Die Spannung zwischen den Hauptstadtmedien und dem Trainer von Hertha BSC wächst vor der Endphase der Saison. Wie lange noch bis zum Knall?
Langjährige Beobachter wissen es: Wenn Pal Dardai anfängt, mit den Medien ins Gericht zu gehen, steht seine Amtszeit bei Hertha BSC auf der Kippe. So war es schon im Frühjahr 2019 und auch im Herbst 2021, bevor seine ersten beiden Engagements als Trainer bei der Alten Dame endeten. Und auch zuletzt wieder warf der Ungar der Öffentlichkeit vor, zu viel Negatives über Hertha BSC zu berichten. Höhepunkt der Journalistenschelte: Nach dem Heimsieg gegen Schalke 04 polterte der 48-Jährige in der anschließenden Pressekonferenz: „Überall steht, der Trainer hat kein Konzept – wenn einer kein Konzept sieht, dann tut es mir leid, dann soll er nicht mehr hierher kommen.“ Es scheint also, dass der Ungar einmal mehr in die Phase des Fremdelns mit den Medien eingetreten ist – ein Vorgang, der Fragen über die Fortdauer von Dardais Engagement über das Saisonende hinaus aufkommen lässt. In Teilen ist der Frust des Trainers dabei durchaus nachvollziehbar, denn vor der Spielzeit wurde der direkte Wiederaufstieg eben nicht als klares Ziel benannt – nicht von ihm und auch nicht von der sportlichen Leitung. „In dem Übergangsjahr ist es vom ersten Tag bis jetzt gewesen, dass wir es mit den jungen Spielern durchziehen – sie einbinden und ausbilden“, hob Dardai jüngst noch einmal den Plan hervor.
Kozeptlosigkeit bei Dardai?
Was die Nachwuchsspieler betrifft, kann man dem nur zustimmen – den Schlüsselbegriff „Übergangsjahr“ haben die Verantwortlichen jedoch durchaus selbst im bisherigen Saisonverlauf manches Mal mit forscheren Aussagen konterkariert. Beispiel September 2023: Gerade erst hatte man mit zwei Siegen den Sprung vom vorletzten Platz ins Tabellenmittelfeld vollzogen, da hieß es vom Coach: „Diese beiden Erfolge geben uns auf jeden Fall Stabilität – jetzt wollen wir bis Weihnachten so viele Punkte wie möglich holen.“ Doch im folgenden Heimspiel bekam man vom Spitzenreiter FC St. Pauli klar die Grenzen aufgezeigt. Im Dezember wiederum folgte nach zwei Siegen ein 0:0 im letzten Spiel des Jahres gegen das Schlusslicht VfL Osnabrück. Auch in dieser Zeit war immer wieder vom Heranrücken an die Aufstiegsplätze die Rede – also doch mehr als nur ein Übergangsjahr?
Vor dem zweiten Semester war man auf Platz 7 bei sechs Punkten Rückstand zum Relegationsrang 3 jedenfalls noch im Rennen, aber nach nur einem Punkt in drei Ligapartien und dem ernüchternden Aus im DFB-Pokal blieb nicht mehr viel übrig zum Träumen. Dennoch erklärte Pal Dardai auch im Februar 2024 nach den Dreiern in Fürth und gegen Magdeburg: „Wir können jetzt eine kleine Siegesserie aufbauen.“ Prompt reichte es die nächsten drei Spiele nicht zu einem Erfolg. „Immer, wenn wir die Gelegenheit hatten, oben anzuklopfen, sind wir die Spiele völlig anders und destruktiv angegangen“, zog Kapitän Toni Leistner eine bittere Zwischenbilanz, „das schmerzt am meisten.“ Nun also, nachdem das Eingreifen ins Rennen um Platz 3 praktisch zu den Akten gelegt wurde, liegt die Betonung wieder auf dem Übergangsjahr. Die Medien, die immer wieder auf den Zug der möglichen Siegesserien aufgesprungen waren, stellen daher nun perspektivische Fragen. Auf einmal heißt es, Pal Dardai habe bei der sportlichen Leitung nach dem Fehlstart in diesem Jahr sogar zur Disposition gestanden – das nervt und kränkt die Vereinslegende. Nicht zu Unrecht: Schließlich hatte er zum Ende der Saison 2020/21 noch in aussichtsloser Lage übernommen und den Klassenerhalt bewältigt. Auch vor einem Jahr stand er als Feuerwehrmann zur Verfügung, als das Wasser erneut bis zum Hals stand – diesmal auch noch finanziell. In der prekären Situation nach dem Abstieg war sich der Ungar obendrein für die Mission in der Zweiten Liga nicht zu schade. „Wir wollen einen Teamgeist und Charakter entwickeln, sodass wir uns für nächstes Jahr positionsspezifisch verstärken, damit wir im August sagen können: Okay, es hat alles geklappt – wir spielen um den Aufstieg“, erklärte Herthas Coach unlängst noch einmal die Linie. Indirekt signalisierte er so auch seine Bereitschaft, kommende Saison an Bord zu bleiben. Angesichts von noch acht Partien in dieser Spielzeit und dem aktuell gereizten Klima zwischen ihm und den Medien scheint es aber dennoch so, als müsse das keine Selbstverständlichkeit bleiben.