Nach einer schmerzhaften Niederlage hat Jürgen Doberstein die Kontrolle über seine Karriere selbst übernommen. Bei Senad Gashi war das nie anders. Beide Boxer steigen bei der „Ursapharm Fight-Night" am 29. Oktober in Kleinblittersdorf in den Ring.
Ein bisschen Stolz klingt durch: „Das ist meine erste eigene Veranstaltung", sagt Jürgen Doberstein und kann dabei seinen Stolz nicht verbergen: „Ich habe ein paar Leute an meiner Seite, die mich unterstützen, aber es ist nicht mehr so wir früher, als ich mit Promotern und Managern zusammengearbeitet habe." Bei seinem Boxevent, der am 29. Oktober in der Sporthalle seiner Heimatgemeinde Kleinblittersdorf ausgetragenen „Ursapharm Fight-Night", steht der 33-jährige Supermittelgewichtler auch selbst im Ring. Gegen wen er antritt, wird erst wenige Tage vor dem Kampf veröffentlicht. Fest steht, dass mit Senad Gashi aus Zweibrücken ein weiteres regionales Box-Schwergewicht vor etwa 1.000 Zuschauern in den Ring steigen wird. Fest steht auch, dass am 15. Oktober in der Europa Galerie ein öffentliches Training von Doberstein stattfinden wird. Der Kartenvorverkauf läuft bereits, Tribünen-Tickets sind bei Tabak Birster in Kleinblittersdorf erhältlich und Tickets für Plätze am Ring sowie VIP-Bändchen können per E-Mail an dobersteinboxing@gmail.com bestellt werden.
Die Organisation von Events wie diesem ist nicht das einzige, was Jürgen Doberstein in jüngster Vergangenheit umgestellt und selbst in die Hand genommen hat. Der gebürtige Kasache ist rund zehn Monate auch sein eigener Cheftrainer. Genauer gesagt nach seiner Niederlage vor einem Jahr gegen Daniele Scardina in dessen Heimat in Italien. „Das ist schon länger her und spielt für mich keine Rolle mehr", sagt er dazu und ergänzt: „Ich habe seitdem mein ganzes Team verändert und habe selbst die Verantwortung für meinen Trainingsplan übernommen – auch im athletischen Bereich." Als erste Bestätigung für diese Entscheidung sieht er seinen klaren Sieg gegen Ivan Sakic Anfang Juli in Koblenz – allerdings war es laut Boxrec.com Sakics 42. Niederlage im 43. Profikampf.
Als sein eigener Cheftrainer bestimmt Doberstein selbst, welche Inhalte er alleine umsetzt und wann er einen anderen Coach zurate zieht. „Ich habe in meinem Leben schon mit sehr vielen Spezialisten zusammengearbeitet: Mit Athletiktrainern, Ernährungsberatern und auch schon mit Weltklasse-Boxtrainern", erklärt der Kleinblittersdorfer und stellt klar: „Jetzt ist es so, dass ich mir einfach von allem das Beste herauspicke und so kombiniere, wie es am besten zu mir passt. Dabei braucht sich dann keiner mehr einzumischen." Trotz der organisatorischen Aufgaben im Vorfeld kann sich Doberstein voll und ganz auf das Sportliche konzentrieren. „Ich fühle mich sehr gut, werde aber vor dem Kampf im Training noch eine Schippe drauflegen", sagt er.
Das gilt sicher auch für Senad Gashi. Der 32-jährige Boxer aus Zweibrücken wird im Rahmen der „Ursapharm Fight-Night" in der neuen Gewichtsklasse „Bridgerweight" (90,7 Kilo bis 100 Kilo), die zwischen Cruiser- und Schwergewicht angesiedelt ist, gegen den früheren Kickbox-Weltmeister Toni Thes boxen. Auf den Kampf in Kleinblittersdorf vorbereitet hat sich der 32-Jährige unter anderem in Marbella und Gibraltar. „Auf einem Sparringstag, zu dem ich eingeladen wurde, habe ich dem gibraltischen Champ die Nase gebrochen. Es läuft also ganz gut bisher", findet Gashi. Über seinen kommenden Gegner Toni Thes, der als Boxprofi in 34 Kämpfen 19 Siege, 13 davon durch K.o., vorzuweisen hat, sagt er: „Boxer, die eine gute K.-o.-Quote haben, haben meistens selbst kein so gutes Kinn. Ich dagegen bin genetisch gesegnet und habe eins." Wenn es also Schlag auf Schlag abgehe, „worauf ich aus bin – ich will den Leuten ja ein Spektakel bieten – wird der Kampf ganz schnell vorbei sein."
