Wer darf für Deutschland an den Kunstturn-Weltmeisterschaften 2025 in Jakarta teilnehmen? Erste Antworten liefert am Samstag ein hochkarätiger Wettkampf in der Deckarm-Halle. Die TG Saar ist Gastgeber eines Qualifikationsturniers.
Es ist Zeit für neue Stars in der deutschen Turn-Spitze: Nachdem mit Andreas Toba, Lukas Dauser und Elisabeth Seitz die letzten Asse einer „goldenen Turn-Generation“ des Deutschen Turner-Bunds (DTB) ihre internationale Karriere beendet haben, werden nun ihre Nachfolger gesucht. Unter anderem beim zweiten Weltmeistschafts-Qualifikationswettkampf am Samstag, 27. September in der Joachim-Deckarm-Halle in Saarbrücken. Der Wettkampf der Männer startet um 14 Uhr, die Frauen beginnen um 19 Uhr.
Konkret geht es bei dem Wettkampf, zu dem Deutschlands beste Turnerinnen und Turner zusammenkommen, um die begrenzten Startplätze für die Turn-WM 2025, die vom 19. bis 25. Oktober in Jakarta (Indonesien) ausgetragen wird. Mit Gabriel Eichhorn ist auch ein Turner des Bundesligisten TG Saar mit von der Partie. Ob der 20-Jährige einer von denen ist, die in die Fußstapfen von Fabian Hambüchen, Marcel Nguyen, Philipp Boy und Co. treten, wird sich noch zeigen. Jedenfalls hat Eichhorn gute Chancen, über seine Parade-Geräte Barren und Reck auf den WM-Zug aufzuspringen. Und das vor heimischer Kulisse.
Deutschlands Beste in Saarbrücken
„Der DTB (Deutscher Turner-Bund, Anm. d. Red.) kam nach der Ausrichtung des Bundesliga-Finales 2024 auf uns zu und hat uns gefragt, ob wir auch die WM-Quali austragen würden“, berichtet Thorsten Michels. Der Vorsitzende der TG Saar und sein Team haben die Verantwortlichen nicht nur mit dem reibungslosen Ablauf des Bundesliga-Finales überzeugt, sondern vor allem die fantastische Stimmung in der Deckarm-Halle sorgte für Begeisterung. „Ich hoffe, dass das bei der WM-Quali wieder so sein wird“, sagt Michels und betont: „Das sportliche Niveau ist jedenfalls genauso hoch wie beim Bundesliga-Finale oder bei Deutschen Meisterschaften.“
Dafür sorgen neben erfahrenen Athleten wie Nils Dunkel (28 Jahre) auch die „jungen Wilden“ in der deutschen Spitze – allen voran das frisch gebackene Europameister-Duo im Mixed, Timo Eder (20) und Karina Schönmaier (20). Aber auch die Gast-Starterinnen aus Schweden, die ebenfalls am Qualifikationswettkampf teilnehmen werden, schrauben die Qualität des Teilnehmerfeldes nach oben. Die TG Saar hat mit Daniel Mousichidis (20, TV Schwalbach) und Maxim Kovalenko (20, TV Bous) normalerweise zwei weitere heiße Eisen im Feuer, aber beide Top-Talente fallen verletzungsbedingt aus. Mousichidis musste im August bereits zum zweiten Mal am Ellenbogen operiert werden und fällt aller Voraussicht nach für den Rest der Saison aus. Kovalenko musste seine Teilnahme an der WM-Quali in Saarbrücken wegen Schulterproblemen kurzfristig absagen.
