Sachsen feiert den 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich, einem der wichtigsten deutschen Maler. In wildromantischen Landschaften und großartigen Kulturstätten kann man dem Künstler näherkommen.

Gerade mal 24 Jahre zählte Caspar David Friedrich, als er nach Dresden kam, angelockt von den reichen Beständen der Gemäldegalerie Alte Meister. In Dresden gründete er eine Familie, bekam drei Kinder, schuf seine wichtigsten Werke. Sein Wohnhaus befand sich in Elbnähe am Terrassenufer. Auf dem hiesigen Trinitatisfriedhof wurde der Maler beerdigt.
Friedrichs 250. Geburtstag wird in der sächsischen Landeshauptstadt groß gefeiert. Ab Ende August widmen die Staatlichen Kunstsammlungen dem Künstler eine Sonderausstellung an zwei Standorten, im Kupferstich-Kabinett und im Albertinum. Die Kunstsammlungen verfügen mit 14 Gemälden, 70 Zeichnungen und einem Skizzenbuch über eine der weltweit größten Friedrich-Sammlungen. Die Doppelschau ist Teil eines opulenten Ausstellungsmarathons in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle und der Alten Nationalgalerie Berlin. 2025 folgt dann eine große Retrospektive im Metropolitan Museum of Art in New York.
Besonders nah kommt man dem Künstler im Kügelgenhaus in der Dresdner Neustadt. In diesem barocken Bürgerhaus lebte einst Friedrichs Lehrer, der Maler Gerhard von Kügelgen. Heute befindet sich hier das Museum der Dresdner Romantik mit seinen historisch eingerichteten Zimmern. Ab Juni 2024 läuft hier eine Sonderausstellung über Malerinnen im Umfeld Caspar David Friedrichs.
Inspiration fand Friedrich in der Natur, auf seinen Wanderungen in der Umgebung Dresdens und den umliegenden Mittelgebirgen. Schon Kutschfahrten waren ihm zu schnell. Vollbepackt mit Skizzen und Aquarellen, wanderte er zurück nach Hause – wo er im Atelier seine Gemälde schuf.
Friedrich kam zum Wandern und Zeichnen

Häufig zog es ihn in die Sächsische Schweiz, deren markante Felsenformationen heute als Nationalpark geschützt sind. Den historischen Pfaden, auf denen einst Caspar David Friedrich und seine Künstlerfreunde unterwegs waren, folgt der Malerweg Elbsandsteingebirge: 116 Kilometer in acht Tagesmärschen, von Pirna bis an die böhmische Grenze und am anderen Elbufer wieder zurück. Neuestes Highlight am Malerweg ist die nach jahrelanger Sperrung wiedereröffnete Aussichtsplattform auf dem 194 Meter hohen Basteifelsen. Nahe der Basteibrücke schuf Friedrich die Skizze für sein Gemälde „Das Neurathener Felsentor“.
Der Malerweg führt auch durch den Uttewalder Grund, eine enge, mit Farnen und Moosen bewachsene Felsenschlucht. Friedrich hauste hier einmal eine ganze Woche „zwischen Felsen und Tannen“, ohne einer Menschenseele zu begegnen, wie er in einem Brief schrieb. Daraus entstand das düstere Gemälde „Uttewalder Grund“.
Mehrmals kam Friedrich zum Wandern und Zeichnen nach Bad Schandau, wo heute die tschechische Grenze verläuft. Während er von Dresden zu Fuß zwei Tage brauchte, reisen nun viele Ausflügler mit den historischen Schaufelraddampfern der Sächsischen Dampfschifffahrt an und genießen die imposante Felsenkulisse vom Wasser aus.
1813 flüchtete sich Friedrich vor den napoleonischen Unruhen für mehrere Monate in den Schandauer Ortsteil Krippen. Er wohnte hier bei seinem Freund Friedrich Gotthelf Kummer, der als Buchhalter bei der Dresdener Münzstätte tätig war.
Am 3. Juni 1813 brachte Friedrich auf dem Berg Kaiserkrone, etwa anderthalb Wanderstunden von Krippen entfernt, die Zeichnung „Felsige Kuppe“ zu Papier – auf denselben Felsen stellte er fünf Jahre später seinen „Wanderer über dem Nebelmeer“, eines der bekanntesten Bilder der Deutschen Romantik.

