Kärntens größter See ist eine Wucht: Warm, türkisfarben und vor einer herrlichen Bergkulisse liegt der Wörthersee. Da kommen Gäste des „Namaste am See“-Festivals Ende Mai in den Genuss ganz besonderer Aussichtsplätze am, im und über dem Wasser. Die begeistern auch ohne Termin – ebenso wie Klagenfurt, die „kleinste Großstadt Österreichs“.
Nicht erst seit dem Erfolg der Fernsehserie „Ein Schloß am Wörthersee“ und der Wiedereröffnung ebenjenes Schlosses als Luxushotel wird der fünftgrößte See Österreichs gern als „Promi-Badewanne“ bezeichnet. Bereits im 19. Jahrhundert entstanden, begünstigt durch eine bessere Bahnanbindung nach Wien, jede Menge neuartiger Villen, Bade- und Bootshäuser. Der Mix aus Jugendstil und Regionalromantik, Barock und englischer Landhausarchitektur machte sich schnell einen (eigenen) Namen: Wörtherseearchitektur. Solch noble Domizile, von denen noch heute etliche existieren, lockten immer mehr Adelige und Unternehmer zur Sommerfrische an den See, zudem Künstler und Mäzene. An den Komponisten Gustav Mahler erinnert noch heute das „Komponierhäuschen“, an Johannes Brahms der nach ihm benannte Rundweg in Pörtschach. Später fühlten sich zwischen Velden und Klagenfurt auch VIPs wie Gunter Sachs, Ferdinand Piëch oder Fiona Swarovski wohl, Udo Jürgens als geborener Klagenfurter sowieso. Neben dem unbezahlbaren Blick aufs türkisblaue Wasser und die Gipfel der Karawanken punktet beim Jetset heutzutage die enorme Dichte an Gourmetrestaurants, Luxushotels und Strandclubs.
Yoga auf einer Aussichtsplattform
Alles edel, alles Privatbesitz? Mitnichten. Neben „normalen“ Wassersportlern und Sonnenanbetern, Bikern und Wanderern pilgern zunehmend Yogis ins Dreiländereck Österreich-Slowenien-Italien. Ihr Hochamt ist das „Namaste am See“, eines der größten Yogafestivals Europas. Vom 24. bis 26. Mai findet es dieses Jahr zum siebten Mal statt. Bei zahlreichen Workshops, Retreats und einem großen Rahmenprogramm treffen sich Hunderte Yogafans allen Alters, um unter Anleitung international renommierter Lehrer ihrer Leidenschaft zu frönen. Eine von ihnen ist die in der Region aufgewachsene Alexia Kulterer. „Das einzigartige Yoga-Community-Event ist eingebettet in eine der schönsten Kulissen, die man sich dafür vorstellen kann“, schwärmt die 34-Jährige. „Es herrscht eine unglaublich tolle Stimmung.“
Was auch daran liegen mag, wo die Yogamatten ausgerollt werden: Auf Wiesen, Kiesbänken, Anhöhen, selbst auf Stand-up-Paddle-Boards (SUP) auf dem Wasser wird meditiert. Besonders begeistert ist Alexia Kulterer von dem Ort, an dem sie eine Morgensession leitet (Kosten: 35 Euro beziehungsweise im Wochenendpass enthalten, Anmeldung erforderlich): auf dem welthöchsten Holz-Aussichtsturm. Der 2013 eröffnete, 100 Meter hohe Besuchermagnet krönt den ohnehin erhabenen Pyramidenkogel, auf dem er steht. „Man fühlt sich quasi über den Wolken, mit Blick über den ganzen Wörthersee“, so Alexia. Was ihr generell am Festival gefällt – und sicher nicht nur ihr: „Zwischen den Einheiten können Teilnehmer in den See springen, sonnenbaden oder im Strandcafé einen leckeren Apfelstrudel essen. Besser geht’s nicht.“
Die Zeit rund um Pfingsten ist ja generell eine gute Zeit für einen Urlaub im südlichen Kärnten. Blühende Landschaften, aber noch keine übervollen Strandbäder. Klar, das im Übrigen sehr saubere Wasser ist noch nicht so warm wie im Hochsommer. Aber zum einen lässt sich der See mit seinen Inseln und vielen Buchten auch mit dem Mietboot (oder SUP) erkunden und zum anderen garantieren die rund 20 Grad Wassertemperatur im Spätfrühling eine gute Erfrischung nach dem Sport. Das große Angebot reicht vom Slacklining im von Skulpturen umringten Europapark bis zum Radfahren. Ein „Must-do auf zwei Rädern“ ist die dreistündige, gemütliche Wörthersee-Runde, die auch durch Velden führt. Dort sollte das Bike pausieren, lockt doch der Slow-Trail-Yogaweg zum bewegten Innehalten – auch außerhalb von Events.
