Für Reinhold Jost sind die Special Olympics weit mehr als ein Sportereignis – sie sind ein gesellschaftliches Bekenntnis. Mit großer Leidenschaft treibt der saarländische Innenminister die Vorbereitungen für die Special Olympics Nationale Spiele 2026 im Saarland voran.
Wer Reinhold Jost zuhört, merkt schnell: Hier spricht keiner, der Inklusion als Pflichtaufgabe seines Ministeriums abhakt, sondern einer, der dafür brennt. Einer, der in jedem Satz spüren lässt, wie sehr ihm dieses Thema am Herzen liegt. Und die Special Olympics Nationale Spiele 2026. „Es wird ein großes Fest des Mitmachens, des Erlebens, des Staunens und der Freude“, betont der saarländische Innen- und Sportminister.
Mehr als „nur“ Sport
Vom 15. bis zum 20. Juni 2026 wird das Saarland sportliche Heimat für rund 4.000 Athletinnen und Athleten mit geistiger Behinderung, dazu etwa 10.000 Betreuer, Trainer, Volunteers und Angehörige. „Wir rechnen mit rund 100.000 Zuschauern“, sagt Jost. In 27 Sportarten sollen über das gesamte Saarland verteilt Wettkämpfe ausgetragen werden. „In jedem Landkreis wird mindestens ein Wettbewerb stattfinden“, sagt Jost. „Das gab es so noch nie.“ Und tatsächlich: Erstmals in der Geschichte der Nationalen Spiele ist nicht nur eine Stadt Austragungsort, sondern ein ganzes Bundesland. Von Tennis in Merzig über Turnen in Dillingen, von Hockey in Homburg bis hin zur Leichtathletik in Saarbrücken und Radfahren in St. Wendel ist alles vertreten. Doch auch jenseits der Grenze soll nicht Schluss sein: Der Schwimmwettbewerb soll nicht nur landkreisübergreifend, sondern gar grenzüberschreitend im französischen Forbach ausgetragen werden. „Das hat es vorher noch nie gegeben. Hier wird Europa nicht nur als Begriff verstanden, sondern wirklich gelebt“, sagt der Minister und verweist auf die enge Zusammenarbeit mit französischen Partnern und Special Olympics Frankreich. Für ihn ist es gelebte Grenzregion, gelebte Inklusion und gelebtes Europa in einem.
Für Jost bedeuten die Special Olympics weit mehr als „nur“ Sport: „Es geht um ein kulturelles Rahmenprogramm, um ein Gesundheitsprogramm für die Athletinnen und Athleten, mit Augen-, Ohren-, Zahn- und Fußuntersuchungen“, erzählt der Sozialdemokrat. „Viele dieser Dinge werden bei Menschen mit geistiger Behinderung zu selten wahrgenommen, weil sie sich nicht so artikulieren können wie andere.“ In der Congresshalle Saarbrücken soll deshalb ein ganzheitliches Gesundheitszentrum entstehen, das während der Spiele geöffnet ist.
Ein riesiges Projekt also, bei dem es ihm bereits von Anfang an wichtig war, Gesicht zu zeigen: „Wir haben dieses Projekt nie einfach durch irgendwen vertreten lassen. Ich habe es zur Chefsache gemacht“, sagt er. Mit Erfolg: Die Bewerbung sei nicht nur professionell gewesen, sondern habe Special Olympics Deutschland gar nachhaltig beeindruckt, verrät Jost. „Ich durfte die Mappe persönlich in Berlin übergeben, das war mein Sahnehäubchen. Und als wir die Zusage bekamen, waren wir sofort arbeitsbereit.“ Für Jost ist es eine Herzenssache. „Ich lebe das nicht, weil es gerade Mode ist“, betont er. „Ich bin seit über 20 Jahren Vorsitzender einer Behindertensportgruppe in Siersburg. Im Haus meiner Frau lebt deren beste Freundin mit ihrem schwerbehinderten Sohn Tom. Einer unserer besten Freunde, Nicolas, hat Down-Syndrom. Diese Menschen bereichern unser Leben, und ich möchte ihnen etwas zurückgeben.“
Ein ganz besonderes Erlebnis seien für ihn und seine Frau auch die Weltspiele 2023 im Berliner Olympiastadion gewesen: „Was wir hier erleben durften, war nicht nur sportlich beeindruckend, sondern auch menschlich zutiefst bewegend. Es waren berührende Momente, die uns emotional mitgenommen haben – im besten Sinne“, sagt er unverblümt. „10.000 Athletinnen und Athleten aus aller Welt sind einmarschiert. Und diese Freude, dieser Stolz, das war unbeschreiblich. Da wird einem bewusst, wie privilegiert das eigene Leben ist.“ Für ihn geht es bei den Spielen nicht nur um Sport und Medaillen, sondern um eine politische Haltung: „Wir wollen zeigen, dass Menschen mit Behinderung mitten in unsere Gesellschaft gehören. Wer glaubt, er könnte das Rad zurückdrehen und Menschen ausgrenzen, nur weil sie anders sind, dem setzen wir hier ein starkes Zeichen entgegen.“
Politisch unstrittig
Daher hängt er sich auch organisatorisch rein. Jeden Mittwochmorgen um 7.30 Uhr, erzählt er, treffe er sich mit seinem Team, um über die Spiele zu sprechen. „Vielleicht wäre es manch einem hier sogar ganz lieb, wenn ich mich nicht so sehr reinhängen würde“, sagt er und lacht. Auch politisch sei das Projekt nie strittig gewesen. „Ich bin der CDU und meiner SPD-Fraktion sehr dankbar, dass es da keinen Streit gab“, sagt Jost. Denn günstig werden die Spiele nicht. Kosten von rund zwei Millionen Euro allein für das Saarland als Mitgastgeber stehen hierbei im Raum. „Das ist gut angelegtes Geld, das wir dutzendfach zurückbekommen – durch die Wertschöpfung im Tourismus und die Wertschätzung für die Sportler“, ist sich Jost sicher.
