Die neueste Pannenstatistik des ADAC zeigt: Elektroautos sind zuverlässiger als Verbrenner. In einem Punkt muss die Industrie aber nachbessern, denn trotz großem Akku kann dieser im Notfall nicht die 12-Volt-Bordnetz-Batterie aufladen.
Wenn jemand etwas über kaputte Autos weiß, dann der ADAC. Im Jahr 2024 sind die „Gelben Engel“ nach eigenen Angaben mehr als 3,6 Millionen Mal ausgerückt, um bei Pannen zu helfen. Elektroautos machten mit einer Fallzahl von 43.678 nur einen sehr geringen Anteil aus, was aber zunächst nichts über deren Zuverlässigkeit aussagt. Schließlich gibt es immer noch viel mehr Verbrenner als Stromer auf den Straßen. Letztere sind zudem deutlich jünger als der durchschnittliche Pkw in Deutschland.

Genau hinschauen, nicht verallgemeinern
Viel spannender ist daher der direkte Vergleich. Um zu ergründen, wie pannenanfällig E-Autos sind, hat der ADAC in einer separaten Auswertung nur Elektro- und Verbrenner-Modelle (Benzin, Diesel) mit den Erstzulassungsjahren 2020, 2021 und 2022 miteinander verglichen. Das Ergebnis: Elektroautos scheinen nach heutigem Stand zuverlässiger zu sein als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Pro 1.000 Bestandsfahrzeuge mussten die „Gelben Engel“ 9,4-mal einem Verbrenner zur Hilfe eilen, aber nur 3,8-mal einem E-Auto. Oder zugespitzt formuliert: E-Autos sind fast zweieinhalbmal so zuverlässig wie Verbrenner.
Aber Achtung: Wie bei Statistiken üblich, sind Verallgemeinerungen mit Vorsicht zu genießen. So schneiden die E-Autos im Durchschnitt zwar besser ab, doch es gibt große Unterschiede je nach Modell und Marke. Bezogen auf die sogenannte Pannenkennziffer (Anzahl der Pannen pro 1.000 zugelassener Fahrzeuge) schneidet beispielsweise der Elektro-Kleinwagen Dacia Spring mit einem Wert von 2,9 gut ab. Mehrere Modelle aus dem VW-Konzern wie der Skoda Enyaq, der Cupra Born, der ID.3 und der ID.4 erzielen sogar sehr gute Ergebnisse. Das Tesla Model 3 erwies sich mit einer Pannenkennziffer von 0,5 als zuverlässigstes Elektroauto. Auch das Model Y schneidet mit einem Wert von 0,9 sehr gut ab.
Ungewöhnlich schlecht lief es dagegen für den Hyundai Ioniq 5. Der futuristische Elektro-SUV kommt auf eine Pannenkennziffer von 22,4 – ein Wert, der in der ADAC-Tabelle als einziger unter den Stromern rot eingefärbt ist. Während bei Verbrennern so viele Pannen durchaus auch bei anderen Herstellern vorkommen – der Toyota Yaris musste noch öfter in die Werkstatt –, lassen sie im Elektrosegment aufhorchen. Verantwortlich für den Negativausreißer dürfte eine defekte Ladesteuerung sein. Die sogenannte Integrated Charging Control Unit (ICCU) sorgt normalerweise dafür, dass die Starterbatterie des Fahrzeugs mit Strom versorgt wird. Das Bauteil gilt bei bestimmten Hyundai- und Genesis-Modellen aber als derart fehleranfällig, dass der Konzern inzwischen eine Rückrufaktion gestartet hat. Generell sind es meist die 12-Volt-Starterbatterien, die Probleme bereiten – egal bei welcher Kraftstoffart. Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor war dies 2024 zu 45 Prozent der Grund, warum der ADAC ausrücken musste. Bei E-Autos waren es sogar 50 Prozent.
Dass Elektroautos neben ihrem Hochvoltakku überhaupt noch eine weitere Batterie an Bord haben, mag auf den ersten Blick überraschen. Der Grund liegt darin, dass die gesamten Sicherheitssysteme (ABS, ESP, Airbags) nach wie vor über das 12-Volt-Bordnetz gesteuert werden. Dies soll für zusätzliche Sicherheit sorgen, senkt aber auch die Kosten, weil die Autoindustrie standardisierte Bauteile verbauen kann. Leere 12-Volt-Batterien werfen dennoch kein gutes Licht auf den Stand der Technik. Schließlich sollten die Hochvoltakkus immer in der Lage sein, die kleinere Batterie mit Strom aufzuladen. „In meinen Augen handelt es sich in den meisten Fällen um eine Art Softwareschwäche der E-Auto-Hersteller“, analysiert der E-Auto-Vermieter und Elektro-Experte Stefan Moeller auf seinem Youtube-Kanal. Strom zum Nachladen sei in der Regel schließlich genug da – und dafür müsse das Auto, im Gegensatz zum Verbrenner, nicht einmal bewegt werden.
Deutlich weniger Verschleißmöglichkeiten

Vom 12-Volt-System abgesehen, erweisen sich die untersuchten Stromer dennoch als deutlich robuster als ihre Verbrenner-Pendants. Warum das so ist, analysiert der ADAC in seiner Pannenstatistik gleich mit: „Während Verbrenner aus Hunderten von Teilen wie Kolben, Ventilen oder Turboladern bestehen, hat ein Elektromotor oft nur ein bewegliches Teil, den Rotor“, schreibt der Automobilclub. „Weniger Teile bedeuten weniger Verschleißmöglichkeiten. Des Weiteren benötigen Elektroautos kein Motoröl, das im Laufe der Zeit verschmutzen und den Motor schädigen könnte.“
Nicht zuletzt produzierten ElekÂtromotoren weniger Abwärme als Verbrenner, wodurch es auch zu weniger VerschleiĂź komme – so zumindest die Prognose. „Die Langzeitfolgen kennen wir noch nicht“, räumte der ADAC bereits bei der vergangenen Auswertung ein. SchlieĂźlich seien die derzeit im Umlauf befindlichen E-Autos allesamt noch recht jung. Wie stark das höhere Gewicht von E-Autos langfristig Achsen und Reifen belastet, könne man daher noch nicht abschlieĂźend beurteilen.
Auch bei den Hauptuntersuchungen lassen sich noch keine klaren Schlüsse ziehen. So landete etwa das Tesla Model 3 beim jüngsten TÜV-Report auf dem letzten Platz – ein Ergebnis, das im Widerspruch zum Spitzenplatz in der ADAC-Statistik steht.
Man könnte einwenden, dass Unterwegspannen deutlich schlimmer sind als normierte Werkstatt-Untersuchungen. Dennoch sollten E-Auto-Fans bei aller Euphorie über die guten ADAC-Ergebnisse genau hinschauen, für welches Modell sie sich entscheiden. Auch im Elektrozeitalter gilt schließlich: Auto ist nicht gleich Auto.