lernen, wirklich textsicher zu sein. Ich habe mir das Schauspieler-Handwerk also maßgeblich learning by doing angeeignet.“
Vincent Anthony Vaughn wurde 1970 in Minneapolis, im US-Bundesstaat Minnesota, geboren. Seine Mutter war eine Immobilien- und Börsenmaklerin, sein Vater ein Vertreter für Kinderspielzeug. Er hat italienische, irische, englische, libanesische und deutsche Vorfahren. Schon in der Highschool interessierte er sich für das Theater und für Musicals. Sein Wunsch, Schauspieler zu werden, wurde vor allem von seiner Mutter unterstützt. Wie viele andere junge Männer träumte er natürlich davon, in Hollywood Fuß zu fassen. Doch der Einstieg ins Filmgeschäft war schwierig. Er bekam zunächst nur kleinere TV-Rollen und wirkte in mehreren Werbespots mit. „Ich musste mich anfangs richtig durchbeißen. Aber ich bin niemand, der schnell aufgibt. Und dabei war mir meine Mutter ein gutes Vorbild. Ich habe sie immer dafür bewundert, mit welcher Energie sie die Schwierigkeiten in ihrem eigenen Berufsleben überwunden hat.“
Vince Vaughns Durchhaltevermögen zahlte sich aus. Vor allem zu Beginn des neuen Millenniums spielte er in einem Comedy-Hit nach dem anderen mit: „Zoolander“, „Old School“, „Anchorman– Die Legende von Ron Burgundy“, „Voll auf die Nüsse“ und „Die Hochzeits-Crasher“ (um nur einige zu nennen) festigten seinen Ruf als smarter, charmanter und extrem witziger Typ, der so ganz nebenbei auch noch einen Schlag bei Frauen hat. Letzteres konnte er ganz besonders gut in der Beziehungs-Komödie „Trennung mit Hindernissen“ (2006) an der Seite von Jennifer Aniston zeigen. Denn da funkte es mit seinem Co-Star nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera. Aniston und Vaughn waren etwa ein Jahr lang ein Paar. Jennifer Aniston berichtete später ganz offen, dass es Vince Vaughn gewesen sei, der ihr über das sehr schmerzhafte Scheitern der Ehe mit Brad Pitt hinweggeholfen habe.
Überhaupt scheint Vince Vaughn viel von einem guten Samariter in sich zu haben. Als zum Beispiel sein Freund und Schauspielerkollege Owen Wilson im Jahr 2007 einen Selbstmordversuch unternommen hatte, kümmerte Vaughn sich rührend um ihn. Owen Wilson gehört übrigens zu der Gruppe von Schauspielern, die in Hollywood gerne als „Frat Pack“ bezeichnet wurden. Weitere Mitglieder der verschworenen Truppe sind Ben Stiller, Luke Wilson, Will Ferrell, Steve Carell, Jason Bateman, Jon Favreau und Jack Black. Es ist also nicht verwunderlich, dass Vince Vaughn immer wieder mit ihnen zusammen vor der Kamera stand.
Düstere Rolle in „True Detective“
Mit der Zeit versuchte Vince Vaughn, sein Talent als Schauspieler über das Komödiengenre hinaus auch in anderen Filmen einzusetzen. Deshalb war er sehr glücklich darüber, dass er von Regisseur Sean Penn in dem Überlebensdrama „Into the Wild“ (2007) besetzt wurde. „Natürlich bin ich dem Komödiengenre nach wie vor sehr eng verbunden, aber als Schauspieler suche ich gleichzeitig ständig nach neuen Herausforderungen. Das ist allerdings gar nicht so einfach, wenn man bei den meisten Studiobossen und Regisseuren schon in der Comedy-Schublade abgelegt ist.“ Aber auch hier zeichnete er sich durch sein Durchhaltevermögen aus. 2015 spielte er in der zweiten Staffel der TV-Hit-Serie „True Detective“ mit und war an der Seite von Colin Farrell in einer ziemlich düstere Rolle zu sehen. Sein dramatisches Können konnte er auch in dem Kriegsdrama „Hacksaw Ridge – Die Entscheidung“ unter der Regie von Mel Gibson zeigen, ebenso in dem Thriller „Jean Seberg – Against all Enemies“ (2019) an der Seite von Kristen Stewart. Darüber hinaus spielte er auch immer wieder in verschiedensten Komödien mit. Ganz aktuell zum Beispiel in der unterhaltsamen Serie „Bad Monkey“, die auf AppleTV+ zu sehen ist (siehe Serientipp, Seite 98). Da gibt er dem Affen wieder richtig Zucker und sprüht nur so vor Sarkasmus und schwarzem Humor.
Ein wichtiger Einschnitt in seinem Leben fand im Jahr 2009 satt, als er auf einer Hochzeitsfeier die kanadische Immobilienmaklerin Kyla Weber kennenlernte. „Mit ihr auszugehen machte mich total nervös, weil sie doch die beste Freundin der Frau meines besten Freundes ist. Ich dachte: Wenn das eventuell schiefgeht, ist es bestimmt ungeheuer peinlich“, verriet er unlängst bei einem Auftritt im amerikanischen Fernsehen. Zur Nervosität hatte er aber anscheinend gar keinen Grund, denn seit 2010 sind die beiden glücklich verheiratet. Im selben Jahr kam ihre gemeinsame Tochter Locklyn zur Welt, 2013 dann ihr Sohn Vernon.
„Bin empathischer geworden“
„Ich werde oft gefragt, ob mich meine Ehe und vor allem meine Vaterschaft verändert hat. Meine ganz ehrliche Antwort lautet: Nein, eigentlich nicht, denn ich hatte auch schon vorher einen ziemlich gefestigten Charakter. Freilich steht seitdem meine Familie für mich immer an erster Stelle. Meine Frau und ich nehmen die Erziehung unserer Kinder natürlich auch sehr ernst. Wir geben ihnen viel Liebe und Geborgenheit, ermuntern sie aber auch immer dazu, sie selbst zu sein. Und ruhig auch einmal etwas zu wagen im Leben – auch wenn es dann vielleicht mal schiefgehen sollte. Das ist doch überhaupt nicht schlimm. Ich jedenfalls habe aus meinen Fehlern und Rückschlägen immer sehr viel gelernt. Wenn ich aber jetzt so darüber nachdenke, dann habe ich mich wohl doch etwas verändert: Ich bin viel empathischer geworden. Ich kann, seit meine Kinder auf der Welt sind, meine Gefühle und Emotionen auf jeden Fall besser zeigen.“
Und mit einem Schmunzeln fügt Vince Vaughn noch hinzu: „Außerdem bin ich in der Wahl meiner Rollen noch viel kritischer geworden.“ Was er damit meint, können wir bald anhand seines nächsten Films überprüfen, dem Drama „Easy’s Waltz“, in dem er an der Seite von Kinolegende Al Pacino und unter der Regie von „True Detective“-Showrunner Nic Pizzolatto zu sehen sein wird.