Eine Fahrt auf dem Mekong ist eine wunderbare Art, durch Laos zu reisen. Mit einem Schiff geht es von der prächtigen Königsstadt Luang Prabang bis zur laotischen Hauptstadt Vientiane, vorbei an unberührten Landschaften, hin zu imposanten Tempeln.
Buddhistische Mönche versammeln sich zum Gebet. Auf dem Markt werden Obst- und Gemüsestände aufgebaut. Ein Tuktukfahrer macht am Straßenrand noch ein Nickerchen. Am Mekong trinken zwei Frühaufsteher ihren Kaffee und schauen aufs Wasser. Träge wälzt sich der braune Fluss an der laotischen Stadt Luang Prabang vorbei. Nahe der Uferpromenade liegt das kleine Schiff aus Teakholz, die „Mekong Sun“, die uns in den nächsten Tagen auf einem der größten Flüsse durch Laos fährt. In der Altstadt von Luang Prabang suchen einige Bewohner am frühen Morgen einen Platz vor dem buddhistischen Kloster. Gefüllt sind ihre Körbe mit Reis, gedünstetem Fisch im Bananenblatt und verschiedenen Currys. Es ist eine Tradition für die Bewohner wie für die Mönche, die in diesem Moment in ihren leuchtend orangefarbenen Gewändern aus dem Kloster kommen und ihren alltäglichen Almosengang beginnen. „Almosen einsammeln ist ein uraltes buddhistisches Ritual, und für gläubige Menschen ist die Essensspende eine ehrenvolle Aufgabe“, sagt der Mönch Phra Sombath Sommepanno, während die Bewohner kleine Portionen in die Almosenschalen füllen. Mönchen ist es verboten, für Geld zu arbeiten. Doch die Essensspende ist mehr als eine Tat der Barmherzigkeit. Sie soll für gutes Karma sorgen und die Chance auf eine bessere Wiedergeburt erhöhen. Der Almosengang bleibt den Besuchern nicht verborgen. Auch wir schauen der berührenden Zeremonie zu. „Viele Touristen verhalten sich nicht respektvoll, machen Selfies mit den Mönchen, fotografieren und stören unseren Almosengang“, berichtet Sommepanno, der seit 20 Jahren im Kloster lebt. Familien, die sich Schulgebühren nicht leisten können, geben ihre Kinder ins Kloster, damit sie von den Mönchen etwas lernen. Sie unterrichten Mathematik, Englisch und andere Fächer. Aber auch ältere Menschen, die keine Familie haben, können zu den Mönchen gehen. Andere suchen Ruhe oder möchten das Leben im Kloster kennenlernen. Wie der Alltag bei ihnen aussieht, postet der Mönch auf Facebook.
Arme Kinder lernen im Kloster
Während für die Kinder im Kloster der Unterricht beginnt, schlendern wir an kleinen Hotels, gemütlichen Restaurants und schönen Geschäften vorbei und stärken uns in einem der vielen Cafés. Goldene Tempel, weiße Kolonialfassaden und ein Lebenstempo, so entspannt wie der Takt der Morgentrommeln sorgen für das besondere Flair, das Reisende in die ehemalige Königsstadt mit der Unesco geschützten Altstadt zieht. Mittendrin thront der einstige Königspalast, der heute ein Museum beherbergt. Nicht weit davon entfernt steht der Wat Xieng Thong, der älteste und bedeutendste Tempel von Luang Prabang. Der Gipfel des Hausberges Phousi Mountain eröffnet einen spektakulären Blick auf die Altstadt, den Mekong, den Khan-Fluss und die umliegenden Berge.
Bevor es auf das Schiff geht, lassen wir uns die Märkte nicht entgehen, auf denen sich Laos besonders ursprünglich zeigt. Auf dem Morgenmarkt verkaufen Händler Bambusratten und Schlangen, Frauen aus den umliegenden Dörfern bieten frisches Obst, Gemüse, getrocknete Flussalgen, Hühnerknorpel, Heuschrecken und aufgerollte Büffelhaut an. Baguette und Croissants erinnern an die französische Kolonialzeit. Besonders beliebt, nicht nur bei Laoten, ist der Nachtmarkt in der Nähe des Königspalastes. Zwischen Suppenküchen, gebratenem Wasserbüffelfleisch und Reisgerichten gibt es Kleidung, Tee, Kaffee, Schmuck und Kunsthandwerk aus Holz. Die Atmosphäre ist entspannt, gedrängelt wird hier nicht. Ganz nach einem laotischen Sprichwort: „Weise hasten nicht, und Hastende sind selten weise“.
Am nächsten Morgen heißt es Leinen los auf der „Mekong Sun“. Unsere laotische Crew begrüßt uns mit „Sabeidee“, was übersetzt bedeutet „die Leichtigkeit ist gut“. Diese Leichtigkeit wird uns während unserer Reise durch Laos immer wieder begegnen.
