Als Komiker, Schauspieler, Drehbuchautor und Produzent baute sich Seth Rogen in Hollywood ein kleines Imperium auf. Dabei lernte er die Filmindustrie von der Pike auf kennen. Einige haarsträubende Erlebnisse hat er in der Satire „The Studio“ verarbeitet.

Kanada scheint ein fruchtbarer Boden für Komiker zu sein. Denken wir nur an das Knautschgesicht Jim Carrey, der Anfang der 90er-Jahre mit Filmen wie „Ace Ventura – Ein tierischer Detektiv“, „Die Maske“ oder „Dumm & Dümmer“ die amerikanische Comedy-Szene aufmischte. Dicht gefolgt von Mike Myers mit seinen „Wayne’s World“- und „Austin Powers“-Movies, die mittlerweile längst Kult geworden sind. In ihre Fußstapfen trat zum Beginn des neuen Millenniums Seth Rogen.
Das Witzig-Sein früh als Job entdeckt

1982 in Vancouver, British Columbia, geboren, trat er schon als Teenager als Stand-up-Comedian in Bars, auf Partys und bei Bar-Mizwa-Festen auf. Dabei feierte er schon erste Erfolge und sah, dass die Leute über seine Witze lachten. „Als ich erkannte, dass man ‚Witzig-Sein‘ als Job machen kann, wollte ich nur noch genau diesen Job haben.“ Auf der Highschool lernte er seinen Freund und Weggefährten Evan Goldberg kennen, der ebenso verrückt nach Filmen war wie er selbst. „Gegenüber von unserer Highschool war ein Blockbuster-Videoladen, in dem Evan und ich fast so viel Zeit verbrachten wie in der Schule“, erinnert sich Rogen mit einem breiten Grinsen. „Wir interessierten uns für alles, was mit Film zu tun hatte. Also nicht nur für die Schauspieler und Regisseure, sondern vor allem auch dafür, wie man eigentlich ein Drehbuch schreibt – und zwar so, dass es dann auch tatsächlich verfilmt wird. Es hat nicht lange gedauert, da haben wir versucht, selbst ein Drehbuch für eine Komödie zu schreiben. Da waren wir gerade einmal 13 Jahre alt. Mit 15 waren wir damit fertig. Daraus ist später der Film ‚Superbad‘ entstanden. Wir haben damals einfach unsere Erlebnisse und Erfahrungen als Highschool-Nerds aufgeschrieben. Wenn Sie sich den Film anschauen, dann deckt er ziemlich authentisch unsere Pubertät ab.“

Die trashige Teenager-Komödie „Superbad“ (2007) mit den kruden Sprüchen und dem Sauf- und Pennäler-Pickel-Humor war in den USA ein großer Kassenerfolg. Aber bevor es so weit war, verdiente sich Seth Rogen seine Sporen erst einmal als Stand-up-Comedian und Gag-Schreiber im heimatlichen Vancouver. Bei einem lokalen Casting wurde der US-Regisseur Judd Apatow auf ihn aufmerksam und gab ihm eine Nebenrolle in der TV-Sitcom „Voll daneben, voll das Leben“. Dafür zog der 17-jährige Seth Rogen voller Vorfreude nach Los Angeles. „Ich dachte, das wäre ein supercooler Einstieg ins Hollywood-Filmbusiness. Denn durch Judds Zusagen musste ich mich nicht in die langen Casting-Schlangen einreihen, um irgendwie eine Rolle zu ergattern. Allerdings wurde die Serie schon nach einer Staffel abgesetzt. Danach folgten ziemlich harte Jahre, in denen ich mich kaum über Wasser halten konnte. Aber auch während dieser Zeit legte ich nicht die Hände in den Schoß, sondern schrieb fleißig Drehbücher und machte Vorschläge für TV-Serien und Filme. Man fand das meiste auch ziemlich gut, aber ich habe von keinem einzigen Studio für einen Pitch grünes Licht bekommen, was auf die Dauer ziemlich frustrierend war. Ich dachte: Du kannst alles richtig gut machen und trotzdem bekommst du nur Absagen … Das war eine wichtige Lehre für mich. Damals schmolz mein kleines Vermögen erschreckend schnell zusammen; ich war echt kurz davor, wieder zu meinen Eltern nach Vancouver zu ziehen. Gott sei Dank wendete sich dann das Blatt und ich bekam eine kleine Rolle in der Komödie ‚Jungfrau (40), männlich, sucht‘. Judd Apatow sei Dank!“

„Konnte mich kaum über Wasser halten“
Bald gehörte Seth Rogen auch zu Apatows Frat Pack, also den Schauspielern, mit denen Apatow immer wieder gern zusammenarbeitete, wie Steve Carell, Paul Rudd und Jonah Hill, mit dem Seth heute noch dick befreundet ist. „Jungfrau (40), männlich, sucht“ wurde ein Hit an der US-Kinokasse, und Seth Rogen bekam so 2004 endlich einen Fuß in die Studio-Türen von Hollywood. Er spielte nun regelmäßig in Kinofilmen mit und hatte 2007, neben Katherine Heigl, die Hauptrolle in der romantischen Komödie „Beim ersten Mal“, wieder unter der Regie von Judd Apatow. Darin spielte er einen ziemlich abgewrackten Slacker-Typen, der einen One-Night-Stand hat, bei dem seine Partnerin schwanger wird. Auch dieser Film war ein großer Erfolg. Noch im selben Jahr kam „Superbad“ ins Kino und damit setzte er seinen Siegeszug in Hollywood fort.
Dabei war Seth Rogen nicht allein. Kontinuierlich hatte er seine Zusammenarbeit mit Evan Goldberg fortgesetzt und schrieb mit ihm zum Beispiel das Drehbuch zur Hit-Komödie „Ananas Express“ (2007). Im Jahr 2011 gründeten die beiden dann auch gemeinsam die Produktionsfirma Point Grey Pictures, die seitdem viele TV-Serien und Kinofilme erfolgreich auf den Markt brachte. Die zwei Buddies führten auch bei „Das ist das Ende“ (2014) und „The Interview“ (2014) gemeinsam Regie. Übrigens alles Komödien, in denen Seth Rogen außerdem die Hauptrolle spielte. Bei den Dreharbeiten zu diesen Filmen freundete sich Seth Rogen mit seinem Co-Darsteller James Franco an. Was zunächst beruflich wie privat goldene Früchte trug, endete jäh. Vor vier Jahren hat Rogen den Kontakt zu Franco vollständig abgebrochen, nachdem Franco von einigen Frauen wegen sexueller Übergriffe angezeigt wurde.
Auch in ernsten Rollen besetzt

