Der 1. FC Saarbrücken hat eine riesige Chance, in die Zweite Liga aufzusteigen. Nicht jeder im Umfeld scheint dies zu realisieren. Die Mannschaft ist jedenfalls bereit dazu.
Rüdiger Ziehl hatte wohl schon eine Vorahnung. „Da hilft nur: Gewinnen, gewinnen, gewinnen“, sagte er nach der Pressekonferenz am vergangenen Freitag auf die Frage, wie man Ruhe in den Verein bringen könnte.
Und er schob einen Satz nach, der allen Beteiligten zu denken geben sollte: „Ich glaube nicht, dass es die Mannschaft sonderlich beeindruckt. Aber ein bisschen was bleibt immer hängen. Die vergangenen Tage haben gezeigt, warum es hier so schwer ist, in Ruhe erfolgreich zu arbeiten.“ Hinter den Blau-Schwarzen liegt eine bemerkenswerte Woche. Sportlich ist Ziehls Team mit zwei Siegen aus zwei Spielen perfekt gestartet. Finanziell geht es dem Verein so gut wie nie in seiner Geschichte. Doch während der Jahreshauptversammlung lieferten sich einige Beteiligte Wortgefechte, die an die schlimmen „Neunziger“ erinnerten.
„Wir müssen besser Fußball spielen“
Es gibt Kritikpunkte, die sind nachvollziehbar. Die Mitglieder des auf 12.000 Beitragszahler angewachsenen, größten Sportvereins des Saarlandes haben ein Recht auf Transparenz. Und sie haben ein Recht darauf, dass sich die gewählten Funktionäre in den Dienst der Sache stellen. Mit feinem Gespür für die Situation hatte die organisierte Fan-Szene ihrer Unzufriedenheit Ausdruck verliehen. Sie rief dazu auf, sich bei der Entlastung der Vereinsgremien zu enthalten. Das tat am Ende niemandem weh, zeigte deutlich, dass es Gesprächsbedarf gibt. Das ist legitim, das muss jeder Funktionär akzeptieren. Andere hatten dieses Feingefühl nicht. Wer kurz vor der Abgabe der Lizenzierungsunterlagen dazu aufruft, ein Präsidium nicht zu entlasten, legt die Axt an das Fundament des Vereins. Denn eine Nicht-Entlastung ist eben kein rein symbolischer Akt. Gott sei Dank folgte eine breite Mehrheit der noch Anwesenden diesem Vorstoß nicht.
Zurück zum Sportlichen: Mit dem spektakulären 4:3-Erfolg beim SV Sandhausen hat sich der FCS weiter an der Tabellenspitze festgesetzt. Mehr als 4.000 Anhänger wurden Zeuge des fünften Auswärtssiegs der Saison. „Ich hatte schon einige unverdiente Siege. Aber der ist ganz vorne dabei“, lachte Kapitän Manuel Zeitz nach den turbulenten 90 Minuten.

Früh war der FCS durch Kai Brünker in Führung gegangen, doch danach lieferte Ziehls Teams eine denkwürdig schlechte erste Halbzeit ab. „Wir sind immer einen Schritt zu spät gewesen, wir haben keinen Zugriff bekommen, dazu fast jeden Zweikampf verloren“, monierte der Trainer. Im Vorfeld hatte der die Stärken der Gastgeber bei ruhenden Bällen angesprochen. Doch sein Team verursachte ohne Not Freistöße en masse, lud die Sandhäuser auch noch zu zahlreichen Eckbällen ein. „Da müssen wir uns einfach cleverer anstellen“, monierte Torwart Philipp Menzel, der bei den Standardsituationen meist auf der Linie blieb: „Das war im Vorfeld so besprochen. Wir hatten eine klare Zuteilung, leider hat das nicht funktioniert.“
Der Ausgleich in der letzten Aktion der ersten Halbzeit fiel dann aber aus einem Konter und einem halbherzigen Eingreifen des diesmal schwachen Joel Bichsel. Zuvor hatte Ziehl das System schon verändert. „Wir wollten das Zentrum dichtmachen, mit zwei Sechsern und zwei Achtern spielen. Aber auch das hat nicht geklappt“, räumte der Trainer ein, der zur zweiten Halbzeit Kapitän Zeitz einwechselte und damit zur Dreierkette zurückkehrte. Der FCS stand stabiler, kassierte dennoch zwei Treffer nach ruhenden Bällen. Zunächst brachte Jeremias Lorch den SVS nach 52 Minuten in Führung. Und nach dem Saarbrücker Doppelschlag durch Kasim Rabihic (67.) und Sebastian Vasiliadis (75.) konnte Niclas Zander drei Minuten vor dem Ende noch einmal egalisieren. Danach trafen die Gastgeber noch die Latte, doch der FCS kam durch Maurice Multhaup zu einem überaus glücklichen Auswärtssieg. „Es war unsere schwächste Leistung seit dem Cottbus-Spiel. Manchmal gewinnt man trotzdem, dafür müssen wir uns nicht entschuldigen“, sagte Kapitän Zeitz.
Multhaup plötzlich ein Faktor
Coach Ziehl wollte nach der Partie keine System-Diskussion aufkommen lassen: „Wir können beide Varianten spielen. Wir sind aufgrund einer personellen Not zur Viererkette gewechselt und waren so über Wochen stabil. Heute hat es nicht funktioniert. Mit Dreierkette hatten wir mehr Zugriff.“
Neben Kapitän Zeitz meldete sich auch Haudegen Bjarne Thoelke zurück, der einige Kopfballduelle gewann. „Nach so einer langen Zeit wieder auf dem Platz zu stehen, ist schon ein großartiges Gefühl. Mir fehlt noch ein bisschen was, aber der Trainer weiß, dass er auf mich zählen kann“, sagte der 32-Jährige. Und auf zwei andere kann Coach Ziehl auch zählen. Kasim Rabihic, einer der Verlierer der Hinrunde, war wie schon gegen 1860 München einer der besten Saarbrücker, glänzte als Vorbereiter und als Torschütze: „Man kann es nicht immer erklären, man muss aber immer an sich glauben. Heute haben wir sehr gelitten, aber wir haben auch vier Tore geschossen. Das spricht für uns“, sagte der Edeltechniker. Und Maurice Multhaup nach einer desaströsen Hinserie fast schon abgeschrieben, strahlte über das ganze Gesicht: „Das entschädigt für viele Enttäuschungen. Aber am Ende zählt ohnehin nur der Sieg.“ Da mochte auch der Trainer nicht widersprechen. Auch wenn er mit Blick auf das Auswärtsspiel in Ingolstadt sagte: „Wir werden wieder besser Fußball spielen müssen.“