Seit Ernie Sautner 1950 als erster deutscher Spieler in der NFL auflief, sind über die Jahre einige dazugekommen. FORUM wirft einen Blick auf die Deutschen, die aktuell in Amerika spielen.
Der mit Abstand erfolgreichste Deutsche in der NFL ist Offensive Tackle Sebastian Vollmer. Von 2009 bis 2016 spielte er bei den New England Patriots als Beschützer von Tom Brady und stand dreimal im Super Bowl. Zweimal konnten die Patriots um Vollmer auch die Trophäe mit nach Foxborough holen. Außer ihm hat noch kein Deutscher einen Super Bowl gewinnen können. Die folgenden Deutschen stehen derzeit in der NFL unter Vertrag – und dürfen auch groß träumen. Wobei für einige schon ein Spiel während der Regular Season ein Erfolg wäre.

Brandon Coleman
Mit dem 67. Pick sicherten sich die Washington Commanders die Dienste des 1,98 Meter großen und mehr als 145 Kilogramm schweren Hünen. „Ich bin so dankbar, diese Chance zu erhalten. Ich werde das mit meiner Familie und ein paar Freunden aus Deutschland feiern – und dann geht es an die Arbeit. Ich bin sprachlos“, sagte der Deutsch-Amerikaner nach dem Draft im April im Gespräch mit RTL. Was Coleman dann jedoch binnen kürzester Zeit zeigen sollte, hätten ihm wohl nur die wenigsten vorab zugetraut. Die Franchise war von Tag eins an vom 24-Jährigen begeistert und betraute ihn mit einer bedeutenden Rolle: als Left Tackle die „Blind Side“ seines Quarterbacks zu beschützen. Der Schritt zahlte sich früh aus, und der O-Liner legte bei den Commanders eine traumhafte Debüt-Saison hin. Er zählt nicht erst seit gestern zu den absoluten Säulen im Team. Coleman steigerte sich über die Regular Season von Woche zu Woche, und somit stiegen auch seine Einsatzzeiten nachhaltig, ab der Saisonmitte war er als Starter nicht mehr wegzudenken.
Julius Welschof
In der Preseason hatte Welschof überzeugt und sich mit starken Leistungen empfohlen. In drei Spielen stand er für die Pittsburgh Steelers auf dem Feld, sammelte seine ersten Sacks und hatte gute Chancen auf den finalen 53-Mann-Kader. Eine Knieverletzung kurz vor Beginn der Regular Season stoppte den 27-Jährigen jedoch. Welschof blickt auf turbulente Monate zurück: „Nachdem ich mich leider im letzten Preseason-Spiel gegen die Detroit Lions verletzt hatte, war es ziemlich bitter“, erzählt der Linebacker, der erst als Erwachsener so richtig mit Footballspielen begonnen hatte. „Ich habe versucht, von einem O-Lineman loszukommen, bin im Kunstrasen hängengeblieben und habe mir das Knie verletzt.“
Nach seiner Verletzung absolvierte er in den vergangenen Monaten die Reha in Michigan, wo er zuvor im College gespielt hatte. Nun also die Rückkehr nach Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania. „Die Steelers hatten mir vorher schon gesagt, dass sie mich wieder zurückholen wollen, weil die Preseason so gut gelaufen war. Das haben sie jetzt auch gemacht.“ Für ein NFL-Spiel hat es jedoch nicht gereicht.
Jakob Johnson

