Das Todesrad gilt als besonders gefährliche Attraktion. Der erfahrene Todesrad-Artist Siegfried Sperlich (33) vom „Zirkus des Horrors“, der durch die Athleten-Wettkampfshow „Ninja Warrior Germany“ (RTL) einem großen Publikum bekannt wurde, gibt einen kleinen Einblick in sein Leben.
Im Mittelpunkt des „Zirkus des Horrors“ stehen keine bunten, fröhlichen Clowns und flauschige Tierchen, sondern purer Nervenkitzel, verrückte Artisten und schräge Comedy. Mit authentischer Gruselthematik und erfrischenden Neuvariationen bekannter Artistik-Nummern werden über 1.000 Besucher pro Show in die Welt des Horrors entführt. Das moderne Konzept lockt auch Horrorfans aus ihren dunklen Höhlen, die einen herkömmlichen Zirkus wahrscheinlich noch nie von innen gesehen haben.
Im Rad des Todes spielen die beiden Adrenalinjunkies Maik und Siegfried Sperlich mit den Nerven des Publikums. Immer schneller und rasanter dreht es sich, während die jungen Artisten ohne jede Sicherung auf der Außenseite des rotierenden Rades meterweite Sprünge und Salti vollführen. Zum Entsetzen der Zuschauer setzen sie mit Seilspringen noch eins drauf oder laufen mit verbundenen Augen über das Rad. Nervenkitzel pur und feuchte Handflächen garantiert!
Das Todesrad gilt als besonders gefährlich, da es dabei keine Sicherung gibt. Trotz der peniblen Vorbereitung erfahrener Artisten kommt es immer wieder zu Unfällen, so etwa 2022 bei „Flic Flac“ oder 2018 im „Circus Krone“. Auch Siegfried Sperlich hatte schon einen Unfall …
Herr Sperlich, warum wollten Sie Artist werden – wie kamen Sie auf die Idee und was hat Sie an diesem Beruf fasziniert?
Da meine Eltern einen eigenen Zirkus führen, wurde ich in dieses Leben hineingeboren. Fasziniert haben mich die große Vielfalt und das abwechslungsreiche Leben.
Wie wird man Artist beziehungsweise wie war es bei Ihnen?
Im Grunde kann jeder mit einem gewissen Maß an Interesse und Disziplin Artist werden, dafür gibt es die sogenannte Artistenschule in Berlin. In meinem Fall war es so, dass ich in die Fußstapfen meines Vaters treten wollte und sozusagen in der Manege groß wurde.
Wo und wie übt man die Stunts – wie muss man sich das vorstellen?
Es kommt immer ganz auf die Darbietung an, die man erlernen möchte. Möchten Sie zum Beispiel Jongleur werden, reicht eine Turnhalle zum Üben aus. Möchte man aber – wie ich – das Todesrad beherrschen, bleibt ausschließlich das Zirkuszelt als Trainingsort. Zunächst muss man, um ein Gefühl für das Requisit – in diesem Fall das Todesrad – zu bekommen, wochenlang täglich mehrere Stunden auf dem Rad laufen. Wenn man etwas sicherer geworden ist, kann man sich dann an die ersten Tricks wagen.
Wo waren Sie vor dem „Zirkus des Horrors“ engagiert?
Geboren und aufgewachsen bin ich in dem Zirkusunternehmen meiner Familie: „Circus Bonanza“.
Seit 2013 arbeite ich nun schon beim „Zirkus des Horrors“. Davor habe ich unter anderem beim „Karlsruher Weihnachtscircus“ und beim „Waiblinger Weihnachtscircus“ gearbeitet.
Ist Horror ein Thema, das Ihnen generell gefällt?
Erstaunlicherweise nein. Ich bin kein Fan von Horrorfilmen oder Gruselgeschichten. Aber selbst in diese Rolle schlüpfen zu können, verbunden mit meinem Traumberuf, begeistert mich täglich aufs Neue.
Sie führen zusammen mit Ihrem Cousin Maik das Todesrad vor. Worauf muss man sich hier besonders konzentrieren und worin bestehen die Herausforderungen?
Perfekte Zusammenarbeit und vollstes Vertrauen sind das A und O. Jeder Schritt und jeder Sprung müssen zu 100 Prozent sitzen. Das perfekte Timing spielt ebenfalls eine sehr wichtige Rolle. Ich muss nicht nur auf mich allein achten, jeder von uns muss sich auf zwei Personen konzentrieren. Mache ich einen Fehler, kann es auch für Maik sehr gefährlich werden.
