Mit den Spielen gegen den VfL Osnabrück und den SV Wehen Wiesbaden bieten sich für den 1. FC Saarbrücken die wohl letzten Möglichkeiten, noch einmal ins Aufstiegsrennen zurückzukehren. In Aue gab es trotz einer guten Leistung die nächste Niederlage.
Sieben Spiele, fünf Niederlagen. Der Horror-Start des 1. FC Saarbrücken in das Fußballjahr 2023 ist perfekt. Beim FC Erzgebirge Aue gab es am Sonntag eine 1:2-Niederlage.
Co-Trainer Bernd Heemsoth konnte während der obligatorischen Spieltagspressekonferenz vor dem Auftritt in Sachsen nur das wiederholen, was sein grippekranker Chef Rüdiger Ziehl schon einige Wochen vorher erklärt hatte: „Hinterher ist man immer schlauer.“
Kein anderes Team der 3. Liga ist so von Verletzungspech und sonstigen Ausfällen gebeutelt wie der 1. FC Saarbrücken. Vor dem Auswärtsspiel fuhren die Saarländer defensiv sprichwörtlich auf der letzten Rille. Bjarne Thoelke, schon aufgrund seines Potenzials unverzichtbar, hangelt sich seit drei Monaten von einer Gesichtsverletzung zur nächsten. Neben einer Schutzmaske spielt er neuerdings auch mit Zahnspange. Boné Uaferros Knöchel macht seit dem Elversberg-Spiel Probleme, sein Einsatz in Aue stand bis kurz vor Anpfiff auf der Kippe. In die Liste der Verletzten reihte sich dann auch noch Pius Krätschmer ein. Der leistungsmäßige Einbruch nach der Winterpause hängt unwiderlegbar mit den personellen Problemen zusammen. Doch im Erzgebirge sah der FCS lange Zeit wie eine Spitzenmannschaft aus, führte durch den Distanzschuss des Ex-Auers Calogero Rizzuto zur Pause mit 1:0. Danach hatte das Team viel Ballbesitz, verlor aber zu oft die entscheidenden Zweikämpfe. Kurz nach dem Wechsel erzielte Dimitri Nazarov den Ausgleich, nachdem Kasim Rabihic das Dribbling übertrieb und der FCS anschließend mehrere Zweikämpfe verloren hatte. „Da müssen wir das Spiel unterbrechen, dann fällt das Tor nicht“, sagte der als zentraler Mann in die Dreierkette zurückgekehrte Kapitän Manuel Zeitz.
Mannschaft stellt sich von selbst auf
Danach überbot sich der FCS in Unzulänglichkeiten – vor allem vorne. Drei Riesenchancen ließen die Blau-Schwarzen liegen, um dann durch einen Sonntagsschuss von Toni Jonjic gut zehn Minuten vor dem Ende den zweiten Gegentreffer zu kassieren. „Wir hätten das Spiel gewinnen müssen. Wir haben es hinten eigentlich gut verteidigt, aber vorne müssen wir mehr Tore machen“, forderte Kapitän Zeitz.
Nicht nur hinten drückt der Schuh, auch vorne passiert zu wenig. Das hat Gründe. Die Transferbilanz seit Sommer 2021 ist erschreckend. Und im Sommer 2022, als Ex-Trainer Uwe Koschinat lautstark die Verpflichtung von Unterschiedsspielern ankündigte, wären Geld und Zeit dagewesen, die Innenverteidigung und den Angriff von Grund auf zu sanieren. Doch es passierte nichts. Die Verträge mit den menschlich und sportlich wertvollen, aber gesundheitlich immer wieder mal angeschlagenen Thoelke und Uaferro wurden verlängert, dazu die Hoffnung geäußert, Steven Zellner würde wieder fit werden. Die Realität im Spätwinter 2023 zeigt aber, dass die schlimmsten Befürchtungen wahr geworden sind. Die 1:2-Niederlage in Aue mit einer personellen Notbesetzung ist die Konsequenz. Nach fünf Niederlagen aus sieben Spielen im Jahr 2023 ist der Aufstiegszug erst einmal abgefahren. Will der FCS noch einmal nach oben schauen, muss er am Samstag zu Hause gegen die formstarken Osnabrücker und eine Woche später in Wiesbaden gewinnen. Mit dem vorhandenen Personal wird das allerdings schwer – nicht nur in der Defensive. Ziehl kann eigentlich kaum auf Formschwankungen reagieren. „Wer bei uns halbwegs körperlich fit ist, muss spielen. Wie man drauf ist, spielt keine Rolle“, sagte ein Führungsspieler, als die Notizblöcke schon zu waren.
„Hinten dicht und vorne treffen“
Die Hoffnung, dass Koschinats „Königstransfer“ Julius Biada die Offensive im neuen Jahr dauerhaft beleben kann, schwindet von Woche zu Woche. Nach einem Startelfeinsatz in Dortmund meldete sich der Kreativspieler abermals mit muskulären Problemen ab. Kasim Rabihic, ein eigentlich erfahrener Akteur in dieser Liga, vermittelt den Eindruck, immer etwas Besonderes machen zu wollen. „Hinten dicht stehen und vorne das Tor treffen. So gewinnt man in der 3. Liga Spiele“, sagte Zeitz. Noch ist es zu früh, die Saison abzuschreiben, aber die Lehren, die gezogen werden müssen, sind offensichtlich. Koschinats Ankündigung im Frühsommer 2022, man wolle „mehr Spieler verpflichten, die 30 Spiele pro Saison machen können“, war ein Flop. Der anstehende Umbruch ist unabhängig von der Ligazugehörigkeit alternativlos – zwei Drittel des Kaders sind ohne Vertrag für die kommende Saison. „Jünger, schneller und belastbarer“, hat Ziehl als Marschroute für die kommende Transferperiode ausgegeben, die er gemeinsam mit dem neuen Trainer angehen wird. Über den Stand der Gespräche hüllen sich die Verantwortlichen in Schweigen. Als aussichtsreiche Kandidaten gelten derzeit Rüdiger Rehm (zuletzt Ingolstadt), der Ex-Zwickauer Joe Enochs und der kürzlich in Sandhausen freigestellte Alois Schwartz.