Wertschätzung ist generell ein Thema, das Jost großgeschrieben wissen will. Das soll sich auch in einem Fackellauf – ganz wie bei den großen Olympischen Spielen – widerspiegeln. „Wir wollen, dass diese Spiele ein Feuer der Emotionen entfachen und nachhaltig wirken“, sagt er und meint dabei mehr als barrierefreie Sportstätten. „Es geht um viel mehr: um einfache Sprache, um Netzwerke, um ein Miteinander.“ Deshalb werbe er auch aktiv bei Städten und Gemeinden, selbst wenn sie keine Austragungsstätte sind, Teil der Spiele zu werden – als Host Town etwa, die internationale Delegationen aufnimmt, als Kulturpartner oder Unterstützer bei der Logistik.
Gerade auch das Thema Host Town sei ein ganz wichtiges: „Wir werden internationale Delegationen einladen – aus Israel, der Ukraine, Polen, Frankreich, Luxemburg, Belgien – und ihnen Host Towns zuweisen, so wie wir es bei den Weltspielen 2023 hatten“, erklärt er. Damals waren Perl, Spiesen-Elversberg, St. Wendel und Saarbrücken dabei. „Diesmal wollen wir es noch breiter aufstellen. Jeder kann Teil der Special Olympics werden.“
Prominente Unterstützer
Auch die Liste der prominenten Unterstützer wachse stetig: Patrick Franziska (Tischtennis), Pauline Schäfer-Betz (Turnen), Christian „Blacky“ Schwarzer (Handball), Michael Bauer (HG Saarlouis), Fußball-Ikonen wie Reiner Calmund und Stefan Kuntz sowie Claudia Kohde-Kilsch (Tennis) haben ihre Unterstützung bereits zugesagt. „Und es werden noch viele dazukommen“, ist Jost sich sicher. Ebenso sicher wie beim Sponsoring: „Es ist schön zu sehen, wie viele große und kleine Unternehmen bereit sind, sich finanziell und ideell einzubringen. Für sie ist es eine Chance, ihre soziale Verantwortung zu zeigen.“
Jetzt heißt es physisch ranklotzen. Denn bis Juni 2026 gibt es noch einiges zu tun: Sportstätten renovieren, Volunteers rekrutieren, Logistik und Catering planen, Unterkünfte buchen, das Gesundheitsprogramm fertigstellen. Vom 15. bis zum 17. September 2025 finden zudem die Landesspiele im Saarland statt, bei denen sich Athletinnen und Athleten in acht Disziplinen für die Nationalen Spiele qualifizieren können. Angst vor der Mammutaufgabe hat Reinhold Jost allerdings nicht. Für ihn ist klar: „Das Saarland ist vielleicht nicht das größte oder finanziell stärkste Bundesland, aber wir haben das größte Herz.“
Sein größter Wunsch? Dass am Ende nicht nur Medaillen gezählt werden, sondern das Gefühl bleibt, Teil von etwas ganz, ganz Großem gewesen zu sein. „Wir werden diese Chance, so viele Emotionen und so viel Perspektive für unser Land zu vereinen, nie wieder bekommen“, sagt er. „Das ist unsere Visitenkarte, mit der wir zeigen, was wir können, und eine einmalige Chance, das Thema Inklusion über den Sport im ganzen Land nachhaltig wirksam und in allen Lebensbereichen zur Umsetzung bringen zu können.“