Das Thema Geburt ist in der heutigen Zeit immer noch mit vielen Tabus behaftet. Das macht auch vor der Nachgeburt der Plazenta nicht halt. Plazenta-Fee Franzi Braun räumt mit den Vorurteilen auf und eröffnet neue Perspektiven.
Liebe Franzi, die Plazenta kann gebraten, gekocht, roh, als Tinktur oder verkapselt gegessen werden. Wie bereitest Du sie zu?
Ich persönlich habe damals nach der dritten Geburt ein kleines walnussgroßes Stück meiner Plazenta in einen Smoothie gepackt und getrunken. Nachdem ich einen ganz wunderschönen Abdruck der Plazenta gemacht habe, habe ich aus dem Rest Kapseln und eine Essenz hergestellt. Das mache ich auch für andere Frauen. Ich habe ebenfalls gelernt, Heilpflaster herzustellen und einen Beißring oder einen Traumfänger aus der Nabelschnur. Das habe ich bisher aber noch nicht gemacht.
Woher kam die Idee?
Nachdem ich einen Kaiserschnitt bei meinem ersten Kind bekam, ob der so notwendig gewesen wäre, sei dahingestellt, habe ich mich intensiv mit dem Thema Geburt auseinandergesetzt. Ich habe Frauen kennengelernt, die ihre Babys bei Alleingeburten bekamen, also ohne medizinisches Personal. Familien, die die komplette Schwangerschaft ohne Vorsorge genießen und viel über den Umgang mit der Plazenta erfahren. Vor der Geburt meines ersten Kindes habe ich in einem Krankenhaus gearbeitet und durfte dort Gebärende begleiten, aber die Plazenta landete immer im Müll. Dann fing ich an zu hinterfragen, was ich über Geburten gelernt hatte. Sei es durch die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin, durch meine Familie oder durch die Gesellschaft. Allein die Filmindustrie suggeriert ein durchweg negatives Bild von Geburt, welches uns Frauen von klein auf beigebracht wird. Dennoch habe ich die Plazenta von meinem zweiten Kind nicht genutzt. Es war eine tolle, schmerzfreie Geburt, aber ich wurde vom Krankenhauspersonal gefragt, wofür ich sie mitnehmen wolle und das das ekelig sei. Das hat mich mit meinen 25 Jahren verunsichert und ich habe zugestimmt, sie zu entsorgen. Das war der Moment, an dem mir klar wurde, dass ich nicht noch mal in einem Krankenhaus gebären möchte. Als ich mit meinem dritten Kind schwanger war, lernte ich eine Russin kennen. Sie lebte mit ihrem deutschen Mann hier. Sie hatte gerade ihr zweites Kind geboren und erzählte mir von ihrer Hausgeburt und dass sie einen Online-Kurs besucht zur Plazentaverarbeitung. Allerdings auf Russisch. Ich fand es spannend, aber konnte damit noch nichts anfangen. Ich wollte meine Plazenta auf jeden Fall haben, aber nur um sie unter einem Bäumchen zu vergraben. Einige Monate später erzählte sie mir, dass es diesen Kurs nun auch in Deutschland gibt und ich sah mir die Instagramseite von Plazentawirktwunder an. Ich las viele Informationen und das Thema wurde immer spannender. Zwei Tage nach der wunderbaren Geburt meines dritten Kindes im Geburtshaus buchte ich dann den Kurs. Während ich also im Wochenbett kuschelte, hatte ich etwas zu tun und bildete mich weiter. Das war eine schöne und spannende Zeit. Und tatsächlich habe ich dann auch meine eigene Plazenta verarbeitet.
Woher weiß Du, wie die Zubereitung funktioniert?
