Horst Steffen wird nach sieben überaus erfolgreichen Jahren bei der SV Elversberg nun Trainer beim Bundesligisten SV Werder Bremen. Das Loch, das der beliebte Trainer hinterlässt, ist riesengroß.
Die Nachricht kam nicht unerwartet, aber ihre Tragweite ist enorm: Horst Steffen, der langjährige Trainer der SV Elversberg, verlässt den Club nach sechseinhalb intensiven Jahren. Sein nächster Schritt führt ihn direkt in die Bundesliga zum SV Werder Bremen. Damit endet eine der erfolgreichsten Trainerären im deutschen Profifußball der letzten Jahre.
Am 29. Oktober 2018 übernahm Steffen die Elversberger Mannschaft, die zu diesem Zeitpunkt in der Regionalliga Südwest lediglich auf dem elften Tabellenplatz stand. Abstiegsangst lag in der Luft. Doch unter seiner Regie veränderte sich das Gesicht der SVE nachhaltig. Bereits in der Rückrunde der ersten Saison stellte sich Erfolg ein: Die SVE spielte die beste Halbserie ihrer Regionalliga-Historie und beendete die Saison auf Rang vier. In den folgenden beiden Jahren wurde man Dritter und Zweiter, jeweils nur hauchdünn an der Rückkehr in den Profifußball vorbei.
Im Mai 2022 gelang der Durchbruch: Elversberg wurde Regionalliga-Meister und schaffte damit den Aufstieg in die 3. Liga. Eine Spielklasse höher rechneten wenige mit einer Spitzenplatzierung, doch die SVE überraschte die Liga und sich selbst: Mit mutigem Offensivfußball wurde man erneut Meister – der Durchmarsch in die 2. Bundesliga war perfekt. In der Premieren-Saison gelang ein starker elfter Platz. Und die vergangene Spielzeit 2024/25 setzte dem Ganzen die Krone auf: Zwischenzeitlich Tabellenführer, erreichte Elversberg Rang drei und die Relegation zur Bundesliga.
Menschlichkeit und Disziplin zeichnen ihn aus
Sportvorstand Nils-Ole Book bringt die Bedeutung von Steffens Arbeit auf den Punkt: „Horst hat die erfolgreichsten Jahre unseres Vereins wesentlich mitgeprägt. Er hat unsere Werte nach innen und außen vorbildlich repräsentiert. Wir respektieren seinen Wunsch, in die Bundesliga zu wechseln und wünschen ihm alles Gute in Bremen.“
257 Spiele lang stand Steffen an der Seitenlinie, 2.404 Tage lang prägte er den Club. Was bleibt, ist ein klares Profil: Ballbesitzorientierter Fußball, taktische Disziplin, die Entwicklung von Spielern und eine außergewöhnliche Identifikation mit dem Verein. Branchenintern wurde das registriert. „In Elversberg ist in den letzten Jahren etwas zusammengewachsen, ich finde, dass Horst Steffen einen super Job dort macht“, lobte Daniel Thioune von Fortuna Düsseldorf. „Es geht um fußballerische Qualität, und die zeigen sie, seit Nils-Ole Book und Horst Steffen da am Werkeln sind, Woche für Woche“, sagte Lukas Kwasniok. „Das ist schon eine ganz große Mannschaft mit einer klaren Handschrift von ihrem Trainer“, befand Miroslav Klose, während Cristian Fiél vor einem Aufeinandertreffen warnte: „Das ist eine Mannschaft mit einem Trainer, der eine klare Idee vom Fußball hat. Es wäre ein sehr großer Fehler, die Elversberger zu unterschätzen.“ Dass nun Werder Bremen zuschlug, kommt nicht von ungefähr. Die Bremer suchten einen Coach, der einerseits junge Spieler entwickeln kann, andererseits sportlichen Erfolg bringt. „Als die Anfrage von Werder kam, war das zunächst eine große Anerkennung für mich und meine Arbeit. In den Gesprächen wurde mir von den Verantwortlichen sehr viel Wertschätzung entgegengebracht und aufgezeigt, was der Verein in den nächsten Jahren vorhat. Dieser Austausch hat mich absolut überzeugt und ich habe mich sehr schnell für Werder entschieden. Bremen verfügt über eine gute Mannschaft, die Potenzial hat und sich in den letzten drei Jahren in der Bundesliga sehr gut entwickelt hat. Diese Entwicklung möchte ich gerne zusammen mit den Spielern fortsetzen. Ich freue mich sehr auf diese Herausforderung.“
Die Aufgabe in Bremen ist keine leichte: Talente aus dem eigenen Nachwuchs sollen geformt werden, die sportliche Entwicklung soll Richtung Europa zeigen. Zeitgleich ist der Druck hoch, denn das gesicherte Mittelfeld wurde erreicht. Die Latte liegt höher. Die Saisonziele müssen nun neu definiert werden. Bis zu welchem Tabellenplatz reicht die Weiterentwicklung junger Spieler als Argument? Wo beginnt der Anspruch auf mehr? Fragen, die Steffen nun mit seinem neuen Verein beantworten muss.
Nach Informationen der „Saarbrücker Zeitung“ soll ein Ex-Elversberger entscheidend gewesen sein: Nick Woltemade, zurück in Bremen, habe intern sehr für Steffen geworben. Die Bremer entwickelten ein Konzept, das die Entwicklung junger Spieler auch wirtschaftlich lohnend macht – ein inoffizielles „Horst-Steffen-Refinanzierungsprogramm“. Ziel: Spieler ausbilden, integrieren und für hohe Summen transferieren.
Sportchef Book wurde von der Nachricht überrascht
Noch offen ist, ob Co-Trainer Raphael Duarte mit nach Bremen geht. Duarte war mehr als nur Assistent: Er leitete viele Einheiten selbst, entwickelte Spielformen mit und galt als taktisches Pendant zu Steffen. Ein Angebot aus Bremen liegt bisher nicht vor. „Auch ich habe erst am Dienstag, nach der bitteren Niederlage gegen Heidenheim, von Horsts Wechselwunsch erfahren. Das hat vieles schwerer gemacht, jeder Tag früher hätte mir sehr geholfen. Es birgt aber wie immer im Leben auch Chancen. Wir wollen uns entwickeln und erfolgreich sein. Für Horst bleibt trotz des Abschieds bei mir nur Dankbarkeit für die gemeinsamen Jahre“, sagte Book.
Steffen selbst erklärt seinen Wechsel rational, aber nicht emotionslos: „Auch ich habe den Traum vom Bundesliga-Trainer, und Werder Bremen ist ein super Verein. Ich freue mich auf die neue Aufgabe.“ Und weiter: „Ich hatte in Elversberg eine wunderbare Zeit und möchte mich bei allen Menschen bedanken, die uns unterstützt haben und die ich kennenlernen durfte. Ich werde die vergangenen Jahre immer in guter Erinnerung und im Herzen behalten.“
Ein epochaler Abschnitt der Elversberger Vereinsgeschichte endet. Was bleibt, ist mehr als sportlicher Erfolg: Es ist das Bewusstsein, dass ein vermeintlich kleiner Club mit klarer Idee und dem richtigen Personal Großes erreichen kann. Horst Steffen war das Gesicht dieses Aufstiegs. Nun beginnt für ihn ein neues Kapitel – und für Elversberg die spannende Aufgabe, dieses Erbe weiterzutragen.