Der 1. FC Saarbrücken schreibt seine DFB-Pokal-Geschichte weiter. Nach dem 2:0-Erfolg gegen Eintracht Frankfurt steht der Drittligist im Viertelfinale.
Als der 1. FCS im Spätwinter 2020 eines der größten Wunder der Fußball-Neuzeit schrieb, war Luca Kerber 17 Jahre alt und stand als A-Jugendspieler irgendwo im Halbrund des Hermann-Neuberger-Stadions in Völklingen. Damals kämpfte sich der Regionalligist gegen zwei Zweitligisten und zwei Bundesligisten bis ins Halbfinale. Und das Saarbrücker Eigengewächs hätte „nicht im Traum daran gedacht“, dass er selbst einmal Protagonist eines Stücks Saarbrücker Fußball-Geschichte werden würde. „Kaum in Worte zu fassen, einfach nur geil“, sagte der 21-Jährige nach seinem Treffer zum 2:0 gegen den Bundesligisten Eintracht Frankfurt. Was Vereinslegende Dieter Ferner 2020 als „eines der größten Wunder seit Christi Geburt“ bezeichnete, wird Normalität. Der FCS hat es wieder getan. Er steht wieder im Viertelfinale. „Wir haben sieben von acht der letzten DFB-Pokalspiele gewonnen. Das ist nur RB Leipzig gelungen“, sagte Aufsichtsrat Frank Hälsig zwei Stunden nach Spielschluss.
Vor knapp 16.000 Zuschauern im Hexenkessel Ludwigspark war der FCS über weite Strecken des Spiels die bessere Mannschaft als der Europapokal-Teilnehmer aus Hessen. Beeindruckend, mit welcher Lockerheit die Blau-Schwarzen die Partie angingen. Eine Stunde vor dem Spiel schlenderte Trainer Rüdiger Ziehl vor sich hin pfeifend durch das voll besetzte Medienzentrum und sorgte für ein Raunen bei den zahlreichen Journalisten aus Frankfurt. „Die Kaffeemaschine ist hier besser als bei uns“, sagte Ziehl grinsend, zog sich einen „starken Schwarzen“, hielt ein bisschen Small Talk und vermittelte den Eindruck, als stünde gleich das normalste Spiel der Welt an. Und so agierte sein Team auch. Bissig, unangenehm und in keinster Weise aufgeregt. Kerber hatte früh die Führung auf dem Fuß, Kai Brünker erzielte sie nach 20 Minuten, doch Schiri Daniel Siebert kassierte den Treffer nach VAR-Veto wieder ein. Egal, der FCS machte weiter. „Ich hab’ mich ein bisschen geärgert, aber die Entscheidung ist korrekt. Das muss man akzeptieren und sofort nach vorn blicken“, sagte Brünker.
Zur Halbzeit waren die Hessen mit dem torlosen Remis gut bedient, nach der Pause hatten sie dann gute 15 Minuten und Pech, als Buta nach 60 Minuten an der Latte scheiterte. Doch vier Minuten spätere brachte Brünker die Gastgeber in Führung, die danach wie entfesselt aufspielten, mehrere Chancen hatte und nach 79 Minuten durch Kerber nachlegten. „Es war klar, dass wir viel verteidigen und laufen müssen. Das haben wir richtig gut umgesetzt, ich habe relativ wenige Möglichkeiten der Eintracht gesehen. Die Mannschaft hat sehr viele Emotionen ins Spiel gebracht und sich für einen großen Aufwand belohnt und verdient gewonnen“, sagte Ziehl treffend.
Der FCS überwintert im DFB-Pokal, wer hätte das gedacht. Rund drei Millionen Euro fließen in die Kassen des Drittligisten, doch in Sachen „Shopping-Tour“ bleibt Ziehl zurückhaltend: „Man sollte sich unsere Bank der letzten Spiele anschauen. Wir haben viele Alternativen. Wir schauen uns um, werden aber keine Kaderergänzungen holen. Wenn wir ein, zwei Spieler finden, die die Qualität anheben, werden wir zuschlagen."
Am Sonntag steht die Auslosung für das Viertelfinale an. „Wir nehmen es, wie es kommt“, sagte Kerber trocken. Doch manch einer äußerte die Befürchtung vor einem Derby gegen den 1. FC Kaiserslautern. Denn neben dem Fußball-Fest sorgte einzig abermals der Polizeieinsatz für Missstimmung. Neben den angekündigten Straßensperrungen gab es zusätzliche temporäre Einschränkungen. Zahlreiche Personen mit Durchfahrtgenehmigung standen teilweise über eine Stunde am Ludwigskreisel, wo nicht einmal eingesetzte Polizeibeamte die Sinnhaftigkeit des Einsatzes erklären konnten. Fußgänger berichteten, es sei „fast ein Ding der Unmöglichkeit“ gewesen, von der Innenstadt zum Stadion zu gelangen. Selbst besonnene Vereinsvertreter wie die Aufsichtsratsmitglieder und Hochschulprofessoren Frank Hälsig und Oliver Strauch mochten ob dieser Begleitumstände nur noch den Kopf schütteln.
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