Ich habe einen Online-Kurs zur Plazentaverarbeitung bei Plazentakapseln.de absolviert. Dort gibt es sechs Module, bei denen man alles lernt von der rechtlichen Lage, über die Geschichte und Traditionen der Welt bis hin zur Lotusgeburt und alles über verschiedene Verarbeitungsmethoden. Ich konnte das ganz einfach zu Hause in meinem Wochenbett studieren. Ganz in meinem eigenen Tempo. Ich habe mir anfangs viel Zeit gelassen, weil ich oft während der Videos eingeschlafen bin, wie das halt so ist im Wochenbett. Aber irgendwann sagte mir die Inhaberin von Plazentawirktwunder, das sie Unterstützung sucht, da die Plazentaverarbeitung immer mehr an Beliebtheit gewinnt. Das war eine interessante Chance, also habe ich den Kurs und den Abschlusstest beendet und mein Zertifikat erhalten. Und bin Teil des Teams geworden.
Wer entscheidet sich dafür, die Plazenta nach der Geburt zu essen?
Viele Frauen entscheiden sich für die Einnahme von Plazenta, hier zeichnet sich ein Trend ab. Immer mehr hinterfragen die aktuelle Geburtsmedizin und beschäftigen sich mit Alternativen. Und wenn man einmal in so eine „alternative Blase” eintaucht, bleibt das Thema Plazenta nicht aus. Da „Plazentawirktwunder“ mittlerweile ein gutes Team von wunderbaren Frauen aus ganz Deutschland bildet, wir bei Instagram und auf einigen Messen vertreten sind und auch einige von uns schon Interviews mit tollen Menschen führen durften, kommt man als Frau, die sich Gedanken über ihre Plazenta macht, gar nicht an unseren Informationen vorbei.
Welche Vorteile bringt die Einnahme?
Es gibt einige Vorteile, die für die Einnahme von Plazenta sprechen. Jedes Produkt hat aber auch noch mal seine ganz eigenen Vorteile. Einer ist zum Beispiel die Stabilisierung der Laktation oder des Hormonhaushaltes. Einige Frauen leiden nach der Geburt unter depressiven Verstimmungen. Dabei können sowohl die Essenz als auch die Plazentakapseln helfen. Sie wirken dem Haarausfall entgegen und sind hilfreich bei PMS oder Anämie.
Wie lange wird die Einnahme empfohlen?
Die Einnahme hängt ebenfalls vom Produkt und den aktuellen Beschwerden ab. Es gibt Kontraindikationen für die Einnahme von Plazenta. Diese werden aber alle im Vorfeld besprochen und auch für die Einnahme können die Frauen jederzeit ihre Plazenta-Fee um Rat fragen.
Welcher Zeitraum ist hier ideal? Direkt nach der Geburt oder später zum Beispiel bei Stillproblemen?
Auch der Zeitpunkt der Einnahme variiert nach Produkt und dem Ziel der Einnahme. Mit den Kapseln startet man bestenfalls so schnell es geht nach der Geburt, um die Rückbildung und den Milcheinschuss zu fördern. Die Plazenta-Essenz kann man beispielsweise während einer schmerzhaften Menstruation nehmen oder sogar während der Wechseljahre. Durch den Alkoholgehalt hält sich eine Essenz ewig und man nimmt davon natürlich nur Tropfen verdünnt mit Wasser oder Saft ein. Auch bei Stillproblemen können Produkte aus Plazenta helfen. Während dieser Zeit dürfen sich die Frauen selbstverständlich an eine Plazenta-Fee wenden und ihre Fragen stellen.
Es gibt keine wissenschaftliche Studie, die belegt, dass es hilfreich ist, Plazenta zu essen. Warum hast du Dich trotzdem dafür entschieden, das zu machen?
Tatsächlich gibt es einige Studien, die die Wirksamkeit der Plazenta untersucht haben. Diese stammen größtenteils aus England (zum Beispiel „Plazenta Humanum“ von Kathy Biggs, Linda Gwillim unter anderem). Auch in der traditionellen chinesischen Medizin gilt es als üblich, die Plazenta zumindest in Teilen nach der Geburt zu konsumieren, um vielerlei Beschwerden zu lindern und die Milchproduktion anzukurbeln. Es gibt zudem keinen Hinweis darauf, dass mütterliche Plazentophagie (Konsum von Plazenta) sich negativ auf die Gesundheit des Neugeborenen auswirkt.