Vorbildliche Erhaltung der Altstadt
Am anderen Seeufer, rund 16 Kilometer entfernt, liegt Klagenfurt. An heißen Tagen lernt man im Strandbad, einem der größten Binnenseebäder Europas, schon mal einen Gutteil der etwa 100.000 Einwohner von „Österreichs kleinster Großstadt“ kennen. Zu Spitzenzeiten tummeln sich dort bis zu 10.000 Besucher. Deutlich kleiner fällt das Strandbad beim Schloss Maria-Loretto aus. Die meisten zieht es dorthin allerdings wegen der mediterran angehauchten Küche des Restaurants, wegen der Schlossbar oder des romantischen Selfie-Points am See. Gleich nebenan beginnt der vier Kilometer lange Lendkanal, ein überaus beliebter, fast 500 Jahre alter, Gracht-ähnlicher Wasserweg. Per pedes oder Tretboot geht es „auf der Lend“ vorbei an Jugendstilvillen, Reptilienzoo und Planetarium zum von Bars geprägten urbanen Viertel „Lendhafen“ sowie in die Altstadt. Die hat es in sich: über 70 Arkadenhöfe, nette Gassen und viele gepflegte, gelb verputzte Fassaden, etwa die des Rathauses aus dem 17. Jahrhundert. Überhaupt besticht der Mix aus K. u. k.-Architektur und italienischen Palazzos. Statt moderner Stahl-Glas-Paläste recken zahlreiche Renaissancebauten bescheiden vierstöckig ihre Dächer in den Himmel. Für ihre vorbildliche Altstadterhaltung wurde Klagenfurt bereits dreimal mit dem Europa-Nostra-Diplom ausgezeichnet – einmalig. „Der perfekte Ort, um die Atmosphäre in der Innenstadt zu genießen“, rät Alexia, „ist das ,Café am alten Platz‘. Und danach geht’s auf zum Bummel durch die älteste Fußgängerzone des Landes, die Kramer- und Wienergasse.“ Am Wegesrand grüßen das Wörtherseemandl, eine bronzene Sagenfigur, und auf dem Neuen Platz der steinerne Lindwurm, das Wahrzeichen Klagenfurts. Ganz in der Nähe schmücken Fresken und Reliefs den ehrwürdigen Dom, die größte protestantische Kirche Österreichs. Dass ein Gotteshaus auch anders gestaltet sein kann, offenbart die 1990 im Pop-Art-Stil kreierte Ernst-Fuchs-Kapelle. Das Gesamtkunstwerk der apokalyptischen Szenenfolge umfasst eine knallbunte Fläche von 160 Quadratmetern. Weitere Beweise für die hohe Bedeutung von Kunst und Kultur liefern das Museum moderner Kunst Kärnten, etliche Galerien und die jährlichen „Tage der deutschsprachigen Literatur“ (26. bis 30. Mai), deren Höhepunkt die Verleihung des Ingeborg-Bachmann-Preises darstellt. Und wie schwärmte schon Brahms? „Am Wörthersee fliegen die Melodien, dass man sich hüten muss, keine zu treten.“