An der schönen Donau entlang führt einer der beliebtesten Radwege. Die mehrtägige Tour von Passau nach Wien ist ein sehr romantischer Abschnitt mit einer verwunschenen Landschaft. Die Strecke eignet sich auch für Anfänger.

Die perfekte Radreise gibt es wahrscheinlich nicht. Doch! Der Donauradweg von Passau nach Wien, wenn es der Wettergott gut meint. Aber der Reihe nach: Bei unserer Radreise, gebucht bei einem deutschen Discounter, gönnen wir uns etwas Service: Unser Gepäck wird transportiert, die Hotels sind vorgebucht. Das Organisatorische erledigen also andere. Der Veranstalter gibt auch die erfahrungsgemäß schönste Route vor und die Informationsmappe zur Strecke ist detailliert genug, sodass wir uns nie in großem Stil verfahren. Die Option des GPS-Downloads der Route auf ein Navigationsgerät haben wir nicht genutzt. Alles, was wir nach unserer Ankunft am Startpunkt in Passau an unseren Etappenzielen Schlögen, Linz, Grein, Emmersdorf, Krems und Wien entscheiden müssen, ist, in welchem Restaurant wir zu Abend essen.
Mehrmals über den Fluss rüber
Es ist wohl nicht übertrieben, den Donauradweg als die Mutter aller europäischen Flussradwege zu bezeichnen. Er führt durch acht Länder: Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien und Rumänien – auch wenn wir von Passau nach Wien lediglich zwei davon befahren. Die Donau ist insgesamt etwa 2.850 Kilometer lang und ist damit der zweitlängste Fluss in Europa und rund 1.000 Kilometer länger als der Rhein. Die insgesamt 120 Zuflüsse, von denen 34 schiffbar sind, bilden ein dichtes, weitverzweigtes Wasserstraßennetz.
Das von uns gewählte Teilstück des Donauradwegs zwischen Passau und Wien ist ausgezeichnet ausgebaut. Gelegentlich fährt man auf Schotterwegen und für wenige Kilometer auch entlang befahrener Straßen, ansonsten geht es praktisch immer auf asphaltiertem Untergrund voran. Der Radweg verläuft größtenteils auf beiden Seiten der Donau, die mitgelieferte Streckenkarte schlägt immer den landschaftlich reizvolleren Teil vor.

Während der gesamten Reise überquert man die Donau mehrmals, über Brücken oder mit der Fähre. Die kleineren bemannten Fähren können meist per Glocke herbeigerufen werden. Der Fährmann hilft beim Boarding mit den Rädern und gibt freundlich Auskunft zur Strecke oder empfiehlt gute Einkehrmöglichkeiten in der nahen Umgebung. Die durchschnittlichen etwa 3 Euro für die Überfahrt – anstatt der Brücke – sind es wert. Die entschleunigte Art der örtlichen Fährleute ist angenehm, und die Überfahrt bietet eine besondere Möglichkeit, die müden Beine auszuruhen.
Grundsätzlich positiv fällt auf, dass die Menschen entlang der Strecke ein entspannt-freundliches Verhältnis zu den Radtouristen haben, auch wenn der Radweg in der Hochsaison bisweilen spöttisch als „Autobahn für Radler“ bezeichnet wird – kein Wunder bei jährlich 680.000 Radfahrern zwischen Passau und Wien. 26 Prozent davon sind laut der Gästebefragung des Tourismusbüros von Niederösterreich Radtouristen, die einen mehrtägigen Aufenthalt planen. Subjektiv gesehen tun diese Massentourismuszahlen also der Freundlichkeit, die uns auf der Tour entgegengebracht wird, keinen Abbruch.
Ein gutes Beispiel: Nach etwa 60 Kilometern Tagesfahrt und Ankunft in Grein stellen wir erschöpft fest, dass die letzten fünf Kilometer zum Hotel durchweg steil bergauf gehen. Den kostenpflichtigen Kleintransporterservice, den das Hotel vom Flusstal auf den Berg anbietet, haben wir gerade verpasst. Ein Anruf im Hotel, wann die nächste Fahrt sein würde, wird mit einem freundlichen „Der Chef kommt gleich“ beantwortet. Der Chef kommt schnell und transportiert uns und unsere Räder ohne Bezahlung. Das ist Kundenfreundlichkeit auf höchstem Niveau.
Das Landschaftsbild entlang der Donau ist erstaunlich abwechslungsreich und fast immer malerisch. Oft fährt man so dicht am Fluss entlang, dass man das Wasser und die Wellen rauschen hört. Bei mittleren Wasserständen schwankt die Strömungsgeschwindigkeit zwischen drei und zehn Kilometern pro Stunde. Ist man auf dem Donauradweg erst einmal losgefahren, wird einem schnell klar, warum dieser Radweg so populär ist. Der Radfahrerblick schweift über wilde Wiesen, dann vorbei an Weinreben und Mauern in Südlage. An anderen Abschnitten fährt man durch verwunschene Wälder oder dicht entlang schroffer, kantiger Kalksteinklippen. Schwer zu sagen, welches Teilstück das schönste ist.

