Was wir über Cholesterin und dessen Bedeutung wissen sollten
Der Zusammenhang zwischen erhöhtem Cholesterin im Blut, speziell gefäßschädigendem LDL-Cholesterin, und arteriosklerotischen Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall ist wissenschaftlich gesichert. Cholesterin bildet zusammen mit anderen Bestandteilen gefährliche Plaques, also Ablagerungen in den Wänden der Blutgefäße. Verschiedene Ursachen wie genetische Faktoren und Ernährung können zu erhöhten Cholesterinkonzentrationen führen. Dennoch kann das cholesterinreiche Frühstücksei exkulpiert werden. Normaler Verzehr von Eiern löst bei Gesunden keine Verkalkung der Blutgefäße aus.
Wissenschaftliche Erkenntnisse werden keineswegs von allen akzeptiert, insbesondere wenn sie nicht in das eigene Weltbild passen. So wird vor allem in manchen Laienmedien heftig diskutiert, ob erhöhtes Cholesterin gesenkt werden muss. Sogar von einer Cholesterin-Lüge wird gesprochen und geschrieben. Zweifellos ist Cholesterin ein lebensnotwendiger Baustein, sein Bedarf kann aber überwiegend durch unseren Körper gedeckt werden. Selbst cholesterinsenkende Medikamente führen zu keiner Unterversorgung.
In der anhaltenden Diskussion um die Cholesterinsenkung haben die Statine als Medikamentengruppe einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt. Die Misstrauischen haben sich daran in der Vergangenheit abgearbeitet. Dem steht seit über 30 Jahren eine Vielzahl von Studien gegenüber, durchgeführt an mehreren Millionen Patienten, die eine Risikoreduktion für arteriosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen dokumentiert haben.
Ich selbst habe vor Jahrzehnten erlebt, wie ein junges Mädchen mit einer angeborenen Hypercholesterinämie bereits mit 17 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben ist. Zur damaligen Zeit gab es noch keine effektiven Cholesterinsenker. Ein Einzelfall, mögen Kritiker sagen. Ja, aber ein sehr prägender. Wir wissen heute, dass Patienten mit einer vererbten Anlage für hohes Cholesterin bereits in jungen Jahren an einem Herzinfarkt sterben können, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt worden sind.
Das Argument der Kritiker, die Pharmaindustrie sei an vielen Studien beteiligt, ist zutreffend. Man könnte deshalb vermuten, dass die Schutzwirkungen der Statine zu positiv dargestellt werden. Ohne Unterstützung der Industrie wäre es jedoch nicht möglich gewesen, einen Berg von Daten bei Millionen von Menschen zu erheben. Die Statine gehören weltweit zu den am besten untersuchten Medikamenten. Nebenbei bemerkt, für sämtliche Statine ist der Patentschutz seit längerem abgelaufen, so dass es sich um kostengünstige Medikamente handelt.
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Statine können Muskelbeschwerden verursachen, sodass beispielsweise Sporttreibende beeinträchtigt werden. Randomisierte, plazebo-kontrollierte Studien konnten zeigen, dass in vielen Fällen Muskelschmerzen bei vermeintlich statin-intoleranten Patienten nicht ursächlich auf die Statin-Einnahme zurückzuführen sind. Die bloße Einnahme einer Tablette kann einen Nocebo-Effekt auslösen, also das Auftreten von Beschwerden aufgrund einer Erwartungshaltung. Unter Statinen kann der Blutzuckerspiegel gering ansteigen. Das Risiko für Krebserkrankungen ist nicht erhöht.
Die Senkung von Cholesterin/LDL-Cholesterin auf der Basis „the lower the better“ ist kein Gießkannenprinzip, sondern kann für Patienten nach Herzinfarkt oder Schlaganfall lebensrettend sein. Zusätzlich wirken Statine stabilisierend auf Ablagerungen in den Blutgefäßen, bei deren Aufbrechen (erneut) ein Herzinfarkt entstehen kann. Anders ist die Situation bei anscheinend gesunden, aber ungünstigen Cholesterinwerten. Hier kommt die personalisierte Medizin besonders zum Tragen. Reicht eine Lebensstilveränderung allein nicht aus, sollen zusätzlich Cholesterinsenker eingesetzt und risikobasiert unterschiedliche Zielwerte angestrebt werden. Selbst bei umfangreichem Ausdauersport gelingt es nicht immer, die Cholesterinwerte ohne Medikamente zu normalisieren.
Fazit: Cholesterinsenkung ist mehr als akademischer Mainstream. Cholesterinsenker können Leben retten, eigenmächtiges Absetzen der Medikamente kann zu erheblichen Schäden führen. Auch bei Leistungssportlern kann eine medikamentöse Therapie notwendig sein.