Ende Januar muss sie abgeschickt sein: die Grundsteuererklärung, auf deren Datenbasis die Grundsteuer gerechter verteilt werden soll. Eine weitere Fristverlängerung ist nicht in Sicht, allenfalls ein kleiner Aufschub. Dabei hätte das Verfahren deutlich einfacher und schneller sein können.
Haben Sie sie schon abgegeben? Falls nicht, wird es langsam Zeit. Ende Januar endet die Frist zur Einreichung der Grundsteuererklärung – aber noch fehlen Millionen an Unterlagen. „Ausgehend von 560.000 zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens liegt die Quote der abgegebenen Erklärungen aktuell bei 48,93 Prozent“, gibt beispielsweise das saarländische Finanzministerium auf Nachfrage an. „Dies entspricht 273.996 Erklärungen insgesamt.“ Der Löwenanteil von 92 Prozent wurde auf elektronischem Wege eingereicht – und hier liegt auch die Krux. Dabei geht es um mehr als das übliche Vor-sich-Herschieben der Steuererklärung.
Denn die relativ hohe Zahl an noch nicht eingereichten Erklärungen liegt nach Meinung von Kritikern unter anderem daran, dass der Prozess unnötig verkompliziert wurde. Denn es gibt längst online verfügbare Daten, die im Grunde automatisch in das Formular übertragen werden könnten.
Die meisten Haus- und Grundstücksbesitzer sind derzeit mit komplizierten Begriffen und Berechnungen konfrontiert: Was bedeutet die Gemarkung? Was ist der Zähler und Nenner? Dass die Begrifflichkeiten eine Rolle spielen werden, war erwartbar. Nicht jedoch, dass bereits online verfügbare Daten nicht automatisch aus den Datenbeständen der Behörden eingetragen werden.
„Wir haben frühzeitig darauf hingewiesen, dass die Daten im Grunde alle in den Behörden vorrätig sind“, sagt Steuerberater Torsten Lüth, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes. Sein Berufsstand ächzt derzeit unter einer Vielzahl von Grundsteuererklärungen, die zusätzlich zur Mehrarbeit nach den vergangenen Jahren der Corona-Pandemie noch abgearbeitet werden müssen – bis Ende Januar. „Die vier Monate Frist zu Beginn und die nun erweiterte Frist auf sieben Monate hätte nur eingehalten werden können, wenn den Steuerpflichtigen die in den Behörden vorhandenen Daten zur Verfügung gestellt worden wären.“
Beispiel Bodenrichtwert: Vorbildlich digitalisiert, können die Grundstückseigentümer diesen mit einigen Mausklicks im Internet klären. Da er ebenso wie Flurstücke oder andere Eckdaten aber bereits zum behördlichen Datenbestand gehört, erschließt sich nicht, warum Privatleute diese Daten nun erneut zusammentragen müssen. Das kostet Zeit und Nerven, nicht jeder kennt sich mit den Begriffen und zugehörigen Onlineportalen aus.
„Es gibt gutes Informationsmaterial und Portale, Checklisten von Steuerberatern, sodass man sich als Bürger grundsätzlich ganz gut zurechtfinden kann. Dennoch gibt es eine Vielzahl von schwierigen Sachverhalten, für die Experten zurate gezogen werden sollten. Nachdem der Finanzminister im Oktober die Frist verlängerte, nahm die Zahl der eingehenden Erklärungen ab. Für mich war klar: Die Eigentümer warten ab, es gibt noch Verunsicherung und es sind fachliche Fragen offen, die noch zu beantworten sind. Meiner Erfahrung nach spiegelt sich dies auch in den Bürgersprechstunden und Hotlines der Finanzämter wider.“ Es geht um Detailfragen, die steuerrechtlich nicht so einfach zu beantworten sind. Nicht zum Wohnraum gehört etwa der Keller – es sei denn, er ist ausgebaut, beispielsweise als Hobbykeller. Und welche Wohnfläche gibt man für Räume mit Dachschrägen oder Gauben an?
Einspruchsfrist von einem Monat
Gut möglich, dass es vor allem die einfachen, eindeutigen Fälle sind, die den Behörden derzeit bereits vorliegen. Die komplizierteren Grundstücks- und Haus-Eigentumsfälle wie etwa bei Erbengemeinschaften in den von Finanzminister Christian Lindner zunächst anvisierten vier und nach Fristverlängerung nun sieben Monaten zu lösen, erscheine zumindest ambitioniert: „Das Problem“, sagt Lüth, „ist, dass nun zunächst die Grundsteuerwerte ermittelt werden müssen. Die Hebesätze der Gemeinden werden auf dieser Grundlage erst 2024 festgesetzt. Wieviel Grundsteuer später fällig wird, bleibt unbekannt. Weil wir nicht genau wissen, was auf uns zukommt, wollen wir möglichst genau sein und keine Fehler machen.“
Erst auf Basis von über zwei Dritteln Rücklauf könnten die Hebesätze und damit die zukünftige Grundsteuer sicher ermittelt werden, sagt Lüth. In vielen Bundesländern aber ist erst knapp die Hälfte der notwendigen Erklärungen eingetroffen. Trotz des bis jetzt noch immer mauen Rücklaufs der Grundsteuererklärungen bleibt es wohl beim ultimativen Abgabedatum Ende Januar. „Bisher gibt es keine Erkenntnisse zu einer weiteren Fristverlängerung über den 31.1.2023 hinaus“, sagt das saarländische Finanzministerium. „Wir sind mit den Finanzverwaltungen der Länder im Gespräch“, so Torsten Lüth. „Einige haben bereits signalisiert, dass sie bereit seien, noch einmal eine Erinnerung mit einer einmonatigen Verlängerung zu verbinden.“
Fehler, die im Nachhinein auffallen, könnten außerdem mit einem Antrag auf Änderung korrigiert werden. Einsprüche gegen eine womöglich fehlerhaft angesetzte Grundsteuer müssen innerhalb eines Monats nach Erhalt des Grundsteuerwertbescheides erfolgen. „Sollte sich nach der Einspruchsfrist herausstellen, dass sich der Steuerpflichtige zu seinen Ungunsten verrechnet hat, kann zumindest für die Zukunft ein Änderungsantrag gestellt werden.“
Stand heute gibt es kein abgeschlossenes Musterverfahren, mit dessen Hilfe Fragen rasch geklärt werden könnten. Eine Allianz mehrerer Verbände, darunter der Bund der Steuerzahler, strengte in Baden-Württemberg jedoch im Dezember eine Reihe von Musterprozessen an. Am Ende soll die Aufforderung an die Behörden stehen, die Grundsteuerbescheide nur vorläufig zu erlassen.
Sicher ist: Die deutschen Steuerberater werden – nach den Mehrwertsteuer-Änderungen und den Pandemie-Hilfsanträgen im Laufe der Corona-Jahre – auch in diesem Jahr keinesfalls unterbeschäftigt sein. Wie viele Grundsteuererklärungen an Kanzlei-Schreibtischen statt bei den Eigentümern zu Hause angefertigt wurden, lässt sich indes nicht sagen. „Ich selbst kann keine mehr annehmen“, sagt Steuerberater Lüth, „so viel Personal habe ich nicht.“