Vor 34 Jahren schrieb Kevin Costner mit „Der mit dem Wolf tanzt“ Geschichte. Mit „Horizon – Eine amerikanische Saga“ erfüllt er sich nun einen Herzenswunsch. Eine Reise in eine Zeit, in der sich die indigene Bevölkerung gegen die Übernahme ihres Landes durch weiße Siedler wehrt.
New Mexico, 1861. Weiße Siedler errichten am Fluss in einer wunderschönen Prärielandschaft eine Niederlassung. Sie befindet sich mitten im Gebiet der Apachen, die seit Jahrhunderten hier leben. Mit großem Missfallen beobachten die Apachen die Eindringlinge. Wenig später werden sie das Camp überfallen und niederbrennen. Nur wenige Siedler überleben das Gemetzel. Darunter Frances Kittredge (Sienna Miller) und ihre Tochter Elizabeth (Georgia MacPhail), die sich in einem Schacht unter dem Haus verborgen hatten. Herbeigerufene Soldaten, darunter Sergeant Major Thomas Riordan (Michael Rooker) und Lieutenant Trent Gephart (Sam Worthington), können nur dabei helfen, die Toten zu begraben. Einige der übrigen Siedler nehmen sie mit in den Militärstützpunkt Camp Gallant, darunter auch Frances und ihre Tochter.
Zu Beginn des grandiosen, dreistündigen Western-Epos „Horizon“ zeigt Regisseur Kevin Costner in elegischen Bildern die unberührte, geradezu paradiesische Landschaft des noch wirklich wilden Westens. Aber auch das blutige Aufeinanderprallen zweier so gegensätzlicher und unvereinbarer Kulturen. Er erzählt von den Sehnsüchten der weißen Pioniere, die am Ende ihrer langen und mühsamen Reise das Land besiedeln wollen. Und davon, wie sich die Apachen mit aller Macht gegen die Enteignung und den bevorstehenden Untergang wehren. Costner legt viel Wert darauf, die Apachen in ihrem schicksalhaften Kampf mit viel Mut, Stolz und Würde auszustatten. Die detaillierten Charakterzeichnungen der Hauptfiguren und die facettenreichen Schilderungen ihrer Lebensart sind ein großer Gewinn für dieses uramerikanische Epos.
Grandioses Western-Epos
Nach gut einer Stunde tritt dann zum ersten Mal Kevin Costner selbst in Erscheinung. Er spielt den wortkargen, stoischen Einzelgänger Hayes Ellison – in vollendeter Gary-„Zwölf Uhr mittags“-Cooper-Manier. In der Bergbausiedlung Watts Parish wird er auf dem Weg zur lebenslustigen Prostituierten Marigold (Abbey Lee) von Caleb (Jamie Campbell Bower) angequatscht, einem der Sykes-Brüder. Die Sykes sind gewalttätige Outlaws und befinden sich ebenfalls in Watts Parish, wo sie endlich die Haushaltshilfe Lucy (Jena Malone) aufgespürt haben, die den Vater der Sippe niedergeschossen hatte und nun mit ihrem Baby auf der Flucht ist. Zwischen Hayes und Caleb kommt es zum Duell, bei dem Caleb von Kugeln durchsiebt wird. Nach der tödlichen Konfrontation entschließt sich Hayes weiterzureiten. Im Schlepptau: Marigold und Lucys Baby, das sie von der Mutter anvertraut bekommen hat. In einem Eisenbahnercamp finden die drei Schutz vor ihren Verfolgern – doch die Sykes-Bande hat Rache geschworen.
Kevin Costner erweist sich nach seinen Western „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990), „Postman“ (1997) und „Open Range – Weites Land“ (2003) wieder als sensibler Chronist des Wilden Westens. Er zeigt den (Aus-)Verkauf des amerikanischen Traums anhand von Familien, Paaren und Einzelschicksalen. Wir begegnen – vor dem Hintergrund des Sezessionskriegs (1861 – 1865) – allerhand prototypischen Westernfiguren in der Gestalt von zwielichtigem Gesindel, skrupellosen weißen Skalpjägern, ehrenhaften und unehrenhaften Soldaten, stolzen Apachen, neuen Siedlern, Glücksrittern, Prostituierten, Revolverhelden und Frauen und Männern, die sich auf der Suche nach Freiheit und Glück nach Liebe und Geborgenheit sehnen.
Mit Jon Braid hat Kevin Costner auch das Drehbuch zu diesem monumentalen Americana verfasst. Auf der großen Leinwand wird das klassische Panorama aus weiten Himmeln, endlosen Prärien, blauen Bergen und grünen Tälern zum gloriosen Abgesang auf eine längst untergegangene Welt. Es bleibt zu hoffen, dass Costner seinen Plan, uns diese blutbefleckte Geburt der US-Nation vor Augen zu führen, auch vollständig verwirklichen kann. Insgesamt hat er dafür nämlich vier Filme vorgesehen. Der Auftakt ist ihm mehr als gelungen.