Die regionale Küche erfreut sich im Saarland immer größerer Beliebtheit. Das gilt für Restaurants ebenso wie die Erzeuger. Es war lange nicht mehr so einfach, sich gesund und nachhaltig zu ernähren.
Regionale Küche und regionale Produkte spielen im Saarland eine immer wichtigere Rolle. Wobei diese Geschichte im Saarland eine besondere ist – anders als in Baden-Württemberg etwa, wo man mit Zwiebelrostbraten, Linsengerichten und Spätzle schon viele Jahrhunderte auf eine sehr regionale Tradition zurückblicken kann; gleiches gilt für den Wein, denn Lemberger und Trollinger sind regionale Rebsorten mit einer langen Geschichte.
Das Saarland hingegen profitierte immer schon von den Küchen der Zugezogenen. Dazu schrieb ich in meinem letzten Buch „Grenzenlose Genusstipps entlang der Saar“, erschienen im Geistkirch-Verlag: „Das Saarland hat seine kulinarischen Wurzeln auch bei seinen Nachbarn. Nach dem Dreißigjährigen Krieg 1648 gab es im Saarland fast keine Menschen mehr. Die Schätzungen liegen zwischen 50 und 200. Deshalb ist die heutige saarländische Küche aus vielen Quellen entstanden. Natürlich gibt es heute eine ureigene saarländische Küche. Doch was hier gekocht wird, stammt aus vielen Gegenden. Nicht nur aus Österreich und der Schweiz kamen Menschen, um sich im Saarland anzusiedeln. Die Küche ist nicht nur eine Küche des Gartens, die unterschiedlichen Kartoffelgerichte sind allerdings der eindeutige Beweis dafür, dass vieles im Garten der Küche vorbehalten war. Noch im letzten Jahrhundert hielt so mancher, der im Nebenerwerb Landwirtschaft betrieb, eine Bergmannskuh: „eine Ziege.“
Die Pfalz, mit bayrischer Tradition, steht für Schweinebraten und Klöße, für Saumagen und Schlachtplatte. Aus dem Elsass bekam die saarländische Küche Eisbein und Sauerkraut, Würste und Pasteten. Die Specktorte, der Flammkuchen und das Spanferkel stammen aus Lothringen. Schwenk- und Spießbraten sind traditionelle Spezialitäten aus dem Hunsrück. Selbst von Mosel und Rhein stammen Suppen, Sauerbraten und Fischrezepte. Auch heute noch werden Spezialitäten aus anderen Teilen der Welt hier in die heimische Küche integriert. Welche saarländische Familie kocht nicht ihr eigenes Spaghetti- oder Lasagnerezept? Die Linsensuppe wird hier auch schon mal mit Koriander und Zitronengras gereicht. Den Saarländerinnen und Saarländern scheint die Freude am Kochen und Genießen angeboren zu sein, das Spielen mit Gewürzen ist zum Volkssport gereift. Kulinarische Streifzüge durch unsere Region bereiten entsprechend viel Freude. Kaum eine andere Region hat so viel zu bieten. An der Spitze verbreiten die Drei-Sterne-Tempel royalen Glanz. Aber auch die Sternerestaurants in Luxemburg, an der Mosel, in der Pfalz, der Eifel und in Frankreich liegen vor der Haustür der Saarländer. Dazu findet man hier so ziemlich alles, was möglich ist, auf unterschiedlichem Niveau.
Rückbesinnung auf Lokales und Qualität
In den 1960er- und 1970er-Jahren eröffneten zahlreiche italienische Restaurants im Saarland. Viele Italiener waren zum Arbeiten in der Schwerindustrie hierher gekommen und ihre Kinder eröffneten später Restaurants. Weitere Südeuropäer folgten: Griechen, Jugoslawen und Spanier. In Luxemburg waren es vor allem Portugiesen.
