Das Stadtmuseum in Zweibrücken zeigt die Ausstellung „Dazwischen: 300 Jahre Herzog Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken“, die
mehr als 250 Exponate umfasst.
Einige prunkvolle Gebäude, darunter das Schloss mit barocker Fassade oder auch die sogenannte Herzogvorstadt, erinnern heutzutage gewissermaßen als „Versatzstücke“ an die einst glanzvolle Epoche der Residenzstadt im 18. Jahrhundert. Das Schloss, welches 1720 bis 1725 bereits unter Herzog Gustav Samuel Leopold nach Plänen von Jonas Erikson Sundahl entstanden war, im Zweiten Weltkrieg 1945 zerstört und 20 Jahre später nach Originalplänen rekonstruiert wurde, ist seit 1965 Sitz des Pfälzischen Oberlandesgerichtes und der Generalstaatsanwaltschaft. Die Herzogvorstadt, die Christian IV. ab 1756 mithilfe seines Baudirektors Johann Christian Ludwig Hautt sowie eines Lotteriespiels errichten ließ, zeigt sich auch heute noch als barocke Platzanlage mit zweigeschossigen Häusern mit Mansarddach. In einem dieser schmucken Barockhäuser, dem sogenannten Petri-Haus, befindet sich das Stadtmuseum.
Museumsleiterin Charlotte Glück zeigt dort aktuell eine Ausstellung zum 300. Geburtstag von Herzog Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken, an deren Realisierung sie aufgrund der aufwändigen Archivrecherchen fast vier Jahre lang gearbeitet hat.
Im ersten Saal des Museums blickt der Herzog den Besuchern aus einem höfischen Halbfigurenporträt entgegen. Sein Hofmaler Johann Georg Ziesenis hat ihn 1749 mit Prunkpanzer und pelzbesetzter Manteldraperie mit Orden im Bild festgehalten, wie es dem damaligen höfisch-barocken Idealbildnis des Adels entsprach. Ziesenis hat aber wohl nicht übertrieben, als er den famos aussehenden Herzog – zu diesem Zeitpunkt 27 Jahre alt – porträtierte, denn ein erhaltener Brief eines französischen Gesandten am Zweibrücker Hof beschreibt den Herzog als einen großen, gut gewachsenen Mann von eleganter Figur, „der viel edlen Anstand in seinem Benehmen mit einer verführerischen Höflichkeit verbindet.“ Ein weiteres repräsentatives Bildnis des Herzogs in Jagdkleidung, ebenfalls von Ziesenis gemalt, entstand 1757 und mag vielleicht das eindrücklichste des adligen Beaus sein, zeigt es ihn doch bei seiner Lieblingsbeschäftigung und Leidenschaft, der Jagd, die damals dem Adel vorbehalten war.
Der aus dem Adelsgeschlecht der Wittelsbacher-Linie Pfalz-Zweibrücken-Bischweiler entstammende Herzog wurde am 16. September 1722 im elsässischen Bischwiller als Sohn von Christian III. von Pfalz-Zweibrücken und Karoline von Nassau-Saarbrücken geboren. Im Jahre 1734 hatte sich sein Vater Christian III. im Erbfolgestreit mit der Kurpfalz durchgesetzt und war Herzog von Zweibrücken geworden. Als er im Jahr darauf starb, war Christian IV. erst zwölf Jahre alt. Bis zu seiner Volljährigkeit führte seine Mutter Karoline die Vormundschaftsregierung. Ende des Jahres 1740 übernahm er selbst die Regierungsgeschäfte.
Christian IV. war seinerzeit der aussichtsreiche Erbanwärter der wittelsbachischen Fürstentümer Kurpfalz, Kurbayern, Jülich und Berg. Geregelt war dies im sogenannten Hausvertrag von Pavia vom 4. August 1329, der in der Ausstellung als Faksimile präsentiert wird: „Mit ihm beendete Kaiser Ludwig IV., der Bayer, einen Familienstreit. Er regelte die Versorgung der Söhne seines älteren, verstorbenen Bruders Rudolf, den er aus der Regierung gedrängt hatte, indem er ihnen die rheinischen Besitzungen und die Oberpfalz zusprach. Seine eigenen Söhne erhielten Ober- und Niederbayern. Damit zerfielen die wittelsbachischen Länder für fast 450 Jahre in eine bayerische und eine pfälzische Linie“, erläutert die Museumsleiterin im Ausstellungskatalog.
