Sie sollen wie das Original riechen, dabei aber nur einen Bruchteil davon kosten. Die Rede ist von Parfum Dupes. Doch so einfach, wie es anfangs erscheint, ist es mit den Duftzwillingen nicht.

Vor allem dank des Hypes in sozialen Medien wie Instagram oder Tiktok sind die sogenannten Duftzwillinge, die häufig auch als „Parfum Dupes“, abgeleitet vom englisch Wort „Duplicate“, bezeichnet werden, in aller Munde. Dabei gilt es zu bedenken, dass es sich bei den Duftzwillingen nicht um illegale Fälschungen handelt, die allein schon mit ihrem Äußeren wie Verpackung und Flakon und dem gestohlenen Markennamen den Verbraucher täuschen möchten. Vielmehr handelt es sich um legale geruchliche Imitate bekannter Luxus-Düfte mit gänzlich anderer Optik und einem eigenen, sich deutlich vom Original unterscheidenden Namen. Dupes werden im Unterschied zu den verbotenen Plagiaten dermatologisch getestet, sind also gesundheitlich ebenso unbedenklich wie die kopierten Vorbilder. Sie sind wegen ihres günstigen Preises, der sich in der Regel um die zehn Euro bewegt, längst fester Bestandteil im Sortiment von Discountern und Drogerieketten, werden aber auch online von renommierten Duftversendern, spezialisierten Duftzwillinge-Portalen oder den Herstellern wie L’Arisé, Eclat, Ajmal oder La Rive angeboten.
Längere Haltbarkeit der Herznote bei Originalen
Was auf den ersten Blick für die Dupes zu sprechen scheint, ist der im Vergleich zu den Originalen deutlich niedrigere Preis. So könnte man sich für kleines Geld ein großes Repertoire an ansonsten in der Menge kaum erschwinglichen Düften zulegen, die den Originalen häufig ziemlich nahekommen. Das Ganze erinnert verdächtig stark an die Fast Fashion, bei der Luxusstücke mit in der Regel deutlich minderwertigeren Materialien in Massenproduktion nachgeahmt werden. Ob man diese Dupes wirklich braucht oder kaufen sollte, dürfte daher vor allem eine Frage des persönlichen Qualitätsanspruches sein. Der zu schmale Geldbeutel kann als Argument hingegen kaum akzeptiert werden, weil ein gutes Parfum ja kein schneller Konsumartikel ist, sondern sich der Inhalt doch eine geraume Zeit verwenden lässt. Dupes sind in der Regel Blender, die innerhalb der sogenannten Duftpyramide mit ihrer das Original im besten Fall perfekt nachahmenden Kopfnote überzeugen können. Diese beginnt sich allerdings wie bei allen Parfüms schon nach wenigen Minuten zu verflüchtigen. Danach kommt die Herznote ins Spiel, die schon mehrere Stunden anhaltenden Duft gewährleisten sollte. Und genau ab diesem Punkt geraten die Dupes ins Hintertreffen, weil sie in Sachen Tiefe und Haltbarkeit des Geruchs nicht mit den Originalen konkurrieren können. Sprich der Duft verfliegt deutlich schneller und muss daher bald schon nachgesprüht werden.
Was damit zusammenhängt, dass in den Dupes anstelle von exquisiten natürlichen Rohstoffen aus Kostengründen größtenteils oder komplett synthetische Duftstoffe enthalten sind und zudem der Anteil an Duftölen, der letztlich für die Haltbarkeit des Parfums verantwortlich ist, deutlich niedriger ist als bei den hochpreisigen Originalen. Denn bei der Duftherstellung gilt die Maxime, dass je höher der dem Gemisch aus Alkohol/Ethanol und destilliertem Wasser beigemischte Anteil von Duftölen ist, desto intensiver und hochwertiger ist das Endprodukt. Bei Eau de Cologne liegt der Anteil zwischen zwei und sechs Prozent, bei Eau de Toilette zwischen fünf und 15 Prozent, bei Eau de Parfum zwischen zehn und 20 Prozent, bei Parfum oder Extrait de Parfum zwischen 15 und 40 Prozent. Theoretisch ist es zwar möglich, ein Parfum ausschließlich aus 100 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen zu kreieren, was sich aber aus unterschiedlichen Gründen nicht zuletzt wegen des hohen Preises als ziemlich schwierig erweist, weshalb auch Luxus-Düfte meist aus einer perfekten Melange von natürlichen und synthetischen Stoffen bestehen. Aber ihre Komplexität verdanken beste Parfums vor allem ihren natürlichen Duftrohstoffen.