Vielleicht ist der reizvollste Abschnitt des Donauradwegs von Passau nach Wien die Wachau. Dieser ganz besonders romantische Abschnitt liegt zwischen den Orten Melk und Krems: Schroffe Felsen, Auen, Wälder und Steinterrassen bestimmen die Landschaft. Die Wachau erhielt das Europäische Naturschutzdiplom des Europarats und ist als Unesco-Welterbe ausgezeichnet. Die Donau fließt etwa 35 Kilometer durch die Wachau. Badestellen am Fluss gibt es fast überall. Beim Schwimmen sollte man allerdings in Buchten oder Seitenarmen bleiben – wegen der Strömung und des Schiffsverkehrs. Die rege Schifffahrt auf der Donau bringt schon lange ökologische Probleme mit sich, deshalb wird der Fluss seit 2003 an einigen Stellen renaturiert. Das fördert das Wiederaufblühen der Auenlandschaften, in denen sich Tiere und Pflanzen wohlfühlen – auch seltene Arten.
Erstklassige Beschilderung
Neben der Strecke gibt es auffallend viele Obstplantagen: Die Wachau ist „Marillenland“. „Marille“ ist österreichisch für Aprikose. Die Bewohner der Wachau haben viele kreative Wege, wie sie die Marille in den örtlichen Küchen verarbeiten: auf dem Kuchen, als Marmelade oder als Schnaps. Eine dieser wohlschmeckenden Kreationen sollte man bei einer Radlpause probieren.
Fährt man den Radweg in Fließrichtung der Donau, stellt man hauptsächlich in Österreich fest: Hier begleitet den Radfahrer aufgrund der für einen europäischen Fluss einzigartigen West-Ost-Ausrichtung meistens ein angenehmer Rückenwind. Zudem fließt die Donau, wenn auch unmerklich, ein wenig bergab. So rollt man entspannt durch die herrlichen Landschaften entlang des Flusses, was den Radweg auch für weniger Trainierte und Familien mit Kindern attraktiv macht. Hilfreich ist die durchgehend erstklassige Beschilderung – der Donauradweg wird konsequent namentlich gekennzeichnet. Zusätzliche Schilder an einigen Orten informieren über die nächsten Möglichkeiten, das Donau-Ufer zu wechseln, und über die Entfernung zur nächsten Brücke oder Fähre.
Bei unserer Tour Mitte Oktober war von Massentourismus nichts zu spüren. Mit der Handvoll Gruppen oder Familien, denen man auf der Strecke oder beim Frühstück im Hotel wiederholt begegnet, ergeben sich nette Gelegenheiten zum Small Talk und zum Austausch einiger Tipps für unterwegs.

Wir entschieden uns für Leihräder, weil ein Fahrradtransport von Berlin mit der Deutschen Bahn nach Passau körperlich anstrengt und selbst im Herbst ohne monatelange Vorplanung nur schwer machbar ist. Die soliden Markenräder mit Trapezrahmen sind ausgestattet mit 21-Gang-Schaltung und bequemem Sattel. Ohne Aufpreis gibt es dazu zwei Sattel- und eine Lenkertasche. Beruhigend zu wissen: Bei einem technischen Problem am Rad, nach einem abendlichen Anruf über das von 8 bis 20 Uhr besetzte Servicetelefon, taucht gleich am nächsten Morgen ein gut gelaunter junger Mann im Hotel auf und behebt den Schaden.
Auch die Qualität der Hotels plus des inklusiven Frühstücks war ohne jegliche Beanstandung, gefühlt zwischen drei und vier Sternen. Allerdings ist schwer vorstellbar, dass dieses Niveau in der Hauptsaison für die große Zahl der Radler dann durchweg gehalten werden kann. Wenn man bei unserer fast perfekten Radreise doch noch einen Kritikpunkt finden will, ist das ein Meckern auf hohem Niveau: Die letzte vom Reiseveranstalter geplante Etappe von Krems nach Wien, nach fünf Tagen Radfahren in den Knochen, war mit 81,7 Kilometer ein dicker Brocken. Für Freizeitradler jedenfalls. Doch die Erinnerungen an die Schönheit der Reise lassen die schmerzenden Beine – und andere Körperteile – schon am ersten Tag im wunderschönen Wien wieder vergessen.