Radiomoderator Achim Bogdahn bestieg mit Prominenten die höchsten Berge aller Bundesländer. Amüsante Aufstiegsberichte gibt sein Buch „Unter den Wolken“ wieder.
Achim Bogdahn ist ein Phänomen: Der Journalist talkt mit eigener Sendung bei „Bayern 2“, ist Sänger der Band „Isar 12“, aber auch Fußballschiedsrichter und Schauspieler („Trautmann“). Als Fan des TSV 1860 München schaffte er es, in seinen Pass offiziell den Künstlernamen „Sechzig“ eintragen zu lassen.
Jetzt sorgt der umtriebige Reporter mit einem neuen Projekt für Furore: Er bestieg die höchsten Gipfel aller 16 Bundesländer mit je einem Promi aus der jeweiligen Region: Mit Bremens Ex-Bürgermeister Henning Scherf ging’s beispielsweise auf die höchste Erhebung der Stadt im Friedehorstpark (32,5 Meter) und mit Felix Neureuther auf die Zugspitze (2.962 Meter) in Bayern. Aufstiegsberichte und skurrile Erlebnisse gibt nun sein Buch „Unter den Wolken“ (Heyne) wieder.
„Dabei bin ich eigentlich gar kein besonderer Wandersmann“, räumt Achim Bogdahn ein. Als er aber von „Brocken-Benno“ hörte, einem heute 90-Jährigen, der bis vor Kurzem fast täglich den höchsten Harz-Berg erklomm, packte ihn die Abenteuerlust. „Benno steht im Guinnessbuch der Rekorde. Über 9.000-Mal wanderte er auf den Brocken. Einmal auch mit mir“, so der Radiomann aus München am Telefon. „Meinen Mitwanderer sah ich beim Aufstieg auf die höchste Erhebung Sachsen-Anhalts übrigens meist nur von hinten. Wir gingen bei Eissturm, Nebel und Schnee.“
„Wir wanderten bei Regen und Kälte“
In sich hatten es laut Achim Bogdahn auch die Touren auf die Zugspitze mit Felix Neureuther sowie auf den Langenberg in Nordrhein-Westfalen mit Borussia-Dortmund-Chef Hans-Joachim Watzke: „Wir wanderten bei Regen und Kälte. Er hat seine gute Laune dennoch nicht verloren, nicht mal, als er beim Abstieg in den Matsch fiel. Da sagte er, dass er jetzt auch mal den Abstiegskampf kennengelernt hat“, lächelt der Buchautor. „Das fand ich schon ausgesprochen sympathisch.“
Entspannter lief da die Tour mit Devid Striesow auf den nur 179 Meter hohen Helpter Berg in Mecklenburg-Vorpommern. Der Schauspieler konnte kaum glauben, dass der Buchautor eine 14-stündige Zuganreise in Kauf nahm (plus 14 Stunden Rückfahrt), nur um den Mini-Hügel zu erwandern. In ein paar Minuten waren beide oben.
Dennoch zählte Achim Bogdahn gerade diese Wegstrecke zu den überraschendsten seiner Deutschlandreise. „Dort oben in der nördlichen Uckermark ist die Natur noch sehr ursprünglich und unberührt, mit wenigen Menschen und vielen Tieren. Wir sahen sehr viele Rehe, Störche, aber auch Rauhaardackel“, scherzt der Autor, der zu allen Promis per Zug und Bahn reiste und statt Hotels Privatunterkünfte nutzte. Der höchste Berg Mecklenburg-Vorpommerns sei in jedem Fall machbar gewesen. „Steigeisen und Karabiner konnte ich zu Hause lassen“, amüsiert sich der Reporter.
Auch in Berlin unterwegs
Recht unaufgeregt sei auch die Wanderung auf den Kutschenberg, mit 201 Metern Brandenburgs höchster Gipfel, verlaufen. Mit dabei: Politikerin Anke Domscheit-Berg „Ich sah herrliche Alleen, endlose Felder, Kanäle und wieder wenig Menschen. Gefallen hat mir aber auch Elsterwerda, wo ich mit dem Zug ankam.“ Bereits einige Jahre zuvor habe er Bad Belzig besucht. „Hier steht übrigens der zweithöchste Berg der Mark, der Hagelberg (200 Meter). Die Band Keimzeit kommt auch von da. Ich sage nur: ‚Kling, Klang, die Straße entlang‘“, lächelt der gebürtige Erlangener, der den eigenen Worten nach unbedingt auch mal die Märkische Schweiz besuchen will. „Die Fränkische Schweiz und die Holsteinische Schweiz habe ich auf meiner Schweiz-Liste bereits abgehakt.“ Insgesamt gebe es in Deutschland etwas mehr als 100 Regionen mit der Bezeichnung Schweiz im Namen, berichtet Bogdahn.
