Bei der Polizei im Saarland ist einiges in Bewegung. Innere Reformen, neue und steigende Anforderungen, Sicherheitspakete und gesellschaftlicher Wandel. Die Landesregierung steht im Wort mit der Zusage zu mehr Personal.
Der große Umzug muss noch etwas warten. Eigentlich sollte die Polizeiinspektion aus der Saarbrücker Karcherstraße im Spätsommer in die neue Polizei-Großinspektion Mainzer Straße umziehen. Ein Wasserschaden hat die Zeitpläne zunichtegemacht. Trotzdem bewegt sich einiges bei der saarländischen Polizei.
Die viel diskutierte Potenzialanalyse hat die Richtung vorgegeben zum Abbau von Doppelstrukturen. Personell sind die Weichen schon länger gestellt. Polizeipräsident Thorsten Weiler ist als Abteilungsleiter „Polizeiangelegenheiten und Bevölkerungsschutz“ ranghöchster Polizeibeamter im Land. Nathalie Grandjean ist als Landespolizeidirektorin für das operative Geschäft zuständig. Abteilungen aus dem früheren Polizeipräsidium kommen unter das Dach des Innenministeriums, was Doppelstrukturen bereinigt. Innenminister Jost begründete die Maßnahme: Ihm habe niemand erklären können, warum für Personal- und Haushaltsfragen der Polizei sowohl die Abteilung im Ministerium als auch das Landespolizeipräsidium zuständig sein sollten, wie es zuvor der Fall war.
Potenzialanalyse als Grundlage für Abbau von Doppelstrukturen
Im Landtag lieferte die Reform die Vorlage für eine heftige grundsätzliche Debatte über die Entwicklung der Polizei im Land. Die CDU-Opposition warf der SPD-Landesregierung vor, ihr Wahlversprechen von jährlich 150 Neueinstellungen wiederholt nicht einzuhalten. (2023 waren 137 Anwärter vereidigt worden, in diesem Jahr 144). Die SPD erwiderte, es werde deutlich mehr Personal eingestellt, als in Pension gehe. Es bleibe beim Wahlversprechen, die Stärke der Polizei bis 2032 auf 2.900 zu erhöhen. „Für den Zeitraum bis 2027 ist nach heutigem Stand ein Nettozuwachs von bis zu 200 Polizistinnen und Polizisten absehbar“, heißt es in einer Erklärung des Innenministeriums Ende September. Minister Reinhold Jost betont immer wieder, nach einem jahrelangen Trend nach unten gebe es jetzt in Sachen Personal bei der Polizei eine Trendumkehr.
Für heftige Kritik sorgt ein anderer Baustein der Reform: Die Operative Einheit (OpE), die bislang auf sechs Standorte im Land verteilt war (Kreisstädte), wird nun zum Teil auf drei Standorte (Dillingen, Saarbrücken und Neunkirchen) konzentriert beziehungsweise in Polizeiinspektionen integriert. Die innenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Anja Wagner-Scheid, kritisiert: Das Personal werde nur „anders und auf weniger Standorte verteilt, aber es gibt in der Summe keine einzige Stelle mehr“.
Es geht aber nicht nur um Strukturreformen und Personalfragen. Die Polizei sieht sich zugleich mit neuen und zusätzlichen Herausforderungen konfrontiert. Innere Sicherheit hat mit unterschiedlichen Facetten einen immer größeren Stellenwert in der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion. Und die wird bei diesem sensiblen Thema zuweilen auch hochemotional geführt.
Die Auseinandersetzung um die Cannabis-Liberalisierung ist ein Beispiel dafür, wie eine schon über Jahrzehnte geführte Diskussion Wellen schlägt und dann auch noch an Schärfe gewinnt, wenn eine Vorlage auf dem Tisch liegt, die hinsichtlich der Umsetzungs-Praktikabilität zunächst mehr Fragen aufwirft als klärt.