Beim Zirkus „Flic Flac“ kam es letztes Jahr zu einem Unfall beim Todesrad – zwei Artisten stürzten aus großer Höhe. Haben Sie bei den Vorstellungen keine Angst, dass Ihnen etwas passiert, oder denkt man nicht darüber nach?
Angst ist das falsche Wort, allerdings ist eine große Portion Respekt von Vorteil. Denn man darf nicht vergessen, dass eine Sekunde über Leben und Tod entscheiden kann.
Ist bei Ihren Vorführungen schon etwas schiefgelaufen und haben Sie sich dabei schon mal schwerer verletzt?
Im Juni 2017 gastierten wir in München auf der Theresienwiese. Während der Vorstellung fiel ich aus etwa acht Metern im freien Fall auf das Podium. Dabei brach ich mir beide Handgelenke, erlitt diverse Frakturen und einen Jochbeinbruch. Nach mehreren Operationen und anschließenden neun Monaten Physiotherapie stand ich wieder auf dem Rad.
Haben Sie damals nach dem schlimmen Sturz nicht mal ans Aufhören gedacht?
Ans Aufhören habe ich niemals gedacht, obwohl viele Ärzte und Physiotherapeuten gesagt haben, ich werde niemals mehr so richtig Sport treiben können. Und genau denen wollte ich das Gegenteil beweisen.
Wenn man sich an Zirkusvorstellungen von früher erinnert, hingen teilweise Netze zum Schutz der Artisten im Zirkuszelt. Warum wird heute darauf verzichtet?
Komplett wurde diese Sicherungsmaßnahme nicht abgeschafft, nur ist es nicht bei jeder Darbietung möglich. Beim Todesrad zum Beispiel wäre es durch die überdimensionale Größe des Requisits nicht möglich, es rundum abzusichern. Daher hat es schließlich auch seinen Namen.
Ist Zirkusartist ein sozial gefährlicher Beruf oder kann man das Einkommen gut kalkulieren, wenn man regelmäßig Auftritte hat?
Ich denke, das ist wie bei jedem anderen Job. Wenn man seine Sache gut macht, fleißig und zielstrebig ist, kommt man gut über die Runden.
Was waren Ihre persönlichen Highlights in Ihrer Karriere?
Mein Highlight ist, dass ich schon mehrmals die Chance bekam, beim „Karlsruher Weihnachtscircus“ zu arbeiten.
Sie haben schon mehrmals an der RTL-Show „Ninja Warrior Germany“ teilgenommen, standen sogar im Finale. Wie kam es dazu und was reizt Sie daran?
Ich habe die Show damals im Fernsehen geschaut und war sofort begeistert. Das ist genau mein Ding! Ich habe mich beworben und wurde sofort angenommen. Der Reiz daran ist für mich, dass man sich mit anderen Sportlern messen und sich jedes Mal aufs Neue selbst herausfordern kann. Zudem ist es ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man durch den Parcours rennt und von dem jubelnden Publikum angeheizt wird.
Wie bereiten Sie sich auf diese Show vor? Und werden Sie dieses Jahr wieder teilnehmen?
Das beste Training ist meine tägliche Arbeit im Zirkus, wie zum Beispiel der Auf- und Abbau der Zeltanlage und das Todesrad. Zudem besuche ich regelmäßig Boulderhallen, mache Kraftsport und trainiere an meinem selbstgebauten Ninja-Parcours.
Ja, ich werde dieses Jahr auf jeden Fall wieder teilnehmen.
Kommt es bei „Ninja Warrior“ manchmal zu Unfällen oder ist das relativ sicher?
Der Parcours ist relativ sicher. Trotzdem kann es passieren, dass man zum Beispiel umknickt, sich das Handgelenk verstaucht oder man sich die Stange der Himmelsleiter gegen den Kopf schlägt.
Womit sind Sie aktuell beschäftigt und welche Projekte stehen an?
Aktuell laufen die Vorbereitungen für die kommende Saison. Das bedeutet Reklame und Fahrzeuge instandsetzen. Der Zirkus des Horrors startet Ende März in Kassel und ab Mai in Hamburg. Dazu kommen natürlich das Training und die Vorbereitung für „Ninja Warrior Germany“.