Es gibt keinen Zeitpunkt für ein Aus des Verbrenners oder gar ein Verbot. Stattdessen sollen diese künftig mit E-Fuel fahren – ein Kraftstoff, dessen Wirkungsgrad verglichen mit Strom fürs E-Auto jedoch weniger effizient ist.
Der Eklat war groß, das Gelächter in den sozialen Medien ebenfalls – die CDU hatte eine Umfrage zum Verbrenner-Aus im Netz wieder abschalten müssen. Die Frage lautete: „Unterstützen Sie die Forderung zur Rücknahme des Verbrenner-Verbotes?“ Wegen mangelnder Sicherheitsmaßnahmen hatten Zigtausende automatisierte Klicks für „Nein“ gestimmt.
Die Frage war ohnehin reichlich vereinfacht gestellt. Denn von einem Verbrenner-Verbot kann keine Rede sein. Ab 2035 sollen in der EU keine neuen Benzin oder Diesel tankenden Fahrzeuge mehr zugelassen werden – wer dann noch einen Verbrenner fährt, fährt ihn weiter, auch Gebrauchte können weiterverkauft und zugelassen werden. Zudem schafft die EU eine neue Fahrzeugkategorie für Verbrenner-Fahrzeuge, die mit klimaneutralen E-Fuels betrieben werden können. Diese dürfen auch nach 2035 neu zugelassen werden. Der Bau von Verbrennern wird also nicht verboten, wie die schiefgelaufene Umfrage der CDU unterstellte, sondern die Betankung wird CO2-neutral reglementiert – ein technisches Detail, dennoch wichtig, weil ein großer Teil der heutigen Verbrennerfahrzeuge diese E-Fuels nutzen können, so der ADAC. Einige Kraftstoffe, die bereits heute an der Tankstelle erhältlich sind, enthalten ohnehin bereits synthetische Anteile.
Der emotionale Kampf um den Verbrenner tobt jedoch nach wie vor. Als Teil des sogenannten Green Deal ist die Regulierung des CO2-Ausstoßes im Verkehr einer der wichtigsten Bausteine. Er macht ein Viertel der EU-weiten klimaschädlichen Emissionen aus. Um ihre eigenen Vorgaben bis 2050 einzuhalten, müssen die verkehrsbedingten Treibhausgase bis zu diesem Jahr um 90 Prozent sinken. Der FDP ist es zu verdanken, dass E-Fuels künftig politisch als „klimaneutral“ anerkannt werden.
Effektiver zur Senkung der Emissionen im Verkehr aber bleibt nach wie vor die Elektromobilität, vorausgesetzt, dass Batterien und Strom klimaneutral und erneuerbar produziert werden. Im Vergleich der Antriebsarten – Benzin und Diesel, E-Fuels, Wasserstoff und Strom – sind batterieelektrische Fahrzeuge die effizientesten, belegen Studien beispielsweise von PriceWaterhouseCoopers von 2017 oder dem Fraunhofer-Institut und dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg von 2022. Der Grund: Von der Produktion bis zum Verbrauch werden 81 Prozent der eingesetzten Energie vom Fahrzeug genutzt. Bei E-Fuels, also elektrisch hergestellten synthetischen Kraftstoffen, sind es gerade mal 14 Prozent, so das österreichische Umweltbundesamt, das ebenfalls alternative Antriebskonzepte für Fahrzeuge bewertet hat. Das deutsche Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung hält E-Fuels ebenfalls für ungeeignet für den großflächigen Einsatz bei Pkw und Lkw. Statt den Strom erneuerbarer Energien für die klimaneutrale Produktion von E-Fuels zu verwenden, könne er gleich in E-Autos geladen werden. Auch hierzu existieren Modellrechungen: Umgerechnet könnte ein Windrad, das drei Megawatt Leistung produziert, im Jahr rund 1.600 Elektroautos versorgen, aber nur 250 mit E-Fuels betriebene, hat die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung ermittelt. Der Produktionsaufwand ist also ungleich höher, der Wirkungsgrad deutlich niedriger als bei batterieelektrischen Fahrzeugen.