Mittlerweile ist Jürgen Doberstein sein eigener Trainer
Wenn er sich nicht gerade auf seinen nächsten Kampf vorbereitet, stellt Gashi seit einiger Zeit auf seinem eigens dafür eröffneten Youtube-Kanal „Ringfluencer" Gyms vor, also Fitnessstudios, die er weltweit besucht. „Ich möchte Leuten die Angst vor Gyms nehmen", sagt er dazu: „Viele denken, wenn sie in ein Box-Gym gehen, sind dort nur finstere Typen, und es gibt gleich eine Schelle. Mit meinen Videos möchte ich allen Menschen genug Selbstvertrauen geben, um einfach mal dort vorbeizuschauen und um sie zum Sport zu bewegen." Die positiven Rückmeldungen bestärken ihn bei seiner Mission: „Manche schreiben mir: ‚Danke, du hast mein Leben verändert. Boxen ist das Geilste auf der Welt.‘ Menschen auf so eine Art zu helfen, ist das Krasseste, was du machen kannst", findet er: „Da fangen einige nur wegen meiner Fotos und Videos mit dem Sport an, finden neue Freunde und werden vielleicht die nächsten Champions. Für mich ist das sehr erfüllend und ein großer Mehrwert im Leben. So kann ich meine Reichweite sinnvoll nutzen." Einmal wurde er in einem Gym von einem Mann angesprochen mit den Worten: „Hey, are you …" „Und ich dachte, er sagt jetzt: ‚The Boxer Senad Gashi.‘", erzählt Gashi: „Aber er sagte: ‚Are you the Ringfluencer?‘ Das hat mich voll stolz gemacht und mich motiviert, damit weiterzumachen."
Geld verdient er mit dieser Tätigkeit nicht. Aber auch darin, sein Leben mit einem monetären Mehrwert zu bereichern, ist Senad Gashi ganz gut. Der Mann, der über eine Million Follower bei Instagram hat und damit – auch ohne großen Titel – online weltweit zu den meistgeklickten aktiven Boxern zählt, konnte sich selbst schon immer gut vermarkten. So ist er, der sieben Sprachen spricht und zweitweise in Marbella und Dubai lebte, das offizielle Werbegesicht seiner Sportart von Sportartikel-Hersteller „adidas". Zuletzt war „The GachineGun" ein Jahr lang als Geschäftsführer (COO, Chief Operating Officer) des Traditions-Boxstalls Universum am Hamburger Fischereihafen tätig. Angefangen hatte er dort als Sparrings-Boxer. Inzwischen plant er zusammen mit dem Unternehmen Sat. Schadensmanagement, Efrem Oeder und Manager Tolga Beken, ein großes Gym im Saarland oder in Zweibrücken aufzubauen. „Das exklusivste im ganzen Südwesten Deutschlands", wie es Gashi formuliert: „Ich bin einfach ein Tausendsassa. Ich kann nicht nur eine Sache machen, sondern muss immer was am Laufen haben."
Das weiß auch „Ursapharm Fight-Night"-Organisator Jürgen Doberstein: „Es freut mich sehr, dass Senad an diesem Abend dabei ist. Wir sind beide viel unterwegs, auch im Ausland, und ich finde es sehr cool, dass wir nun zusammen auf einer Veranstaltung boxen", sagt er und ergänzt: „Bei meiner eigenen Veranstaltung gemeinsam mit anderen Profis aus der Region zu boxen, war immer schon ein großer Wunsch von mir." Den hat er sich nun selbst erfüllt.