25 Kilometer östlich von Dresden steht die Burg Stolpen. Caspar David Friedrich war nicht der einzige Künstler seiner Zeit, der die mittelalterliche Burgruine verewigte. Vor allem faszinierte ihn der markante Burgturm, wo einst Gräfin Cosel als Gefangene lebte, die Maitresse Augusts des Starken. Von Stolpen marschiert man in zwei bis drei Stunden zur Felsenburg Hohnstein. Auch Caspar David Friedrich wanderte im Sommer des Jahres 1800 mehrere Tage durch dieses Tal, wo das Wildflüsschen Polenz durch steile Felsenschluchten rauscht. Unterhalb der Burg Hohnstein zeichnete er den Rundbogen des historischen Bärenzwingers. Im Burghof kann man heute gemütlich speisen, weite Blicke und den Sonnenuntergang genießen.
Im Sommer 1810 war Friedrich im Zittauer Gebirge unterwegs. Mit dabei: sein Dresdener Künstlerfreund Georg Friedrich Kersting. Am 4. Juli bestiegen die beiden den Berg Oybin, ein Sandsteinmassiv in einem von Vulkanen umringten Talkessel. Hier bewunderten sie die mittelalterliche Klosterruine hoch oben auf dem Felsplateau. Heute liegt die Gegend, die einst zum Böhmischen Königreich gehörte, im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien.
Historischer Gasthof mit Rittersaal

Am besten startet man von Zittau aus, das mit seiner barocken Altstadt und den Museen im einstigen Franziskanerkloster ohnehin einen Besuch wert ist. Von Zittau aus geht es zwölf Kilometer mit der historischen Schmalspurbahn zum Kurort Oybin. Der herzlich betreute Speisewagen, wo auch regionale Kräuterliköre serviert werden, lässt die Konkurrenz von der Deutschen Bahn alt aussehen. Beliebt sind aber auch die Plätze im offenen Aussichtswagen, wo einem die frische Bergluft um die Nase bläst. Ein Museum zur Geschichte dieser Bahn befindet sich in Oybin am Bahnhof. Um auf den Berg zu kommen, läuft man zunächst durch das steile Hausgrundtal, vorbei an einem stillen Teich. Dann geht es hinauf, zwischen Sandsteinklippen und den Fundamenten der Burg. Schließlich sind drei Tore zu durchqueren, um in die Ruine zu gelangen.
Der Oybin ist ein beliebtes Ausflugsziel. Viel Trubel herrscht im historischen Berggasthof mit seinem Rittersaal, wo schon Könige und Fürsten speisten. Das beeinträchtigt aber nicht die andächtige Stimmung auf dem noch heute bewirtschafteten Bergfriedhof und in der steil aufragenden Klosterruine, deren Kreuzgang unmittelbar an den Felsabgrund grenzt. Die Burg entstand im 14. Jahrhundert, um zwei über den Gebirgspass führende Handelsstraßen zu schützen. Gleich daneben stiftete Karl IV., böhmischer König und deutscher Kaiser, ein Benediktiner-Kloster mitsamt imposanter Kirche. Zwei Jahrhunderte lang existierten Burg und Kloster nebeneinander – bis die Reformation dem Klosterleben ein Ende setze. Erst fiel die verwaiste Anlage einem Blitzschlag zum Opfer, später riss ein Felsabbruch Teile der Gemäuer in den Abgrund.
Bald erregte der Oybin das Interesse der Maler. Wie beeindruckt Caspar David Friedrich von der überwucherten Klosterruine war, belegt nicht nur eine aquarellierte Zeichnung, die er gleich vor Ort anfertigte, sondern vor allem, dass er mehrfach und noch viel später auf dieses Motiv zurückgriff.
Noch als 66-Jähriger, drei Jahrzehnte nach seinem Oybin-Ausflug, widmete sich Friedrich der Klosterruine in seinem Gemälde „Der Träumer“. Es zeigt einen Mann, der in einer gotischen Fensteröffnung sitzt und die schlanken Fichten im Abendrot betrachtet. Im einstigen Wohnturm der Herren von Zittau, dem ältesten Gebäude der Burg, befindet sich ein Museum mit Ausgrabungsfunden, prächtigen historischen Ofenkacheln und alten Fotografien.

Beim Abstieg empfiehlt sich ein Blick in die barocke Bergkirche, die mit steilem Gefälle am Fuß des Oybin errichtet wurde. Die Grisaille-Bilder an den Emporen und an der Decke erinnern an die hiesigen Damastweber, die ihre Vorlagen in Grautönen zeichneten.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg hatte die Region durch die Leinenproduktion eine Blütezeit erlebt. Daher konnte man es sich leisten, die überwucherte Burgruine auf dem Oybin für Ausflügler zugänglich zu machen.
Seine letzten Lebensjahre verbrachte Caspar David Friedrich in Armut. Sein Ruhm zu Lebzeiten hielt nicht lange an; die Zeitgenossen fanden seine Bilder düster und weltfremd. Um etwas Geld in die Kasse zu bringen, übernahm er Entwürfe für Grabsteine. Auf dem historischen Dresdener Eliasfriedhof, der nur bei Führungen zugänglich ist, stehen vier von ihm gestaltete Grabdenkmale. Seit der Friedhofsschließung vor fast 150 Jahren wurde hier nichts mehr verändert, sodass die Zeit in dieser verfallenen, überwucherten Anlage stillzustehen scheint.
Caspar David Friedrich war bei seinem Tod am 7. Mai 1840 nahezu vergessen. Er wurde in Dresden auf dem Trinitatisfriedhofs beerdigt. Sein heutiges Grab ist keine hundert Jahre alt. Wie sein ursprünglicher Grabstein aussah, wissen wir nicht.