Im zweiten Wahlanlauf setzt die Berliner FDP um Sebastian Czaja auf eine umfassende Verwaltungsreform der behäbigen Berliner Behörden.
Der Ärger saß tief nach dem Berliner Wahldesaster im September 2021. Aber jammern? Nicht mit Sebastian Czaja. „Motzen und meckern tun viele“, weiß der FDP-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus und Spitzenkandidat seiner Partei, denn die anstehende Wiederholungswahl kostet viel Zeit und Geld. „Aber diese Neuwahl steht auch symbolisch dafür, dass in Berlin elementarste Dinge einfach nicht funktionieren. Wir haben jetzt eine zweite Chance, das zu ändern.“
Die Berliner FDP, die im September 2021 mit 7,1 Prozent ins Abgeordnetenhaus eingezogen ist und der aktuell ein Wahlergebnis von 6 Prozent prognostiziert wird, versteht sich als Service-Opposition, die lösungsorientiert die großen Probleme angehen will. Ihr wichtigstes Wahlkampfthema ist eine umfassende Verwaltungsreform, nach der die Verantwortlichkeiten zwischen Bezirken und Land neu geregelt werden. „Wir brauchen klare Zuständigkeiten und nicht noch einmal 60 Bezirksstadträte mit unterschiedlichsten Parteibüchern, die sich wechselseitig im Wege stehen. Damit nicht mehr vier Verwaltungen ein Berliner Schulklo sanieren, sondern nur noch eine“, erläutert Sebastian Czaja auf dem Diskussionsforum der Berliner Industrie- und Handelskammer den FDP-Vorschlag. Die Zuordnung der Verantwortlichkeiten soll auf dem Subsidiaritätsprinzip basieren: Sind für eine Entscheidung ein Bürgerdialog nötig oder lokale Eigenheiten zu berücksichtigen, gehört sie auf die Bezirksebene, so etwa Kinder-, Jugend- und Seniorenangelegenheiten, Unterhalt und Pflege von Straßen, Fuß- und Radwegen oder die lokale Wirtschafts- und Kulturförderung. Sind Aufgaben hingegen von gesamtstädtischer Bedeutung, wie etwa Schule, Personalmanagement, Beschaffungswesen oder Bauen, gehören sie auf die Landesebene. Einhergehen soll die Verwaltungsreform mit einer konsequenten Digitalisierung der Prozesse, damit die Bürger alle Behördengänge rund um die Uhr online von zu Hause aus erledigen können, oder auch zu vernünftigen Zeiten und innerhalb von 14 Tagen vor Ort in einem modernen Bürgeramt.
„Wir brauchen klare Zuständigkeiten“
Doch nicht nur beim Bürgerservice betont die Berliner FDP in ihrem Wahlprogramm den Freiraum des Einzelnen, sondern auch in der Bildung. „Wir wollen mit unserer Politik das Aufstiegsversprechen erneuern, damit nicht mehr die Herkunft darüber entscheidet, welche Chancen ich in meinem Leben habe“, betont Sebastian Czaja, der nach der Mittleren Reife erst die fachgebundene Hochschulreife, dann die Gesellenprüfung zum Elektrotechniker und schließlich das Abitur absolvierte. „Das meiste Geld wollen wir in den Anfang einer Bildungsbiografie investieren, damit wir später weniger Reparaturbetrieb haben.“ Zu den Eckpunkten gehören das verpflichtende Vorschuljahr mit intensiver Förderung von Sprachkompetenzen, motorischen Fähigkeiten und sozialem Miteinander, die zügige Zunahme der Kitaplätze mit gut ausgebildetem und gut bezahltem Personal, die Entlastung der Kitaleitungen von Bürokratie, die Schulbauoffensive, mehr Eigenverantwortung der Schulen bei der Personalauswahl sowie die Gründung sogenannter Leuchtturmschulen in sozialen Brennpunkten, die mit mehr Pädagogen und Sozialarbeitern ausgestattet sind. Durch Umstrukturierung des Haushaltes und neue Prioritäten wäre die Milliardeninvestition machbar, so Sebastian Czaja. „Die Wahlwiederholung sollte für uns alle ein Weckruf sein, jetzt die wirklichen Probleme anzupacken, damit ‚typisch Berlin‘ künftig heißt: Da funktioniert was.“