Mekong ist die Grenze zu Thailand
Breit und mächtig fließt der Mekong gen Süden. An den Ufern wachsen Palmen, Bananenplantagen, weiter oben Reis und Teakholzbäume, ansonsten überzieht ein tropisches Grün die Berge. Der Name Mekong steht für „Mutter allen Wassers“. Der Fluss ist die Lebensader Südostasiens und Transportweg für Millionen Menschen. Er bringt Arbeit und Nahrung in viele Länder und ist mit einer Länge von 4.600 Kilometern einer der längsten Flüsse der Welt. Der Mekong fließt aus den Bergen Tibets durch China, um dann Myanmar, Laos, Thailand und Kambodscha mit Wasser, Sediment und Fischreichtum zu versorgen und schließlich in Vietnam im Mekong-Delta ins Südchinesische Meer zu münden. Auf einer Strecke von 800 Kilometern bildet der Mekong die Grenze zwischen Laos und Thailand. Während am thailändischen Ufer viele moderne Bauwerke stehen, finden sich auf der laotischen Seite immer wieder kleine Dörfer. Wir fahren weiter an der tropischen Landschaft vorbei, an kleinen Gemüsegärten, Wasserbüffeln am Ufer und Fischern, die in ihren langen schmalen Holzbooten auf einen guten Fang hoffen. Einer von ihnen ist Selisack Vanhuasin. Zweimal am Tag fährt er hinaus – und das seit 20 Jahren. Er arbeitet auch noch als Lehrer an der Grundschule seines Dorfes, doch am liebsten geht er Fischen. Heute hat Vanhuasin kein Glück, nur fünf kleine Fische. „Immerhin, die reichen für meine Familie zum Abendessen mit Reis, Soße und dazu Reisschnaps“, sagt er gelassen. Die von China gebauten Staudämme, die in Laos vor allem Strom für Thailand produzieren, verhindern das Wandern der Fische und den Fluss der Sedimente. Das angrenzende Land wird weniger fruchtbar, der Ackerbau leidet, und die Netze der Fischer bleiben leer.
Auf dem Mekong ist wenig Verkehr. An Deck den Blick in die Weite dieser einzigartigen Flusslandschaft schweifen zu lassen, das ist Entspannung pur. Wir besuchen die in einem Felsen verborgenen Pak-Ou-Höhlen mit Tausenden von kleinen Buddha-Statuen und fahren weiter flussabwärts. Unsere nächste Station ist das Naturschutzgebiet Tat Kuang Si Park. Hier ist Zeit für eine Abkühlung im türkisblau leuchtenden Wasser zwischen den Kaskaden der Kuang-Si-Wasserfälle. Später legen wir bei schönstem Sonnenuntergang an einer Sandbank an. Mit den Füßen im Sand gibt es gegrillten Fisch, das Nationalgericht Laap, ein frisch-scharf-säuerlich schmeckender Salat aus gehacktem Fleisch und Fisch, Reis und Gemüse. Einige Crew-Mitglieder schlagen dazu die Trommeln und singen laotische Lieder. Auch ein paar Gäste schnappen sich die Gitarre, gemeinsam wird es ein langer lustiger Abend am Lagerfeuer. „Eine Flusskreuzfahrt auf dem Mekong war immer mein Traum, ich habe immer an das alte Indochina gedacht und wollte erleben, wie es hier heute ist“, sagt Thomas Diekmann aus Stuttgart. Auch das für eine Kreuzfahrt kleine Schiff in schönem Kolonialstil, die tolle Crew und die vielen Stationen machen die Reise nicht nur für ihn zu einem besonderen Erlebnis.
Offen sein für eine andere Welt
Der Verlauf des Flusses ändert sich ständig und auch der Wasserstand im Wechsel von Regen- und Trockenzeit. Aber durch die heftigen Schwankungen wegen der Staudämme ist der Effekt größer geworden. Kapitän Huan Chithathaphon ist seit 55 Jahren auf dem Mekong unterwegs, er kennt jede Sandbank, jede Stromschnelle. „Hier hilft nur Erfahrung, ein GPS nützt nichts“, sagt er. Doch die häufig schwankenden Wasserstände seien zunehmend eine Herausforderung.
Während wir am nächsten Tag das Flusspanorama genießen, lauschen wir den Informationen unseres Reiseleiters Thomas Stukenbrok. Fast zwei Drittel aller Laoten leben von der Landwirtschaft, viele vom Reisanbau. Der matschige Acker wird immer noch mit Wasserbüffeln gepflügt. „Slums gibt es nicht, die Laoten sind Selbstversorger und bauen ihre Häuser selbst“, erklärt Stukenbrok.
Eigentlich wollte er sich in Asien nur ein Jahr Auszeit von seiner Arbeit als Bankangestellter nehmen. Doch seine Begeisterung war größer, und seit 2007 ist er Reiseleiter auf dem Flusskreuzfahrtschiff „Mekong Sun“. „Ich freue mich immer wieder auf den Mekong, wo die Menschen mit dem Fluss leben“, sagt er. Man müsse offen sein für eine andere Welt. „Da stehen kleine Bambushütten, der Hausrat passt in eine Kiste, und die Menschen sind auf ihre Art glücklich“, berichtet Thomas. In solchen Momenten wisse er, warum er Asien so liebt.
In der Hauptstadt Vientiane geht unsere Reise mit dem Besuch des golden strahlenden Nationalheiligtums That Luang zu Ende. Seine spirituelle Bedeutung ist kaum zu überschätzen. Buddha selbst soll den Ort besucht und den Bau eines Reliquienschreins vorhergesagt haben.