In Bologna in der Toskana atmen Besucher Geschichte pur. Neben den kulturellen Highlights gibt es auch für Genießer und Motorsport-Fans einiges zu entdecken.
Sieben Millimeter soll, ja muss sie breit sein, die Tagliatelle. Das Schneiden der frischen Pasta-Teigrolle ist noch die leichteste Übung, den Bogen hat man schnell raus. Zuvor muss der Pastateig zubereitet werden. Das ist schon schwieriger. Ein Mitmach-Kochabend im „Il Salotto di Penelope", dem Wohnzimmer Penelopes sozusagen, in Bologna, der Hauptstadt der norditalienischen Region Emilia-Romagna. Mein Teig hat nicht die richtige Konsistenz und da muss Barbara, unsere Lehrerin, nacharbeiten. Das war schließlich meine erste Frischpasta-Produktion. Am Ende lagen die geschnittenen Sieben-Millimeter-Bändchen fein säuberlich auf dem Tisch, bevor sie dann im kochenden Wasser versanken und dann später die Sauce aufnahmen. Unterdessen bereitet Barbara das Ragù alla Bolognese zu, jene weltberühmte Sauce und Mutter aller Pasta-Saucen.
Gutes Essen gibt es bekanntermaßen in ganz Italien, die Emilia-Romagna hat natürlich mehr zu bieten als Pasta und Ragù. Den Parmaschinken, die Mortadella mit ihren sichtbaren Einlagen, den echten Balsamico von Modena, die Tortellini und den Parmigiano Reggiano, den weltberühmten Hartkäse.
Bologna liegt im Schatten des toskanischen Florenz, jener Wiege der Renaissance, die etwa 80 Kilometer entfernt südlich liegt. Bologna mit knapp 400.000 Einwohnern braucht sich aber nicht zu verstecken. Es ist nicht so überlaufen, gleichwohl im Sommer ein Touristenmagnet mit viel Trubel. Also besser im Herbst hin oder im April/Mai.
Schiefe Türme als Wahrzeichen
Die Innenstadt ist überschaubar und gut zu erkunden. Besonders an Geschichte Interessierte sollten aber einen ganzen Tag einplanen. Start ist auf jeden Fall immer die Piazza Maggiore. Unübersehbar und das Wahrzeichen schlechthin sind die beiden schiefen Türme „Garisenda" mit 48 Meter Höhe und der „Asinelli" mit fast 100 Meter Höhe. Von oben belohnt einen nach mühsamem Aufstieg über rund 500 Holzstufen ein faszinierender Blick über die Stadt und Po-Ebene. Bologna wird oft mit „Die Gelehrte, die Rote, die Fette" beschrieben. „Die Gelehrte" daher, weil hier Europas älteste Universität steht, „die Rote" verdankt sie den rötlichen Gebäuden und „die Fette" steht für die opulente, exzellente Küche der Region. Viele sehen in Bologna das kulinarische Zentrum Italiens.
Auffallend sind die Arkaden, knapp 40 Kilometer sind es. Sie wurden von der Unesco zum Weltkulturerbe geadelt, die Bogengänge atmen Geschichte pur, verdichten die Stadt und prägen die urbane Identität. Ein „Muss" ist der längste Säulengang der Welt mit 3,7 Kilometer Länge hinauf zur Kirche der „Allerheiligsten Madonna von San Luca" („Santuario della Madonna di San Luca"). Dier Wallfahrtskirche thront etwas außerhalb auf einem Hügel in 300 Metern Höhe. Von oben hat man einen prächtigen Ausblick auf Bologna und weit darüber hinaus. Man kann den gesamten Säulengang zu Fuß zurücklegen, es geht aber auch weniger schweißtreibend mit dem Auto oder Bus hinauf. Abends bei Sonnenuntergang, sagt unsere Stadtführerin, soll der Blick besonders schön sein.
