Klimaneutral fahren? Geht mit einem Verbrennermotor nicht. Mit dem E-Auto auch nur je nachdem, woher der Strom stammt. Mit Compressed Natural Gas (CNG) wäre es möglich, ist aber nicht mehr richtig gewollt.
So ganz zu begreifen ist das nicht: Da tobt ein Streit zwischen den Verfechtern des Verbrennermotors und jenen, die für ein CO2-neutrales Autofahren plädieren. Dass es aber einen Kompromiss gibt, mit dem beide Seiten eigentlich leben können sollten, wird weitgehend übersehen. Die Rede ist vom Fahren mit CNG. Die Abkürzung steht für Compressed Natural Gas, also für komprimiertes natürliches Gas.
Hauptsächlich besteht dieses aus Methan. Und natürlich lässt sich „Natural Gas“ auch mit „Erdgas“ übersetzen. Darin liegt die Crux des Ganzen: Spätestens seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist dieser Begriff äußerst negativ besetzt. Und ganz abgesehen von der weltpolitischen Lage ist das Verbrennen von unterirdisch gefördertem Gas alles andere als CO2-neutral. Auch wenn dabei im Vergleich zu Benzin 20 Prozent weniger CO2 ausgestoßen wird.
CNG kann jedoch auch für Biogas stehen: Dieses wird aus organischen Abfällen durch Vergärung gewonnen. Chemisch gesehen ist es das Gleiche wie Erdgas. Wird ein Auto mit Biogas betrieben, setzt es nur jenes CO2 frei, das zuvor von jenen Pflanzen der Atmosphäre entnommen wurde, deren Reste in die Biogasanlage kamen. Es ist dann also ein CO2-neutrales Autofahren möglich – und das mit einem ganz gewöhnlichen Benzinmotor.
Benzin tanken ist auch möglich
Übrigens: Mit dem an vielen Tankstellen angebotenen Autogas (LPG) darf man CNG nicht verwechseln. Im Vergleich zu Autogas ist das CNG-Tankstellennetz aber sehr dünn. In den letzten Jahren wurde es ab- statt ausgebaut. So schlossen im Saarland CNG-Zapfsäulen in Illingen, an der A6 bei Homburg und bei den Saarbrücker Stadtwerken. CNG-Tankstellen gibt es somit nur noch in Merzig, Dillingen, St. Wendel, St. Ingbert, Blieskastel und Homburg, grenznah in Zweibrücken – überall dort wird übrigens Biogas angeboten. Dieses wird nicht in Litern, sondern nach Gewicht verkauft. Ein Kilogramm kostet zwischen 1,40 und 1,80 Euro. Das ist wenig, wenn man bedenkt, dass der Brennwert dieser Menge 1,3 Liter Diesel oder 1,5 Liter Benzin entspricht. Verbraucht etwa ein VW Golf 3,8 Kilogramm CNG auf 100 Kilometer, so kostet das zwischen 5,32 und 6,84 Euro. Beim identischen Fahrzeug wären es im Benzinbetrieb etwa zehn Euro.
Alle CNG-Fahrzeuge lassen sich übrigens auch mit Benzin fahren. Noch ein Vorteil: Die gasbetriebenen Motoren stoßen praktisch keinen Feinstaub aus. Aber nicht nur die Tankstellen werden nach und nach abgebaut – auch die Hersteller bieten seit dem letzten Jahr keine Neuwagen mit CNG-Antrieb mehr an. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt finden sich allerdings noch viele Modelle der Volkswagen-Gruppe, von Opel, Fiat und Mercedes-Benz.