In der Saison 2020 erzielte Johnson bei einer 30:35-Niederlage bei den Seattle Seahawks den ersten Touchdown seiner NFL-Karriere nach einem Ein-Yard-Pass von Quarterback Cam Newton. Er ist damit nach Markus Kuhn der zweite Deutsche, der einen Touchdown in der NFL erzielte und der erste, dem ein Offensiv-Touchdown gelang. Nach Stationen bei den Carolina Panthers, den New England Patriots und den New York Jets landete er bei den Las Vegas Raiders, kam dort zwar in den Kader, aber absolvierte kein Spiel. Im August 2024 unterschrieb Johnson einen Vertrag bei den New York Giants. Nachdem er sich keinen Platz im Teamkader erkämpfen konnte, wurde er am 27. August zunächst entlassen, unterschrieb aber am Folgetag einen Vertrag für das Practice Squad der Giants.
Marcel Dabo
Seit zwei Jahren ist Dabo im Kader der Indianapolis Colts. Auf dem Feld stand er bisher allerdings nur in der Preseason bei Vorbereitungsspielen. Einen NFL-Einsatz hatte Dabo noch nicht. Bislang reichte es nur fürs sogenannte Practice Squad, sozusagen die erweiterte Trainingsgruppe der NFL-Teams. Zuletzt hatte ihn eine Knieverletzung aus der Bahn geworfen. Jetzt geht es für den Reutlinger darum, nach der Verletzung wieder fit zu werden. Arbeiten am Comeback also: „Mein Einsatz wird irgendwann kommen“, ist sich Marcel Dabo sicher. Zuvor hatte er in der Defence der Stuttgart Surge als Cornerback gespielt – und war in der neugegründeten European League of Football zum Defensive Rookie of the Year gewählt worden. Im Jahr 2022 schaffte er es über das Förderprogramm für internationale Talente in die NFL.
Lorenz Metz
Nach mehreren Jahren Tischtennis im Verein wurde Lorenz zu einem Football-Training bei den Kirchdorf Wildcats mitgenommen, danach ging es steil nach oben. Entdeckt wurde er von Brandon Collier von PPI Recruits, der auch schon einige andere deutsche Talente an US-Colleges gebracht hat. So ging es schließlich von Neuötting in die USA – zu den Cincinnati Bearcats. Danach wurde er „Undrafted Free Agent“ bei den Chicago Bears. Mit dem Sprung in den 53er-Kader hat es nicht geklappt. Also ging die Reise weiter – zu den New York Giants. Auch da klappte es nicht mit dem Traum NFL. Ein Jahr später folgte die nächste Chance. Dieses Mal ging es ins warme Florida nach Tampa. Für ein Spiel in der Regular Season reichte es nicht.

Equanimeous St. Brown
Das Wort Neid ist für Equanimeous St. Brown eine Empfindung, die er seinem Bruder gegenüber nicht kennt, ein Fremdwort sozusagen. Der 28 Jahre alte NFL-Profi ist zwar in den USA aufgewachsen, hat aber eine Mutter aus Leverkusen und spricht fließend Deutsch, daran liegt es also nicht. Der American-Football-Profi der New Orleans Saints gönnt seinem jüngeren Bruder Amon-Ra St. Brown vielmehr einfach alles: den Erfolg, dessen Touchdowns, den 120-Millionen-Dollar-Vertrag. Der persönlich aber viel wichtigere Unterschied zwischen den beiden Brüdern: Während Amon-Ra St. Brown zu den wichtigsten Profis im Kader der Lions zählt, muss der drei Jahre ältere Equanimeous St. Brown froh sein, überhaupt auf dem Platz gestanden zu haben. „Es ist nicht ideal. Aber ich muss tun, was ich tun muss“, sagte er. Als Kinder stemmten sie gemeinsam mit ihrem Vater, einem ehemaligen Bodybuilder und Mr. Universum aus der Nähe von Los Angeles, Gewichte in der eigenen Garage. Aus dieser Zeit haben beide ihre Disziplin erworben. Während Amon-Ra inzwischen aber zu den Stars der Liga zählt, geht es für seinen Bruder darum, ein schleichendes Ende der NFL-Karriere zu verhindern.
Amon-Ra St. Brown
Amon-Ra St. Brown spielt seine vierte NFL-Saison bei den Detroit Lions. Die Autostadt in Michigan ist längst seine sportliche Heimat geworden. Der Wide Receiver liebt Detroit, liebt den Verein, liebt die Fans. Und sie lieben ihn. St. Brown verlängerte vorzeitig um vier Jahre. Den Lions ist seine Unterschrift 120 Millionen Dollar wert. Zum Vergleich: Dirk Nowitzkis größter Kontrakt bei den Dallas Mavericks brachte ihm in vier Jahren 80 Millionen Dollar ein. Mehr als St. Brown wird nur Franz Wagner verdienen. Der Deutsch-Amerikaner, der neben der US-Flagge auch einen schwarz-rot-goldenen Sticker auf seinem Helm trägt, galt zunächst als einer von vielen, als er 2021 in die Liga kam. Bei der Draft (Talenteauswahl) wählten ihn die Lions erst in der vierten Runde und an insgesamt 112. Stelle aus – darüber war er ziemlich enttäuscht gewesen. Mittlerweile ist St. Brown jedoch einer von nur 14 Profis dieses Drafts – und der Einzige der Runden drei und vier, der in den Pro Bowl gewählt wurde, also ins All-Star-Spiel der NFL.