Klimaneutral, aber ineffizient
Dem widersprechen jedoch deutsche Mineralölverbände, die auf Plattformen wie Efuel-Today für eine breitere Akzeptanz des synthetisch hergestellten Treibstoffs werben. E-Fuels seien wie fossile Treibstoffe verlustfrei transportabel, die Verbrennertechnologie breit akzeptiert, das Land werde ohnehin keine Energieunabhängigkeit alleine durch Stromproduktion im Inland erreichen. Denn für die Produktion von E-Fuels dürften rein technologisch nur sehr wind- und sonnenreiche Standorte in Betracht kommen, um die Effizienz der Anlage und den klimaneutralen Produktions-Output zu maximieren – Standorte, die am Ende nicht in Deutschland liegen werden. Doch berücksichtige man diese Standorte, seien E-Fuels im Fahrzeug letztlich ebenso effizient wie per Solar- und Windenergie in Deutschland erzeugter Strom für das Elektroauto.
Derzeit fahren in Deutschlands Flotte geschätzte 36 Millionen Verbrenner-Fahrzeuge. Neue werden in den nächsten Jahren hinzukommen, von denen einige auch nach 2035 noch betankt werden wollen. Tankstellen für fossile Brennstoffe wie Benzin oder Diesel werden auch nach 2035 nicht plötzlich verschwinden. Durch die Verteuerung von CO2-Emissionen wird das Tanken jedoch teurer, spätestens 2026 ist auch der Verkehr Teil des EU-weiten Emissionshandelssystems. PS-starke Verbrenner, die viel CO2 ausstoßen, werden somit nach und nach vor allem im Unterhalt teurer. Die Gegenbewegung der Automobilindustrie kann also nur sein, den Verbrenner so CO2-arm wie möglich zu konstruieren und sich gleichzeitig auf neue Antriebsarten zu verlegen, während aufseiten der Energielieferanten um Alternativen für Geschäftsmodelle und Produkte gerungen wird. Zum Beispiel durch E-Fuels, die sowohl das Geschäftsmodell als auch das Produktions-Know-how der fossilen Brennstoffindustrie nicht infrage stellen.
Angebracht sind E-Fuels dennoch, um die Bestandsflotten zu dekarbonisieren, vor allem dort, wo große Maschinen über weite Strecken bewegt werden müssen: schwere Lkw, Flugzeuge oder Schiffe. Zwar gibt es auch dort batterieelektrische Versuche, doch könnten hier E-Fuels eine gute Alternative sein – solange technologisch keine effizienteren Alternativen gefunden sind und sofern sie völlig klimaneutral hergestellt werden. Das Problem hier: Großindustrielle Anwendungen stecken noch in den Kinderschuhen oder sind allenfalls geplant. 2023 wurden in Deutschland allein 51,3 Millionen Tonnen Benzin verbraucht. Der derzeitige weltweite Hochlauf der Technologie bis 2035 könnte jedoch nicht ausreichen, um Deutschland mit dem Kraftstoff zu versorgen, hatte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung schon 2023 analysiert.
Die Frage rund um ein vermeintliches Verbrenner-Aus muss also deutlich differenzierter betrachtet werden. Ein fixer Zeitpunkt dafür, gar ein Verbot, existiert nicht, hochemotionalisiert ist die Debatte trotzdem. Politisch bleibt die CDU bei ihrer Forderung, das „Verbrenner-Aus“ müsse im Sinne der deutschen Autoindustrie vom Tisch, der Verbrenner und die E-Fuels-Herstellung weiterentwickelt werden. Da es jedoch kein Verbot gibt, hätte die Online-Umfrage der CDU, wenn sie den Verbrenner vermeintlich retten möchte, richtiger lauten müssen: „Unterstützen Sie den Ausstieg des Verkehrssektors aus dem europäischen Emissionshandelssystem?“ Da die Partei jedoch selbst für dieses Instrument als ein wirksames wirbt, hätte sie sich damit selbst widersprochen.