Berlin kennt der Wander-Neuling auch, wie er berichtet. Hier (sowie in München und Glasgow) hat er seinen Worten nach Evangelische Theologie studiert. „Geliebt habe ich Schöneberg, gelebt aber in Neukölln, dort, wo jetzt alle hinwollen.“ Mit der Hauptstadt geht Achim Bogdahn im Buch humorvoll-kritisch um, etwa mit Leuten, die in der U-Bahn Selbstgespräche führen, obwohl genug Menschen da wären, mit denen sie sich unterhalten könnten. „Meine Berliner Neuentdeckung ist der Müggelsee und der daneben liegende Große Müggelberg, auf den ich mit Sängerin Judith Holofernes („Wir sind Helden“) stieg. Eine echte Oase, die ich jedem nur ans Herz legen kann“, zeigt sich der 57-Jährige begeistert. Er schließt nicht aus, dass er bald mal wiederkommt. Berlin gehe immer und sei eine aufregende Metropole, findet Achim Bogdahn.
Seiner Heimatstadt München steht der Bayer offenbar eher zwiegespalten gegenüber: „München ist total überbewertet. Ziehen Sie bitte nicht hierher. Der Mietmarkt ist überlastet. München ist unattraktiv, nicht auszuhalten.“ Doch die City habe auch ihre Schokoladenseiten: „Der tolle Olympiapark, die Nähe zu den Alpen, der fantastische TSV 1860 München, die wunderschöne Frauenkirche und Oktoberfest. München ist der Wahnsinn, eine geile Stadt“, schwärmt Achim „Sechzig“ Bogdahn plötzlich. Vor allem mit dem Wohnungsmarkt der Stadt hadert er jedoch. Der Radioreporter sucht gerade eine neue Bleibe.
In seiner jetzigen Wohnung steigt meist sein Sonntagsfrühstück, wenn er nicht gerade unterwegs ist: „Brezn dürfen natürlich nicht fehlen. Weißwurst muss dagegen nicht sein. Blaubeeren liebe ich: gerne in den Joghurt und ein bisschen Ahornsirup dazu. Dann kommt man auf jeden Berg.“
Apropos: In besonderer Erinnerung sei ihm auch die Bergtour mit Ex-Diskuswerfer Lars Riedel auf den Fichtelberg, Sachsens höchsten Gipfel. „Lars ist ein ganz lieber, unkomplizierter Typ, der mal in meiner Radioshow Gast war. Er sagte zu mir: ‚Wenn wir schon auf den Fichtelberg steigen, sollten wir auch meinen alten Freund, Skisprung-Legende Jens Weißflog, auf dessen Skihütte besuchen.‘ Das war genial, ich in der Mitte zwischen zwei Olympiasiegern am Kachelofen im Erzgebirge.“
Bevor er auf Arbeit zum Sender „Bayern 2“ muss, schwärmt Achim Bogdahn noch von seinen Gipfel-Touren mit Kati Wilhelm (Großer Beerberg, Thüringen), Filmregisseur Edgar Reitz (Erbeskopf, Rheinland-Pfalz) sowie von Ex-Bischöfin Margot Käßmann (Wurmberg, Niedersachsen). Mit ihr habe er die privatesten Gespräche geführt. „Wir redeten auch sehr offen über Tiefpunkte im Leben. Das steht aber nicht im Buch. Es gilt die alte Regel: Was am Wurmberg passiert, bleibt am Wurmberg“, beteuert Journalist und Spaßvogel Achim „Sechzig“ Bogdahn.
„Alle waren ganz lieb“
Etwas aus dem Ruder lief anscheinend die Tour mit Saarlands Wanderguru Manuel Andrack auf den Dollberg. Der frühere Assistent von Harald Schmidt in dessen Late-Night-Show hat sich nach Achim Bogdahns Darstellung verlaufen – beim Abstieg vom höchsten Gipfel des Bundeslandes, 695 Meter hoch. Den Schilderungen im Buch zufolge waren beide nach der Tour mehr als fassungslos über den „Irrflug“ am Dollberg. Einmal falsch abgebogen und das Malheur war passiert. Was soll man machen?
Die größte Herausforderung bei der Planung vieler Wanderungen sei gewesen, einige Promis von den Touren zu überzeugen. „Das Schwerste war wirklich, all die prominenten Menschen zu überreden, auf irgendwelche Hundehügel am Rande ihres Bundeslandes zu steigen. Corona kam auch noch dazwischen. Deswegen hat es von der ersten bis zur letzten Wanderung letztendlich zweieinhalb Jahre gedauert.“
Schwierigkeiten gab’s beispielsweise mit dem früheren SPD-Chef und Ex-Außenminister Sigmar Gabriel, mit dem Bogdahn auf den höchsten Berg Niedersachsens, den Wurmberg, wandern wollte. Zunächst habe es geheißen: „Kein Problem, das wuppen wir.“ Dann sei aus der Tour mit dem gebürtigen Goslaer trotz etlicher Nachfragen des Buchautors nichts geworden. „Das ging fast über ein Jahr.“ Letztendlich bestieg Achim Bogdahn den 971 Meter hohen Wurmberg bei Braunlage sehr erfolgreich mit Margot Käßmann.
Ob sich alle Erwartungen an sein außergewöhnliches Gipfel-Projekt erfüllten? „Ich hatte mir die höchsten Berge Deutschlands irgendwie mondäner vorgestellt. Aber sie lagen zum Teil vergessen und verloren im Wald. Und die Prominenten hatte ich mir komplizierter vorgestellt, aber alle waren ganz lieb und haben diese bekloppte Idee mit mir durchgezogen“, so das Resümee des Münchener Radioreporters.