So hält nur Gabriel Eichhorn, der für die MTV Stuttgart startet, die TG-Saar-Fahne hoch. „Wenn Gabriel seine Reck-Übung fehlerfrei durchturnt, würde dies auf internationalem Niveau eine realistische Chance auf die Finalteilnahme bedeuten. Er würde dann also zu den besten Acht der Welt an diesem Gerät gehören“, erklärt Thorsten Michels angesichts des Schwierigkeitsgrades von Eichhorns Reck-Übung von 6,0. „Mit 6,2 wäre er – rein statistisch, versteht sich – schon im Bereich der Medaillenchancen“, merkt Michels an. Allerdings lief Eichhorns Generalprobe zwei Wochen vor der WM-Quali in Saarbrücken nicht sehr verheißungsvoll. Beim Weltcup in Paris blieb er nicht fehlerfrei und auch im Bundesliga-Wettkampf bei der Siegerländer KV hatte er so seine Schwierigkeiten mit einem Element. „Die Übung an sich und ihr Schwierigkeitsgrad sind schon gut und die Trainingsstabilität ist auch überzeugend – aber man muss das auch im Wettkampf abrufen können“, weiß Michels und ist sicher: „Sollte er das schaffen und nominiert werden, ist er bei der WM ein Kandidat für das Reck-Finale.“
Wie viele Turnerinnen und Turner letztlich für die Weltmeisterschaften in Jakarta nominiert werden, steht noch nicht fest. Nur, dass es mindestens drei und maximal sechs sein werden. Die finale Entscheidung treffen die Bundestrainer in Absprache mit dem Lenkungsstab des DTB. Diese fußt nicht zwangsläufig nur auf dem Ergebnis beziehungsweise der Reihenfolge im Quali-Wettkampf am Samstag, sondern zudem auf gewissen Bewertungskriterien wie beispielsweise dem Schwierigkeitsgrad der Übungen. Je mehr Athletinnen und Athleten die Kriterien erfüllen, desto mehr können ein WM-Ticket erhalten.
„Ich weiß jetzt, woran ich arbeiten muss“
Im Rahmen des ersten Qualifikations-Wettkampfes, der am 14. September in Kienbaum ausgetragen wurde, überzeugte Mixed-Europameister Timo Eder auf ganzer Linie. Der 20-Jährige vom Bundesliga-Schlusslicht MTV Ludwigsburg setzte mit 79,550 Punkten ein starkes Ausrufezeichen und verwies Nils Dunkel aus Halle auf Rang zwei (78,150 Zähler). Auch Ringe-Spezialist Artur Sahakyan (26) von der Siegerländer KV präsentierte sich Bundestrainer Jens Milbradt in guter Form. Europameisterin Karina Schönmaier verpasste derweil beim Weltcup in Paris den Sieg am Sprung nur hauchdünn: Die Chemnitzerin lag bis zur letzten Starterin an der Spitze des Feldes. Doch der Britin Abigail Martin gelang es noch, sie auf den Silber-Rang zu verweisen. „Ich bin eigentlich ganz happy. Ich hatte eine sehr kurze Vorbereitung, und hier stehen andere Geräte, auf die ich mich erst einstellen musste. Aber ich konnte mich schnell adaptieren“, sagt Schönmaier zu ihrem Wettkampf in Paris und ergänzt: „Ich musste mich für jedes Gerät neu aufwärmen, weil die Zeitabstände dazwischen so groß waren.“ Am Schwebebalken und am Barren kam die 20-Jährige nicht ohne Fehler durch ihre Programme. Mit Blick auf die WM im Oktober fügt sie hinzu: „Ich weiß jetzt, woran ich arbeiten muss.“
Am besten schon am Samstag in Saarbrücken, wo sie auf die Unterstützung von den Rängen in der Joachim-Deckarm-Halle hoffen darf. Bis zu 2.000 Zuschauer fasst die nach der saarländischen Handball-Legende benannte Halle, die von den Helferinnen und Helfern der TG Saar und ihrer Trägervereine bespielt wird. Veranstalter ist zwar der DTB und Ausrichter die DTB Service GmbH, doch vor Ort packen die Ehrenamtlichen aus den Vereinen an: Sie kümmern sich um den Auf-, Um- und Abbau der Sportgeräte, die Verpflegung der Zuschauerinnen und Zuschauer und einiges mehr. Dass die Männer und Frauen der TG Saar das können, haben sie nicht nur im Rahmen des Bundesliga-Finales 2024 bewiesen, sondern tun dies bei jedem Bundesliga-Heimkampf in der Dillinger Kreissporthalle.
„Nicht nur die Turnerinnen und Turner, sondern alle Sportbegeisterte im Saarland sollten sich das Highlight, die besten deutschen Turnerinnen und Turner live in Saarbrücken sehen zu können, nicht entgehen lassen“, findet der TG-Vorsitzende Thorsten Michels und ergänzt: „Noch gibt es Tickets!“ Wer nicht vor Ort dabei sein kann, hat die Möglichkeit, die Qualifikationswettkämpfe der Männer und Frauen im Livestream des Internet-Portals www.sporteurope.tv zu verfolgen.