Christian IV. hatte Zeit seines Lebens eine Vorliebe für die in Paris und am dortigen Hofe gepflegte Lebensart. Der französische König Ludwig XV. stellte dem frankophilen Herzog im Schloss von Versailles sogar ein eigenes Appartement zur Verfügung und Christian IV. unterhielt nicht nur eine enge Beziehung zum König, sondern auch zu dessen offizieller Mätresse, der Marquise de Pompadour. In einer win-win-Situation hatten sich der pfälzische Herzog und der französische König mittels eines Bündnisvertrages miteinander verbandelt: Christian IV. gründete das Régiment Royal Deux Ponts mit 1.000 Infanteriesoldaten, das im Dienste des französischen Königs kämpfen sollte. Dafür erhielt er acht Jahre lang 40.000 Gulden (und in einem geheimen Abkommen nochmals die gleiche Summe) an Subsidiengeldern. Solche Regimenter wie das Régiment Royal Deux Ponts bezeichnete man als Subsidien- oder Mietregimenter: Ein Fürst stellte einem anderen Machthaber oder Staat gegen Zahlung von Subsidien, also finanziellen Zuwendungen, ganz oder teilweise seine Truppen zur Verfügung. Davon zeugen in der Ausstellung sowohl ein Plakat zur Anwerbung deutscher und französischer Soldaten wie auch Regimentsfahnen oder etwa ein Kupferstich mit einem „Soldat des Régiment Royal Deux-Ponts“.
Verbot von Würfelspielen
Christian IV. brauchte das Geld des französischen Königs. Denn ohne diese finanzielle „Unterstützung“ hätte er sich seinen an die französische Kultur angelehnten Musenhof aus Malern, Architekten und Musikern nicht leisten können. Das Lieblingsobjekt von Christian IV. war das Jagdschloss Jägersburg, das er ab 1752 vom französischen Architekten Jacques Hardouin-Mansart de Sagonne planen ließ und welches architektonisch vom Grand Trianon im Schlossgarten von Versailles inspiriert war. Die das Schloss umgebende Parkanlage hatte sein Hofgärtner Johann Ludwig Petri gestaltet. Mehrere Ansichten vermitteln eine Vorstellung des Jagdschlosses mit seiner Parkanlage, das 1793 von französischen Revolutionstruppen zerstört wurde.
Außerdem begründete Christian IV. zahlreiche Industrieprojekte, die jedoch häufig nicht erfolgreich waren. So gründete er Fabriken und Manufakturen, ließ Porzellan herstellen, befasste sich mit der Baumwollverarbeitung, mit Glas- und Eisenhütten und sogar einer Perlenzucht. Insbesondere für Liebhaber des Zweibrücker Porzellans gibt es in der Ausstellung einige besondere Stücke zu sehen. Von den weltweit nur etwa 300 überlieferten Teilen Zweibrücker Porzellan besitzt das Stadtmuseum in seiner ständigen Sammlung mehr als 80 Exponate. Jetzt sind noch einige Preziosen hinzugekommen, etwa ein Paar sogenannter Trembleusen mit purpurnen Blumengirlanden oder ein Schokoladenservice für sechs Personen in einem Lederkasten, beide mit der Marke „PZ“ (Pfalz-Zweibrücken).
Die aufgeklärte Haltung von Christian IV. zielte nicht nur auf eine Verbesserung der Lebensverhältnisse seiner Untertanen, sondern auch auf deren Erziehung zu Mäßigung und Pflichtbewusstsein. Hier neigte er allerdings zu einem gewissen Übereifer, denn nichts blieb von seinen Verordnungen und Reglementierungen verschont, wie zahlreiche Archivalien in der Ausstellung verdeutlichen. Dies schlug sich etwa in einem Verbot von Würfelspielen nieder oder einer Verordnung gegen das Laster der „Trunckenheit“. Andererseits führte er zum Wohle der Untertanen eine Witwenkasse für Beamte ein und ließ die Bevölkerung gegen Pocken impfen.
Zwischen Pflicht und Liebe gefangen
Der Herzog selbst saß mutmaßlich zwischen allen Stühlen: Er war Barockfürst und zugleich aufgeklärter Herrscher, gebürtig evangelisch und seit 1755 aus pragmatischen Gründen katholisch, und er war zwischen Pflicht und Liebe gefangen. Vermutlich 1751 heiratete Christian IV. die französische Tänzerin Marianne Camasse, mit der er sieben Kinder hatte. Nicht standesgemäße Ehefrauen „zur linken Hand“ (also sogenannte „morganatische Ehen“) waren beim Hochadel schon immer an der Tagesordnung. Üblicherweise erfolgten nicht standesgemäße Ehen mit Bürgerlichen jedoch erst, nachdem bereits standesgemäße Ehen geschlossen und rechtmäßige Erben gezeugt waren. Für Christian IV. war dies jedoch die erste Ehe, die er allerdings bis zum Tag seines Todes am 5. November 1775 geheim hielt. An diese besondere und dauerhafte Liebe zwischen Christian IV. und Marianne (seit 1757 Gräfin von Forbach) erinnert in der Ausstellung ein kurioses Exponat: ein mit Bronze überzogener Tanzschuh von Marianne.
Museumsleiterin Charlotte Glück ist es gelungen, die historische Figur Christian IV. mit all ihren unterschiedlichen Facetten anhand von mehr als 250 Objekten vorzustellen – ob als fürsorglicher Landesfürst oder als verschwenderischer Meister im Schuldenmachen. Eine eindeutige Festlegung, wer diese eigenwillige Persönlichkeit wirklich war, bleibt jedoch offen.