Bei einer Umfrage vor etwa einem Jahr zählten zu den zehn Lieblingsgerichten der Deutschen auch Pizza und Spaghetti. Seit etwa 20 Jahren entdeckten die Deutschen ihre Liebe für asiatische Restaurants aller Ausprägungen und leiteten damit eine weitere Entwicklung ein. Zudem ist zu beobachten, dass sich regionale Produzenten mehr und mehr etabliert haben – und Restaurants ganz bewusst auch auf diese setzen. Immer mehr Menschen lassen sich auch nicht mehr mit umstrittenen Industrieprodukten abspeisen, sondern legen Wert auf frisch verarbeitete regionale Produkte. Viele der regionalen Restaurants und Betriebe sind Partner der Regionalinitiative „Genuss Region Saarland“, die gute Partner aufnimmt. Für Verbraucher ist dies ein wichtiger Hinweis!
Regionale Küche ist heute in vielen Restaurants längst Standard. Der Erste, von dem ich das voller Leidenschaft und Engagement hörte, war vor etwa 30 Jahren Sternekoch Cliff Hämmerle. 1995 begannen er und seine Ehefrau Stephanie mit ihrem eigenen Restaurant und ganz eigenen Vorstellungen. 1997 schafften sie beispielsweise einen eigenen Ofen für Flammkuchen an. Diese Flammkuchen gab es immer donnerstags und freitags. Cliff Hämmerle erinnert sich: „Wir machten keine normalen Flammkuchen, sondern mit regionalen Produkten. Mit Ziegenkäse aus der Nachbarschaft, etwa vom Birkenhof. Saiblinge gab es von Michael Stumpf. Und Kuhmilchkäse vom Neukahlenberger Hof.“
Sterne- und TV-Koch ist großer Vorreiter
So wurde das Haus mit den regionalen Produkten bekannt. Regionale Zutaten bezieht Hämmerle seit vielen Jahren, Ziegenfrischkäse wie erwähnt vom Birkenhof Naßweiler und Kuhmilchkäse vom Neukahlenberger Hof. Frisches Wild unter anderem von der Wildkammer Gänssteigerhof in Mimbach. Lamm liefern die Schäfereien Uhl aus Webenheim und Ernst aus Seelbach. Seit langer Zeit beziehen die Hämmerles zudem Saibling von Michael Stumpf aus Ballweiler. Das Entrecôte stammt von der renommierten Metzgerei Petermann aus Oberwürzbach, das Brot von Stefan Anstadt aus Aßweiler und die Pilze von der Edelpilzzucht Mirko Kalkum aus der Landeshauptstadt. Kartoffeln beziehen sie von Familie Müller aus der Nachbarschaft in Webenheim, Öle und Essige von der Bliesgau Ölmühle in Bliesransbach, Linsen von Familie Brengel aus Brenschelbach und Schinkenspezialitäten vom Gut Lindenfels in Alschbach. Die Liste ist lang und wird stetig länger.
Seit vielen Jahren ist Cliff Hämmerle auch der saarländische Fernsehkoch beim Heimatsender SR. Dort kocht er vor allem saarländische Spezialitäten, aber auch Grenzüberschreitendes aus Frankreich. Seine Liebe zur regionalen Küche hat sich mit dieser Sendung auch noch vertieft, wie Hämmerle selbst betont. Dabei schafft er es auch immer wieder, alte Rezepte neu zu präsentieren. Aus der Sendung heraus entstanden sind zudem zwei Kochbücher, die ebenfalls den Titel „Mit Herz am Herd“ tragen. Das dritte ist in Vorbereitung und wird noch dieses Jahr erscheinen. Vielleicht schon mal als Weihnachtsgeschenk vormerken!