Besuch in einer der zahlreichen Käsereien für den Parmigiano Reggiano. Rund 20 Beschäftigte zählt dieser Betrieb der landwirtschaftlichen Kooperative Bonlatte in Castelfranco (Modena). Kräftige Männer rühren hier mit schwerem Gerät in den innen mit Kupfer ausgekleideten, edelstählernen Bottichen, viel Handarbeit und viel Wasser sind nötig, bis die Laibe fertig für die Reifehallen sind. Gut 13 Liter Milch sind für ein Kilo Käse nötig. Jeder Laib wiegt etwa 42 Kilogramm und wird mit Hebewerkzeugen transportiert. In den Reifehallen liegen etwa 30.000 Laibe im Gesamtwert von etwa zehn Millionen Euro. Die Reifezeit dauert mindestens ein Jahr, in der Regel 18 bis 24 Monate.
Aceto Balsamico di Modena, also Balsamico-Essig, auch das ist ein Aushängeschild der Region. Was dort etwa in der Manufaktur Acetaia Villa San Donnino hergestellt wird, hat mit dem BalsamicoEssig für wenige Euro in den Supermärkten nichts zu tun. Der kleine Familienbetrieb verarbeitet seine direkt vor der Manufaktur wachsenden Trauben – es dürfen nur sieben vorgeschriebene Traubensorten zum Modena-Balsamico angebaut und verarbeitet werden. Die Moste lagern bis zu zwölf Jahre in Eichenholzfässern. Abgefüllt wird der original Balsamico in den bauchigen, kleinen Flaschen. San Donnino-Inhaber Davide Leonardi füllt jährlich rund 3.000 Flaschen ab, die aber auch ihren Preis von bis zu 40 Euro für 100 Milliliter haben. Produziert werden jährlich auch etwa 10.000 Flaschen helle Condiments, die sechs Jahre im Holzfass reifen.
Ein neues Image für den Lambrusco
Der in der Region wachsende Lambrusco, hierzulande immer noch oft als süßlicher Billigschaumwein für klamme Studenten verschrien, kämpft um einen besseren Ruf. „Wir haben einen Imagewandel erlebt und den Ruf des Lambruscos verbessert", sagt Sara Brighetti vom Lambrusco-Weingut Cleto Chiarli in Castelvetro. Lambrusco gibt es natürlich immer noch als Schaumweine, aber auch – weniger bekannt – als herausragende stille Weine in hoher Qualität: Eine Weinprobe mit Sara verhilft uns zu neuen Lambrusco-Erfahrungen und -einschätzungen.
Die Heimat edler Genüsse ist indes auch ein Eldorado für Motor- und Autoliebhaber: Ferrari in Modena, Lamborghini in Sant’Agata Bolognese oder die auffallend roten Ducati-Motorräder aus Bologna – alle lassen das Herz aufgehen (die beiden letztgenannten gehören dem VW-Konzern). Eine ganze Reihe von Automuseen in der Region lockt die Besucher. Im Ferrari-Museum in Maranello entsteht die Geschichte der wohl aufregendsten Automarke der Welt mit dem sich aufbäumenden Pferd im Logo, dem „cavallino rampante". Ohne Anmeldung geht dort nichts, der Besucherandrang ist groß, die Zahl der Busse ebenso. Perfekt präsentiert ist die Schau, vom Feinsten. Die Preise im Fan-Shop allerdings sind auch nicht von Pappe.
Mindestens ebenso sehenswert sind das Ducati-Museum und die Produktion der edlen roten Renner: Das meistbesuchte Museum der Emilia-Romagna liegt im Bologneser Stadtteil Borgo Panigale. Legenden des Motorrad-Rennsports sind zu sehen, wie die 900SS des Briten Mike Hailwood oder die 100 Sport. Mit ihr wurden 44 Weltrekorde aufgestellt. Und viele andere Legenden mehr. Ein Fest für den Motorrad-Fan! Der Gang durch die Produktion (Handys bleiben draußen) ist nicht selbstverständlich bei anderen Herstellern – das sollte man nutzen. Man erlebt hautnah die Fertigung der Motoren und die Montage der Bikes. Das hat Atmosphäre!