Michael Keaton hatte Glück, als er Ende der 80er-Jahre Tim Burton traf. Dieser engagierte ihn für „Beetlejuice“ und wollte ihn danach unbedingt als Batman haben. Keaton wurde zum Weltstar. Nun spielt er in „Beetlejuice, Beetlejuice“ noch einmal den verrückten Poltergeist.
Michael Keaton frohlockt: „Wow! Kaum zu glauben! Schau dir das an!“. Er ist begeistert, als er sich bei der Kostümprobe im schwarz-weiß gestreiften Beetlejuice-Outfit, mit dickem Make-up und wirr-wuscheligem Haarschopf im Spiegel sieht. Über 35 Jahre ist es her, seit er als spleeniger Kobold in Tim Burtons Horror-Komödie „Beetlejuice“ Angst und Schrecken verbreitete. „Tief in meinem Herzen habe ich mir immer gewünscht, dass ich ihn noch einmal spielen kann. Als Tim mir das Drehbuch zu ‚Beetlejuice, Beetlejuice‘ (Filmtipp auf S. 82) in die Hand drückte, war ich sehr glücklich“, erzählt der heute 73 Jahre alte Michael Keaton.
„Es war ein hoher Einsatz“
Michael Keaton war auch schon vor der Begegnung mit Tim Burton in Hollywood als Schauspieler unterwegs. In der Komödie „Night Shift“ gab er 1982 sein Kinofilm-Debüt und wurde von der „New York Times“ als „Entdeckung“ gefeiert. Danach profilierte er sich in Komödien wie „Mr. Mom“ (1983), „Johnny G. – Gangster wider Willen“ (1984) und „Gung Ho“ (1986) als neuer Hollywood-Hotshot. In „Süchtig“ (1988) gab er als kokain- und alkoholsüchtiger Geschäftsmann eine überragende Performance, die auch Tim Burton sehr beeindruckte. Daraufhin besetzte Burton ihn in „Beetlejuice“ (1988) und später in „Batman“ (1989) in der Titelrolle. Nach drei Jahren holte ihn Burton in „Batmans Rückkehr“ noch einmal als Mann mit dem Fledermaus-Cape vor die Kamera. Keaton erinnert sich: „Es war für mich ein großes Glück, Batman gleich zweimal spielen zu können. Und damit diesen überwältigenden Erfolg zu haben. Aber es war auch eine aufreibende Zeit. Damals fand nämlich ein regelrechtes Keaton-Bashing statt. Tausende Batman-Fans haben Schmähbriefe an das Studio geschrieben und klargemacht, dass sie mich keinesfalls als Batman haben wollten. Aber Tim hat zu mir gehalten und sich durchgesetzt. Es war aber auch in anderer Hinsicht eine schwierige Zeit für mich. Ich stand kurz vor der Trennung von meiner damaligen Frau (mit der Schauspielerin Caroline MacWilliams war er von 1984 bis 1990 verheiratet, Anm. d. Red). Wir hatten einen kleinen Sohn zusammen (Sean, heute 41 Jahre alt, Anm. d.Red), den ich wochenlang nicht an mein Herz drücken konnte, weil wir in England drehten. Es war ein hoher persönlicher Einsatz, der sich dann aber doch gelohnt hat.“
Nach dem „Batman“-Hype suchte Keaton sich ganz bewusst Filme aus, in denen er seine Vielseitigkeit als Schauspieler zeigen konnte. Wie zum Beispiel in der Shakespeare-Verfilmung „Viel Lärm um nichts“ von Kenneth Branagh, im Kult-Krimi „Jackie Brown“ von Quentin Tarantino und in Steven Soderberghs Krimikomödie „Out of Sight“. Ende der 90er-Jahre wurde es dann etwas still um Keaton. Zwar drehte er immer noch jedes Jahr mindestens einen Film, konnte aber nicht mehr an seine großen Erfolge anknüpfen. „Ein Hollywoodstar zu sein fühlt sich gut an – für ein paar Wochen vielleicht“, meint er leicht ironisch. „Hatte ich einen Hit am Start, rollten sie mir in Hollywood überall den roten Teppich aus. War mein nächster Film ein Flop, haben mich dieselben Leute, die mich gerade noch hofierten, nicht einmal mehr gegrüßt. Ich habe mich bei den Power-Play-Karriere-Spielchen jedenfalls nie wohl gefühlt. Als Schauspieler muss man sich mit der Zeit eine dicke Haut zulegen. Denn es gibt immer Leute, die wollen dich herunterziehen oder sogar fertig machen, ganz egal, was du machst. Ich habe ihnen allerdings nie so viel Macht über mich gegeben, dass mich ihre Urteile aus der Bahn geworfen hätten. Ich habe bei jedem Dreh immer mein Bestes gegeben – auch bei den lausigen Filmen. Das bin ich meinem Arbeitsethos schuldig.“
Das jüngste von sieben Kindern
Nach einer langen Durststrecke hatte Michael Keaton dann 2014 ein glänzendes Comeback, das ihm sogar eine Oscar-Nominierung als „Bester Hauptdarsteller“ einbrachte: In Alejandro González Iñárritus Drama „Birdman“ spielte er einen ehemaligen Superhelden-Darsteller, der nach seinem Karriereabsturz am Boden liegt und versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Klingt fast so, als wäre da sein Leben verfilmt worden … Er lacht: „Der Film hat schon ein paar sehr seltsame Parallelen zu meiner eigenen Karriere. Dabei habe ich all die Jahre nichts anders gemacht als zuvor. Ich habe wie immer sehr hart gearbeitet. Allerdings ohne großen Erfolg. Seit ein paar Jahren ruft man mich wieder an. Und die Rollen, die sie mir jetzt anbieten, sind oft viel besser als früher.“ Ein gutes Bespiel dafür ist das TV-Serien-Drama „Dopesick“ (2021), das sich sehr kritisch mit der in den USA immer noch grassierenden Opioid-Epidemie auseinandersetzt. Keaton spielt darin einen Arzt, der die fatalen Wirkungen des Schmerzmittels OxyContin anprangert und die Hersteller, die das Mittel entgegen besserem Wissen trotzdem weiter vertreiben, vor Gericht bringt. Für diese Rolle wurde er mit dem Golden Globe und dem Emmy als „Bester Hauptdarsteller“ ausgezeichnet.