Die günstigeren synthetischen Duftstoffe werden denn auch neben dem Wegfall aufwendiger Entwicklungskosten und der meist deutlich weniger aufwendigen Flacon-Optik und Verpackung als Hauptgrund dafür genannt, dass Dupes so preiswert angeboten werden können. Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, dass der Flaschen-Inhalt nur einen vergleichsweise kleinen Anteil am Verkaufspreis eines Parfums ausmacht. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte ihn vor einigen Jahren mal auf „etwa drei Prozent“ beziffert. Auf dem Blog „Sommelier du Parfum“ war unlängst nachzulesen, dass bei Düften auf Basis synthetischer Rohstoffe das Parfumkonzentrat nur zwischen einem und vier Prozent zum Gesamtpreis beiträgt, während der Wert bei Parfums mit natürlichen Rohstoffen bei zehn Prozent liege. Im gleichen Blog wurde zudem darauf hingewiesen, dass das Marketing, unter anderem auch für die Entlohnung bekannter Stars als Aushängeschilder, deutlich mehr Kosten für die Edel-Parfum-Hersteller verursacht, dass der größte Batzen des Verkaufspreises jedoch auf die hohen Margen der verschiedenen Vertriebsschienen entfällt.

Umsatz von rund 1,7 Milliarden Euro
Die Marketingkosten können sich die Dupes-Produzenten sparen, weil sie dabei einfach von der Werbung der Original-Hersteller profitieren können. Vergleichende Werbung im Sinne von „Riecht wie …“ ist ihnen ohnehin gesetzlich verboten. Aber genau dieses Problem wird ihnen durch Beiträge in den sozialen Medien gelöst, weil in persönlichen Posts genau diese Aussage getroffen werden kann. Und im Web gibt es inzwischen zudem jede Menge Portale, in denen zu den Original-Düften die jeweils dazu passenden Dupes aufgelistet werden. Da wird beispielsweise „Touch of Woman“ von La Rive als günstige Alternative zu „Black Opium“ von Yves Saint Laurent genannt, für „Alien“ von Thierry Mugler wird zu „Sacrifice“ von Ajmal geraten, für „La Femme Prada“ von Prada zu „N°307“ von Eclat. Selbst bei Aldi, Lidl oder Rossmann wird Verbrauchern weisgemacht, dass sie für kleine Kohle perfekte Äquivalente zu „La vie est belle“ von Lancôme oder „One Million“ von Paco Rabanne erwerben können. Selbst für das berühmteste Parfum der Welt „Chanel No. 5“ gibt es natürlich Duftzwillinge, beispielsweise von Mäurer & Wirtz.
Der Duftmarkt ist ein höchst lukratives Geschäft, in dem 2022 laut statista.com allein in Deutschland ein Umsatz von 1,7 Milliarden Euro erzielt werden konnte. Wobei die meisten Düfte stationär über die Kassen von Parfümerien wie Douglas und Drogerien wie DM oder Rossmann gegangen waren, während der Onlinehandel noch deutlich hinterherhinkt, aber tendenziell aufholt. Meinungsumfragen zufolge spielen Markennamen bei der Hälfte der Verbraucher die wesentliche Rolle beim Einkauf, nur bei einem Drittel der Kunden steht der Preis im Vordergrund. Dank dem vom Portal parfuemerienachrichten.de veröffentlichten Top-Ten-Ranking lässt sich ziemlich genau ablesen, welche Düfte sich Anfang dieses Jahres in der Bundesrepublik in inhabergeführten Parfümerien am besten verkauft haben. Damendüfte: „Coco Mademoiselle“ (Chanel), „Chanel No. 5“ (Chanel), „La vie est belle“ (Lancôme), „Libre“ (Yves Saint Laurent), „Chance – Eau Tendre“ (Chanel), „Miss Dior – Blooming Bouquet“ (Christian Dior), „Alien“ (Mugler), „Chance – Eau Fraîche“ (Chanel), „Donna – Born in Roma“ (Valentino) und „Black Opium“ (Yves Saint Laurent). Herrendüfte: „Bleu de Chanel“ (Chanel), „Sauvage“ (Christian Dior), „Aventus“ (Creed), „Bottled“ (Boss – Hugo Boss), „Terre d’Hermès“ (Hermès), „Allure Homme – Sport“ (Chanel), „Armani Code – Pour Homme“ (Giorgio Armani), „Invictus – Victory Elixir“ (Paco Rabanne), „Scandal Him“ (Jean-Paul Gaultier) sowie „The Scent For Him – Magnetic“ (Boss – Hugo Boss).