Angesichts der aktuellen Sicherheitslage wollen Bund und Land mit Maßnahmen reagieren. Nach dem Terroranschlag von Solingen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser ein Sicherheitspaket vorgelegt, das zwar vom Bundestag verabschiedet, kurz darauf aber vom Bundesrat ausgebremst und an den Vermittlungsausschuss verwiesen wurde. Insbesondere die Union begründete das damit, dass ihr die vorgesehenen Maßnahmen nicht weit genug gehen würden. Es geht um Kompetenzen für die Sicherheitsbehörden und Maßnahmen wie Waffenverbotszonen.
Daran arbeitet man auch im saarländischen Innenministerium. Wobei sich das alles als gar nicht einfach erweist. Mit einem verschärften Waffenrecht soll auch die „Messerkriminalität“ eingedämmt werden. Im Saarland hatte sich zuletzt allerdings ein deutlicher Rückgang der Messerangriffe gezeigt, wie aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der CDU-Fraktion hervorgeht. Demnach wurden im vergangenen Jahr im Saarland 161 Messer-Straftaten registriert. (2020: 306; 2021: 319; 2022: 227).
Mehr junge Polizeianwärter – Ausbildung auf hohem Niveau
Anfang Oktober hat Innenminister Jost sozusagen sein eigenes Sicherheitspaket vorgelegt, einen „Fünf-Punkte-Plan für innere Sicherheit“. Darin werden die bereits genannten Personalaufbaupläne der Landesregierung für die Polizei noch einmal bekräftigt und zusätzliches Personal für den Verfassungsschutz angekündigt. Zehn zusätzliche Experten für IT-Sicherheit und Islamwissenschaften, das sei „der stärkste Personalaufwuchs seit Jahren“. Der soll, verbunden mit erweiterten Kompetenzen, zu einer Verstärkung beitragen, „um den zunehmenden Bedrohungen durch Extremisten zu begegnen“. Zudem sind Investitionen in technischer Ausstattung, Infrastruktur und Digitalisierung vorgesehen.
Alle diese Veränderungen wirken sich auch aus auf die Ausbildung. Um mehr jungen Menschen den Weg in den Polizeidienst zu eröffnen, hat das Land den neuen Bildungsgang „Fachoberschule Wirtschaft – Fachrichtung Polizei“ zum Schuljahr 2024/2025 eingerichtet. Ein erfolgreicher Abschluss bietet die Möglichkeit, in den Vorbereitungsdienst des gehobenen Polizeivollzugsdienstes übernommen zu werden. Informationsveranstaltungen dazu fanden nach Ministeriumsangaben ein Interesse, das die Erwartungen übertroffen hat.
Die Fachhochschule für Verwaltung am Campus in Göttelborn ist die landesweit zentrale Einrichtung für Aus- und Fortbildung für die Vollzugspolizei. Dort bereiten sich derzeit knapp vierhundert Studierende auf den Polizeiberuf vor. Eine Ausbildung, in der sich auch die Veränderungen in den Anforderungen und in der Gesellschaft widerspiegeln.
Zunehmende Aggression und Angriffe gegenüber Einsatzkräften sind ein Phänomen, ein anderes die ständige Beobachtung. Selbst kleine Einsätze von Passanten werden gefilmt und die Aufnahmen mit Kommentaren im Netz verbreitet. „Das Spielfeld wird schwieriger“, stellen die Verantwortlichen fest. Themen, die sich auch im Curriculum der Ausbildung wiederfinden unter Überschriften wie „interkulturelle Kompetenz“ und „demokratische Resilienz“.
Wer danach fragt, was die Polizei braucht, um ihre Aufgaben zu erfüllen und den Ansprüchen unterschiedlicher Seiten einigermaßen gerecht zu werden, wird natürlich die Forderung nach mehr Personal, besserer Ausstattung und besseren Bedingungen hören, vor allem aber wird er, egal auf welcher Ebene, immer einen Wunsch hören: Respekt.