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WAS MACHT EIGENTLICH...

Was macht der Weihnachts­mann das Jahr über? Er bildet sich fort – bei­spiels­weise in puncto Online-Paket­verfolgung
Foto: stock.adobe.com / Tierney

… der Weihnachtsmann?

Bei ihm verhält es sich in dieser Rubrik umgekehrt als sonst. Was macht der Weihnachtsmann, wenn nicht gerade Weihnachten ist? Den Glauben an das Gute im Menschen hat er noch nicht verloren. Er engagiert sich als Klimaaktivist gegen die Gletscherschmelze.

Ich bin jedenfalls froh, dass es jetzt wieder losgeht!“, sagte der Weihnachtsmann vor ein paar Tagen bei seiner Abreise im Himmel zu seinem Lieblingsengel. Vor gut elf Monaten hatte er sich ja ins Private zurückgezogen und seither die Zeit genutzt, sein rotes Gewand auszubürsten und den Tüv seines Rentier-Schlittens zu erneuern.

Schon kurz nach seiner Ankunft auf der Erde wurde der Weihnachtsmann gleich wieder mal mit einem gar nicht ihn betreffenden Zitat aus Theodor Storms Knecht-Ruprecht-Gedicht genervt: Wenn man ihn ständig mit „Von drauß’ vom Walde komm ich her“ empfange, könne er nur erbost ergänzen: „und versteh manchmal die Welt nicht mehr!“ Im FORUM-Exklusivinterview beklagte der Weihnachtsmann sich deshalb erneut, dass man ihn viel zu oft mit dem Nikolaus verwechselt und er von engstirnigen Traditionalisten abfällig als dessen „Konsum- und Coca-Cola-Variante“ bezeichnet wird. Außerdem erfülle es ihn mit zunehmender Besorgnis, dass die Welt sich rasant zum Negativen verändert und die Menschen ihren Planeten eigentlich fast widerstandslos aufzugeben scheinen.

Als er beispielsweise jetzt mit dem Schlitten seinen Lieblingsgletscher hinuntergleiten wollte, sei dieser wegen der ständig steigenden Temperaturen längst schon weggeschmolzen gewesen. Der Klimawandel macht dem Weihnachtsmann auch sonst zu schaffen: „In einigen Regionen kann ich meinen dicken Mantel gar nicht mehr tragen, ohne beim Päckchenverteilen mächtig ins Schwitzen zu kommen!“

Der dicke Mantel wird zu warm

Bei seiner Anreise konnte er zwar, wie es bei Storm heißt, ebenfalls „überall goldene Lichtlein blitzen“ sehen. Unten angekommen habe er allerdings feststellen müssen, dass die Blitze von Raketen stammen, mit denen diese „immer merkwürdiger werdenden Menschen“ sich gegenseitig ins Jenseits schicken wollen: „Meinen Vorgängern in vergangenen Jahrtausenden hätten sämtliche Barthaare zu Berge gestanden, wenn sie so etwas hätten erleben müssen!“, zürnt der Weihnachtsmann.

Der Weihnachtsmann engagiert sich als Klimaaktivist gegen die Gletscherschmelze
Der Weihnachtsmann engagiert sich als Klimaaktivist gegen die Gletscherschmelze - Foto: stock.adobe.com / Andrey Kiselev 

Auch mit einer ganz anderen Art von Blitzen sieht er sich konfrontiert: Wenn er mit seinem Rentiergespann durch die Straßen düse, gerate er häufig in sogenannte Radarfallen. Dank göttlicher Eingebungen habe er aber an seinem Schlitten die Kennzeichen abmontiert, sodass solche Blitze für ihn folgenlos bleiben. Wie in Storms Ruprecht-Gedicht beschrieben, bemerkt auch der Weihnachtsmann: „Die Kerzen fangen zu brennen an.“ Er musste allerdings feststellen, dass es dabei keineswegs um das Erzeugen weihnachtlicher Stimmung geht, sondern die Erdenbürger gerade dabei sind, sich auf kommende Stromausfälle vorzubereiten. Enttäuscht zeigte er sich auch, dass man ihm in einem Seniorenheim den Zutritt verweigerte, weil er keine medizinische Maske trug. „Solche Maßnahmen sind im Himmel zum Glück nicht üblich, denn es müsste dort ja schon mit dem Teufel zugehen, wenn das böse Virus es an dem gestrengen Petrus vorbei ins göttliche Reich schaffen würde.“ Trotzdem seien aber im Himmel alle mehrfach geimpft, sodass selbst die in Dauerschleife „Hosianna“ singenden Engel keine Maske zu tragen bräuchten. Er selbst fühle sich hinter seinem undurchdringlichen Rauschebart aber auch auf der Erde völlig sicher.

Geschenke gehen oft zurück

Auf seinen irdischen Arbeitsalltag angesprochen, betonte der Weihnachtsmann, dass sich seine Tätigkeit in den vergangenen Jahren doch arg zum Negativen verändert hat. Mit Storms „Äpfel, Nuss und Mandelkern“ brauche er heutzutage nicht mehr zu kommen: „Alter, behalt dein Bio-Zeugs für dich selbst und rück endlich was Gescheites raus!“, habe er zuletzt öfter von gar nicht so frommen Kindern hören müssen. Deshalb befinden sich heute in seinem Jutesack vor allem Handys, Spielcomputer und allerlei technischer Schickschnack, an dem er sich „fast einen Bruch“ hebe. Den Versuch, das Zeug mit der Post zu schicken, habe er längst aufgegeben. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Briefträger und Paketzusteller gar nicht mehr regelmäßig und pünktlich in alle Straßen kommen“, zeigte sich der Weihnachtsmann gut informiert über die irdischen Probleme bei der Hauszustellung.

Zunehmend Sorge bereiten ihm auch die vielen Annahmeverweigerungen und die üble Angewohnheit, die Geschenke bei Missfallen zurückzuschicken oder sogar zu verlangen, dass er die Sachen kostenlos wieder an der Tür abholt: „Ich bin doch nicht Amazon oder DHL!“, empört sich der Weihnachtsmann und wünscht sich in solchen Momenten eine Rute, wie sie Knecht Ruprecht für die „schlechten Kinder“ schon lange hat. Allerdings hat er eigenen Angaben zufolge heute meist mehr Probleme mit den Erwachsenen, „die ihrer Unvernunft immer stärker freien Lauf lassen und an alles Mögliche glauben, nur nicht an den Weihnachtsmann!“ In dieser Zielgruppe sehe er sich neuerdings öfters auch schlimmer Anmache ausgesetzt, weil er keine Frau und schon gar nicht divers sei. Gestört fühle er sich bei seiner Arbeit auf der Erde auch von angeblichen „Kollegen“, die sich derzeit zu Abertausenden in billigen Kostümen in den Städten herumtreiben, ihm stümperhaft ins Handwerk pfuschen und dafür sogar noch Honorar verlangen.

„Jetzt kommen noch ein paar harte Tage auf mich zu“, betont der Weihnachtsmann gegenüber FORUM. „Aber danach habe ich ja wieder elf Monate meine Ruhe und kann davon träumen, dass die Erdbewohner sich bis zum nächsten Besuch doch noch bessern. Sonst tue ich mir das nicht mehr lange an!“ 

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