Geschlechtergrenzen überwinden
Die genannten Düfte sind nur eine verschwindend kleine Zahl im Ozean der Wohlgerüche, weil die Hersteller jährlich allein in Deutschland rund 200 Innovationen auf den Markt bringen. Nur eine gute Handvoll von Luxusmarken wie Chanel oder Hermès leistet sich noch einen hauseigenen Parfümeur, alle anderen lassen sich ihre Düfte nach mehr oder weniger konkreten Vorgaben von den großen Duftherstellern des Globus wie Coty (Marktführer), Firmenich, Symrise, Givaudan oder International Flavors & Fragrances (IFF) komponieren. Die Resultate werden vor der Lancierung in umfangreichen Zielgruppenanalysen und Tests auf potenzielle Markttauglichkeit überprüft. „Am Ende gewinnt immer das Parfüm, das der Mehrheit gefällt“, so Christine Nagel, Chefparfümeurin des Pariser Traditionshauses Hermès im Gespräch mit der „Welt“, „Das Ergebnis: Viele neue Düfte bringen weniger eigenen Charakter mit, alle ähneln sich irgendwie.“ Christine Nagel merkte zudem an, dass noch immer viele Aromen mit spezifischen Geschlechter-Klischees behaftet seien, holzig-herb für den Mann, süßlich-blumig für die Dame. „Die Geschichte des Parfums Angel von Thierry Mugler hat auch damit zu tun“, so Nagel. „Es ist bis heute ein riesiger Erfolg, und es duftet nach Karamell. Seitdem steckt Karamell in so vielen Frauendüften.“
Um die vor einigen Jahren in den Medien gefeierten sogenannten Nischenparfums mit Serge Lutens als bekanntestem Protagonisten ist es etwas stiller geworden. Doch nach wie vor sind sie bei Kunden, die auf der Suche nach dem Besonderen sind, sehr begehrt, obwohl einige der besten Labels längst von den großen Playern geschluckt wurden. Bei Nischenparfums steht die Kunst im Vordergrund, sie werden von kleinen Marken in vergleichsweise geringer Stückzahl unter Verwendung hochwertiger und hauptsächlich natürlicher Inhaltsstoffen komponiert. Obwohl sie eigentlich als Gegenentwurf zur massentauglichen Konkurrenz konzipiert wurden, hält der Nischenduft-Boom weiter an. Pro Sieben hat für diesen Sommer fünf Nischendüfte als Einkaufstipps empfohlen: „Cocobello“ von Heeley Parfums, „Valaya“ von Parfums de Marly, „Raku“ von Les Bains Guerbois 1885, „Dancing on Goosebumps“ von Emil Élise und „Ambassador for Women and Men“ von Gisada, wobei speziell Letzteres, in der Schweiz beheimatetes Label in jüngster Zeit für reichlich Furore gesorgt hat. Die Auswahl ist natürlich etwas subjektiv und könnte durchaus beispielsweise mit dem Maison Francis Kurkdjian oder der Berliner Duftmanufaktur Birkholz erweitert werden.
Boucheron-Parfüms für den kleinen Geldbeutel

Gerade beim Duft würde es sich eigentlich perfekt anbieten, die gesellschaftlich derzeit allgemein geforderte Überwindung der strikten Geschlechtergrenzen endlich einmal anzugehen. Weil sich Geschmäcker und Duft-Vorlieben beim besten Willen nicht in die gängigen Kategorien Mann und Frau hineinpressen lassen. Zumal schon 2018 laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Mintel 51 Prozent der Düfte Richtung unisex ausgerichtet waren. Nur merkt man davon in den hiesigen Parfümerien mit ihrer unverändert deutlichen räumlichen Trennung von männlichen und weiblichen Düften noch immer bislang wenig. Auch die Hersteller selbst scheinen aus Marketingüberlegungen kaum ernsthaftes Interesse an einer Änderung des Zustandes zu haben. „Dass wir heute überhaupt zwischen Männer- und Frauendüften unterscheiden“, so Christine Nagel gegenüber der „Welt“, „hat auch einfach damit zu tun, dass sich das Angebot in den Kaufhäusern so besser segmentieren lässt.“ Aber, so Nagel weiter: „Ob einem ein Parfüm gefällt, ist keine Frage des Geschlechts. Die Frage ist, ob es einen berührt.“ Ähnlich hatte sich auch der Designer Narciso Rodriguez in einem Interview mit der „Vogue“ geäußert: „Ich glaube nicht an strenge Geschlechtergrenzen, schon gar nicht, wenn es um Düfte geht.“ Selbst sein allererstes Parfum „For Her“ sei seinerzeit unisex angedacht gewesen. Auch wenn die Hommage „For Her“ mit Blick auf die New Yorker Stilikone Carolyn Bessette-Kennedy leider etwas missverstanden worden sei. Als eines der spannendsten genderneutralen Parfums der letzten Jahre gilt übrigens „Memoire d’une Odeur“ von Gucci, mit dem der inzwischen entlassene Chefdesigner Alessandro Michele vor vier Jahren den Beweis antreten konnte, dass sich Exquisites auch ohne festen Hausparfumeur in Zusammenarbeit mit einem ausgewiesenen Duft-Spezialisten wie Alberto Morillas realisieren lässt. Wer bei Duft-Innovationen auf der sicheren Seite stehen möchte, für den dürfte auch weiterhin an Hermès kein Weg vorbeiführen. Für deutlich weniger Geld kann zum Kauf der klassischen Parfums von Boucheron geraten werden.