Gute regionale Restaurants haben in den vergangenen Jahren deutlich an Ansehen gewonnen und erfreuen sich zahlreicher Gäste. Jürgen Schnabel von „Schnabels Restaurant“ und der „Schnabel Weinhandlung“ etwa meint dazu: „Regional genießen – das ist im Saarland das ganze Jahr über möglich. Die leckere Vielfalt meiner heimischen Direktvermarkter verspricht immer große Gaumenfreuden, also steigt aus unseren Kochtöpfen der verführerische Geruch der regionalen Küche. Abwechslungsreich, je nach Saison, spannende Gerichte, vielseitige Themenküche der Region. Und auf meinen kulinarischen Veranstaltungen nehme ich die Gäste mit, die Erzeuger der Region kennenzulernen, das macht richtig Spaß! Und Spaß ist ein wichtiger Faktor in meinem Betrieb! Wir ändern nur etwas, wenn wir regional essen, regional leben, regional unterstützen! Ökonomisch, ökologisch, sozial nachhaltig.“
VHS bietet auch Kurse für regionales Kochen
Schnabel betont, dass so auch die Bauern der Region unterstützt werden. Wer Fleisch direkt vom Bauern oder Jäger aus regionaler und artgerechter Haltung und Herkunft sucht, finde dieses auch in seinem Haus. „Wir unterstützen die regionalen Bauern aus dem direkten Umland, indem wir faire Preise für eine hervorragende Qualität zahlen. Der Mehraufwand lohnt sich für uns alle, den Tieren wird ein artgerechtes Leben mit viel Bewegung ermöglicht, dazu kein Schlachtstress und kurze Wege.“ Der Verzicht auf Mast und Antibiotika garantiere zudem eine hervorragende Fleischqualität, was sich entsprechend auch auf die Qualität und in den Geschmack auf dem Teller übertrage. „Damit unterstützen wir auch die heimische Wirtschaft, damit wir auch noch morgen regionale Produkte vom Bauernhof genießen können.“
Der kulinarische Austausch zwischen dem Saarland und Frankreich jenseits der Grenze geht nicht nur in eine Richtung. Ich kenne so einige französische Küchenchefs, die gerne im Saarland einkaufen. Stephan Schneider aus Saargemünd etwa kauft sein Lamm im Bliesgau für sein Sternerestaurant „Auberge Saint Walfrid“ und seine „Brasserie du Casino“. Alain Freymann vom „Le Villageois“ in Grundviller ist jeden Dienstag und Freitag in Saarbrücken, um einzukaufen. Ich war mit ihm einmal frühmorgens in der Metzgerei Schwamm, da wurde nur französisch bei seinen Bestellungen geredet. Oder Tony Moller, ein französischer Koch, der in Saarbrücken das Restaurant „Neue Mohr’sche Anlage“ betreibt, hat auf seiner Kochjacke „Schwamm“ stehen und kauft morgens in Saarbrückens Osten bei C-Gro und Schwamm ein.
Wichtig wäre für mich, dass schon in der Schule gelehrt wird, wie man selbst kocht und was eine gesunde Küche bedeutet. Aber auch Erwachsene können das noch lernen. Das Saarland bietet dazu gute Angebote in den Volkshochschulen an. Die VHS Saarbrücken beispielsweise hat ein Programm, das ich sehr mag. VHS-Direktorin Caroline Lehberger erläutert: „Bei uns finden Sie eine Fülle an Kochkursen. Neben länder- und regionenspezifischen Kochkursen zu Italien, Indien, Sri Lanka, Korea, China, Türkei, Afrika und Griechenland ergänzen Kochkurse zur vegetarischen und veganen Küche das vielfältige Ernährungs- und Kochangebot. Ein Highlight ist der Kochkurs ,Drei-Gänge-Festtagsmenü für Kochanfänger‘, der leckere Rezepte und Tipps für die Festtage zu Hause bereithält.“
Zudem zeige die Kursreihe „Wild auf Wild“, wie aus regionalen Produkten vielseitige Wildgerichte einfach zubereitet werden können. Abgerundet wird der Programmbereich durch Kräuterwanderungen, verschiedene Tortenkurse und einen Brotbackkurs. Auch eine kulinarisch-kulturelle Entdeckungstour mit Johann Wolfgang von Goethe durch Saarbrücken und einer Tagesfahrt zum Weinessiggut Doktorenhof mit einem Besuch auf dem Neustädter Weihnachtsmarkt stehen in diesem VHS-Semester auf dem Programm.
Wer möchte, findet also ein breites Spektrum an Möglichkeiten und Informationen rund um das Thema regionale Küche und Ernährung. Sage also niemand, er habe es nicht gewusst!