In Bluejeans, schwarzer Steppjacke, schwarzem T-Shirt und weißen Sneakers sieht der etwas über 1,70 Meter große Michael Keaton fast wie ein Jockey oder Golflehrer aus: sportlich, schlank, drahtig. Im Interview wirkt er etwas linkisch und verschroben. Er sucht nur kurz Augenkontakt. Meist schaut er einen beim Reden aus den Augenwinkeln an. Wenn er über den Film spricht, ist seine Stimme fest, die Gesten sind ausladend. Geht es ins Private, wird er leise und seine Körpersprache signalisiert: Achtung, nicht zu viel preisgeben! Trotzdem ist er freundlich und offen. Und wenn er will, sogar charmant.
Michael Keaton gehört nicht zu den Ladies-Men von Hollywood. Seine Dating-History ist überschaubar. Nach seiner Scheidung war er mit Michelle Pfeiffer (die Catwoman aus „Batmans Rückkehr“) zusammen und von 1989 bis 1995 mit der „Friends“-Darstellerin Courteney Cox. Seit 2016 ist er in einer festen Beziehung mit Marni Turner, die er in Los Angeles einfach auf der Straße ansprach, weil er von ihrer Schönheit so beeindruckt war.
Michael Keaton, der eigentlich Michael John Douglas heißt, wurde 1951 in der Kleinstadt Coraopolis, Pennsylvania, geboren. Er ist das jüngste von sieben Kindern. „Ich komme aus der Arbeiterklasse, müssen Sie wissen. Meine Eltern haben uns in einem Kaff nahe Pittsburgh unter großen finanziellen Schwierigkeiten großgezogen. Mein Vater hatte eigentlich immer zwei Jobs zugleich. Das hat mich natürlich geprägt. Ich habe zum Beispiel sehr großen Respekt vor hart arbeitenden Menschen. Vor Menschen mit Herzensbildung.“ Und diese Herzensbildung hat Michael Keaton auch in seine Arbeit eingebracht. Spricht man mit Kollegen, die mit ihm zusammen vor der Kamera standen, wie Winona Ryder, Emma Stone oder George Clooney, erinnern die sich vor allem an die unbändige Energie und Lebensfreude, mit der Keaton stets ans Set kam, und an seine menschliche Wärme und Bescheidenheit.
„In der Filmbranche Mensch geblieben“
Es gibt aber eine Sache, die Michael Keaton wurmt, seit er professionell als Schauspieler arbeitet: dass er mit einem falschen Namen zum Hollywoodstar wurde. Die Schauspielergewerkschaft Screen Actors Guild verbietet nämlich ihren Mitgliedern, dass sich zwei Schauspieler mit demselben beruflichen Namen eintragen. Also konnte er seinen Geburtsnamen Michael Douglas nicht verwenden, denn der war schon besetzt – von einem gewissen Michael Douglas, dem späteren Oscargewinner in „Wall Street“. Dem „People“-Magazin verriet Michael Keaton vor Kurzem, dass er künftig bei seinen professionellen Projekten als Michael Keaton Douglas firmieren würde.
Abgesehen davon hat Keaton die Höhen und Tiefen seiner Schauspielkarriere ohne große Blessuren überstanden, weil er, wie er sagt, seinen Glauben an sich nie verloren hat. „Ich bin in dieser verrückten Filmbranche immer Mensch geblieben.“ Und mit einem scheuen Lächeln meint er noch: „Eigentlich bin ich eine ehrliche Haut!“ So gern er auch als Schauspieler arbeitet, das Wichtigste in seinem Leben war und ist seine Familie. Sein Sohn Sean bestätigt das nur allzu gern: „Mein Vater hat sich immer sehr liebevoll um mich gekümmert, als ich Kind war. Heute ist er mein bester Freund. Und für meine beiden Kinder der beste Großvater, den man sich nur wünschen kann.“
Wenn er nicht für Dreharbeiten unterwegs ist, lebt Michael Keaton Douglas am liebsten auf seiner Ranch in Montana, umgeben von vielen Rindern. Züchtet er etwa in seiner Freizeit Rinder? „Nein, ich verpachte sie an meine Nachbarn. Ich habe weder die Zeit noch das Know-how für die Rinderzucht. Allerdings bin ich sehr in die Art und Weise involviert, wie die Tiere aufgezogen werden. Mir liegt viel an artgerechter Haltung. Ich habe schon von jeher ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein. Lange bevor es in war, grün zu sein. Als ich diesen Flecken Erde vor Jahrzehnten kaufte, wusste ich gleich: Hier bist du Zuhause. Ich hatte schon immer ein Faible für den Westen, für das Weite, Ursprüngliche, Unberührte. Es ist doch so schön, im Einklang mit der Natur zu leben.
Früher haben mich viele meiner Freunde ausgelacht, wenn ich zum Fliegenfischen gegangen bin. Jetzt lacht keiner. Im Gegenteil. Heute fragen sie mich, ob ich es ihnen beibringen kann.“