Die große Frage bleibt: Warum stirbt dieser umwelt- und klimafreundliche, zudem kostengünstige Antrieb nach und nach aus? Für die CNG-Verfechter ist der Fall klar: „In den politischen Gremien wurde und wird sich überwiegend ausschließlich für die E-Mobilität starkgemacht, ohne wirklich nachhaltige und konsequent umweltfreundliche Alternativen zu berücksichtigen.“ Das sagt Isabella Finsterwalder, Pressesprecherin des CNG-Clubs. Der Verein hat den Anspruch, Ansprechpartner Nummer eins in Sachen CNG-Mobilität zu sein. Dass im Saarland die Zahl der CNG-Stationen von 16 im Jahr 2009 auf sechs zurückging, liege daran, „dass Schließungen von den CNG-Kunden sang- und klanglos hingenommen werden und keine Gegenwehr durch sie erfolgt“, so Finsterwalder. „Wir als Verbraucherschutzverband können angesichts eines derart passiven Verhaltens nur den Kopf schütteln.“
Um den weiteren Rückgang des Fahrens mit Bio-CNG zu stoppen, sei zuallererst ein Umdenken in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vonnöten. Der deutsche Auto-Experte schlechthin, Ferdinand Dudenhöffer, ist allerdings vom Befürworter zum Gegner des Fahrens mit CNG geworden. 2012 meinte er noch, dass die Technik ausgereift und absolut konkurrenzfähig sei. Später jedoch beschrieb er die Energieform als „langweilig“ und „wenig effizient“. Von 100 Prozent Energie kämen gerade noch 35 bis 40 Prozent beim Rad an. Und es seien schlichtweg die Kunden ausgeblieben, nachdem die CNG-Autos eingeführt wurden. „Dann hat man so einen Nischenmarkt, der verursacht immer hohe Kosten.“ Außerdem meint er: „In Deutschland wird man nie genug Gas für 40 Millionen Autos bekommen.“ Der Energieträger werde auch besser in anderen Prozessen der Industrie gebraucht.
Strom nicht immer günstigste Lösung
Richtig überzeugend klingt das nicht – denn für elektrischen Strom gilt ja im Grunde das Gleiche. Was aber ganz abgesehen von Dudenhöffers Argumenten noch gegen die Anschaffung eines CNG-Autos spricht, ist die Tatsache, dass die steuerlichen Vorteile sukzessive abgebaut werden. Ende 2026 läuft die bisherige Vergünstigung aus – auch das ein Zeichen dafür, dass die Politik ganz auf die E-Mobilität setzt. Und das, obwohl der Strom in Deutschland immer noch zu 23 Prozent aus Kohle und zu 16 Prozent aus Erdgas gewonnen wird. „Der Auspuff des E-Autos ist der Schornstein des Kohlekraftwerks. Es sei denn, jemand lädt konsequent das Auto an seiner Photovoltaik-Anlage“, sagt zum Beispiel Thomas Klein, technischer Leiter der Biosphären-Stadtwerke, zuständig für den Bereich St. Ingbert, Blieskastel und Mandelbachtal. Denn wer Strom zum Laden seines Autos dem Netz entnimmt, erhält Energie, die durch die verschiedenen Erzeugungsmethoden hineingegeben wurde – egal, ob er einen Ökostromvertrag besitzt.
Allerdings ist das mit dem Bio-CNG genauso: Die Tankstellen kaufen es zwar bei entsprechenden Herstellern ein, entnehmen es aber dem allgemeinen Erdgasnetz. Nur an wenigen Stellen in Deutschland können CNG-Fahrer direkt bei einer Biogas-Anlage tanken. Sie können dann ähnlich wie der E-Auto-Besitzer mit eigener Photovoltaik-Anlage mit Fug und Recht behaupten, klimaneutral unterwegs zu sein. Allerdings geht sogar noch etwas mehr beim Gas-Fahren: Dann nämlich, wenn das CNG aus Gülle gewonnen wird. Dieser wird das Methan entzogen, bevor sie als Dünger aufs Feld kommt. Dadurch wird verhindert, dass dieses Gas in die Atmosphäre gelangt. Weil Methan sich weitaus schlimmer auf den Treibhauseffekt auswirkt als das bei seiner Verbrennung entstehende Kohlendioxid, tut man dem Klima sogar noch etwas Gutes beim CNG-Fahren. Und dennoch betreiben Klimaschützer und Politiker das Ende des Verbrennermotors.