In den letzten Jahren ist es Seth Rogen auch gelungen, in ernsthafteren Rollen besetzt zu werden. So spielte er in dem Biopic „Steve Jobs“ (2015) den Apple-Mitbegründer Steve Wozniak, bekam dafür von Kritikern und Fans viel Applaus und sogar von Wozniak höchstpersönlich ein großes Lob. 2022 holte ihn dann Steven Spielberg für seinen autobiografisch geprägten Film „The Fabelmans“ vor die Kamera. Seth Rogens neuester Streich ist die TV-Satire-Serie „The Studio“ (auf AppleTV+), wo er als Branchen-Insider genüsslich mit Hollywood abrechnet (siehe auch Streaming-Tipp, S. 86). Er spielt den Chef eines fiktiven Hollywood-Studios, der sich – zehn Episoden lang – auf eine waghalsige Achterbahnfahrt im Filmbusiness begibt. Mit an Bord: Profilneurotiker, Intriganten und die ganz normalen Irren des Showbiz. Die zweite Staffel ist schon in Arbeit.

Der wohl wichtigste Mensch für Seth Rogen trat 2004 in sein Leben. Bei einer Bar-Mizwa-Party lernte er die Schauspielerin Lauren Miller kennen. Die beiden haben 2011 geheiratet und gaben freimütig bekannt, dass sie nicht planen, Kinder zu haben. Eine doch sehr private Einstellung, die in Amerika natürlich ausführlich in der Klatschpresse durchgehechelt wurde. An dem glücklich verheirateten Paar perlte das allerdings ab wie auf Teflon.

„Lauren ist meine Seelenverwandte“, stellt Seth Rogen gelassen fest. „Wir haben uns gesucht und gefunden. Sie versteht mich wie kein anderer Mensch auf der Welt und unterstützt mich, wo sie nur kann. Und zwar ohne dabei ihre eigene Persönlichkeit hintenanzustellen. Im Gegenteil. Sie hat mich zum Beispiel dazu gebracht, dass ich leidenschaftlich töpfere. Lauren töpfert ja schon seit ihrer Schulzeit und hat mich vor ein paar Jahren einfach mal zu einem Töpferkurs mitgenommen. Da habe ich schnell gemerkt, wie wunderbar entspannend das Töpfern für mich ist. Und wie man da kreativ sein kann und einfach seine Phantasie spielen lässt.“ So ist es nicht verwunderlich, dass er eigenhändig Keramik-Utensilien herstellt, die er selbst designt hat. Neben Vasen, Töpfen, Tellern et cetera kann man in seinem Shop auch Aschenbecher erwerben, oder eine Vorrichtung zum Rollen von Joints (für schlappe 300 Dollar).

An dieser Stelle sollte kurz erwähnt werden, dass Seth Rogen sich schon vor vielen Jahren als Dauerkiffer geoutet hat. „Da ich täglich meine Joints rauche, war auch das Erste, das ich je getöpfert habe, ein Aschenbecher“, meint er und schickt sein berüchtigtes Reibeisen-Glucksen hinterher. Sein großes Ziel ist es, Cannabis endlich zu entstigmatisieren. Und es aus dem Dunstkreis der Hippie-Flower-Power-Bewegung, in der alle nur high und faul waren, wegzubringen und stattdessen als Genussmittel zu etablieren. „Ich brauche täglich mein Marihuana, damit ich gut arbeiten kann. Dieser Mythos, dass man nach einem Joint lethargisch wird und bloß faul in der Ecke liegt, stimmt einfach nicht. Mir sind in Hollywood viele faule Leute begegnet, die noch nie einen Joint geraucht haben.“ Und wieder das Reibeisen-Glucksen. Im Jahr 2019 gründete Seth Rogen in seiner Heimatstadt Vancouver, wieder mit Evan Goldberg zusammen, die Lifestyle-Marke „Houseplant“, die sich schnell als führender Anbieter von Premium-Cannabis-Produkten – und natürlich Keramik – etabliert hat. Mittlerweile gibt es auch in den USA Filialen.
Seth Rogen hat bei seinem künstlerischen Output immer auf seine Lebensumstände und Erfahrungen gesetzt. Dabei ist er seinem Credo treu geblieben: „Wenn man hart arbeitet und Ideen hat, hinter denen man voll und ganz steht, und es einem dann noch gelingt, jemanden dafür zu begeistern, dann funktionieren die Projekte auch. Ich bin damit jedenfalls immer gut gefahren.“ Und mit einem Schmunzeln sagt er noch: „Ich mache wirklich nur Filme, die ich mir selbst gern anschauen würde …“