Nach wie vor ist dieser Bereich der „Naturmedizin“ umstritten und wird gerne belächelt. Manche ekeln sich davor. Das hält Dich aber nicht ab?
Da ich es mir ja selbst nie vorstellen konnte, verstehe ich den Ekel. Wie zu Anfang schon mal erwähnt, wird uns das Bild von klein auf aufgezwungen. Von der schmerzhaften Geburt. Die Frau schreiend auf dem Rücken liegend, ohne Kraft und völlig erschöpft. Und von der Plazenta redet man überhaupt nicht. Sie findet nie eine Erwähnung. Ich war damals sogar überrascht, als ich noch mal Wehen bekam, um meine Plazenta zu gebären. Und daher kommt der Ekel. Der Ekel und die Angst vor der Geburt und der Plazenta. Wir wissen einfach nichts darüber. Wir verstehen das alles nicht und wir können uns nicht vorstellen, dass es auch anders sein kann. Wieso sollte ich etwas zu mir nehmen, wovon ich nichts weiß? Wieso sollte ich etwas vom Krankenhaus mit nach Hause nehmen, was die Hebammen sonst entsorgen? Wenn wir anfangen, darüber zu reden, wie Geburt wirklich sein kann, was genau passiert und wie viel Macht wir Frauen haben, um eine wunderschöne, schmerzarme und selbstbestimmte Geburt zu erleben, dann hören auch der Ekel und die Ablehnung auf. Und das ist, was wir von „Plazentawirktwunder“ tun. Wir klären auf und tragen Informationen in die Welt.
Gibt es auch Mütter, denen du von der Einnahme abraten würdest?
Bevor wir einen Auftrag annehmen, wird erst einmal eine ausführliche Anamnese gemacht. Es ist wichtig zu wissen, ob eventuell Krankheiten vorliegen, die eine Kontraindikation darstellen. Wir bitten auch um einige Untersuchungen wie zum Beispiel HIV, Röteln und einen Abstrich auf Streptokokken. Bei einer Schwangerschaft, die von einem Gynäkologen begleitet wird, werden all diese Tests standardmäßig durchgeführt. Gegen eine Plazentakapsulierung sprechen außerdem Fälle wie Drogen-, Alkohol- oder Nikotinkonsum während der Schwangerschaft, eine Chemotherapie oder zum Beispiel eine Plazentitis.
Gibt es bekannte Nebenwirkungen?
Dem Feedback und den gesammelten Statistiken nach gibt es kaum Nebenwirkungen. Eine von 100 Frauen klagte über Juckreiz. In diesem Fall war es aber unmöglich festzustellen, ob es eine Reaktion auf die Kapseln war oder die Medikamente, die sie nach der Geburt einnahm. Aleksander Rassochin, Gründer der Klinik Placeya in St. Petersburg, erzählt in einem Interview, wie er mit seiner Methode atopische Dermatitis, allergische Reaktionen und Autoimmunerkrankungen behandelte und dass er eine tolle Wirkung der Plazentatherapie sehe. Bei allergischen Reaktionen fiel auf, dass die Frauen von Parasiten befallen waren. Nach einer antiparasitären Behandlung verschwanden auch die Symptome. Wir als Plazenta-Feen bleiben aber weiterhin mit der Mutter in Kontakt und besprechen, wie sie sich fühlt und wie wir die Dosierung gestalten.
Du hast selbst drei Kinder, hast du auch zur Plazenta-Kapsel gegriffen?
Ich habe tatsächlich erst bei meinem dritten Kind zu Kapseln und Essenz gegriffen. Wie ich schon erzählt habe, war das Thema noch mit Scham behaftet bei der zweiten Geburt. Bei der ersten wusste ich davon nichts. Mir haben die Kapseln sehr geholfen. Ich hatte mehr Energie, ich fühlte mich schnell wieder wohl. Ich hatte außerdem nur einen kurzen Wochenfluss und ob Fluch oder Segen sei dahingestellt, meine Periode trat nach 6 Wochen wieder regelmäßig ein.