Die Skipisten zu Füßen des Hochkönigs im Salzburger Land sind an sich schon ein Genuss. Die „Kulinarischen Königstouren" setzen dem Skitag die Krone auf. Und beim Alpine Craft Festival Ende März gibt es noch ein leckeres Beiprogramm obendrauf.
Fern(/)sehn: Das steht auf der in die XXL-Glasfront integrierten Terrassentür, wenn der Blick aus der „Tom Almhütte" über das weite Bergpanorama schweift. Wie wahr! Diese Aussicht könnte locker als Kulisse für jeden Heimatfilm herhalten. Über all dem wacht Mops-Dame Choupette: in Präsenz oder als großes Porträt auf Türen, Kissen und Bildern. In dem Ende 2018 eröffneten Bergrestaurant oberhalb von Maria Alm im Salzburger Land gibt es noch weitere Wow-Momente: ausrangierte, hölzerne Liftsessel an der Bar, eine alte Weinpresse, ein Friseurstuhl, legere Sitzecken und das auf 20 Metern Länge zu öffnende Glasdach, das Besitzer Tom Schwaiger als „modernes Cabriosystem" bezeichnet. Apropos Cabrio: Damit respektive anderen Autos (von Ausnahmen abgesehen, siehe weiter unten) kommt man nicht hinauf zur Hütte. Lediglich zu Fuß, mit der ebenfalls erst vor einigen Jahren in Betrieb gegangenen, mitten in Maria Alm startenden Natrun-Gondelbahn oder mit (Touren-)Ski.
Mit denen geht es nach einem schnellen Morgenkaffee auf der Hüttenterrasse los – für eine weitere Besichtigung des mit Architekturpreisen überhäuften Gebäudes kommen wir ja später wieder. Auf zur Königsrunde, eine von mehr als einem Dutzend sogenannter Genuss-Ski-Routen im Skiverbund Ski amadé. Manche sagen, sie sei die schönste. Was die Kulisse anbelangt, stimmt das womöglich. Auf der ausgeschilderten Route, die sechs Gipfel, 35 Pistenkilometer und 7.500 Höhenmeter umfasst, haben Skifahrer stets den gegenüberliegenden 2.941 Meter hohen Hochkönig im Blick. Wie ein riesiges Wahrzeichen prägt er die Landschaft. Doch so taff, wie sich seine schroffen Felswände geben, ist die Skischaukel zwischen Maria Alm, Dienten und Mühlbach nicht. Im Gegenteil.
Ski-Routen verbinden sich zur Königsrunde
„Hochkönigs Winterreich", wie sich das insgesamt 120 Pistenkilometer umfassende Skigebiet vermarktet, ist weniger etwas für Cracks mit Hang zum Steilhang als für Genießer. Dank breiter, sonnenverwöhnter Abfahrten im überwiegend blauen und roten Bereich, dank komfortabler Sessel- und Gondelbahnen und dank jeder Menge Einkehrmöglichkeiten. Und die heben sich alpenweit wirklich ab, haben doch die meisten nichts mit dem 08/15-Look und/oder unpersönlichem Selfservicecharakter zu tun. Eher mit Stil, Ästhetik, Design. Die „Tom Almhütte" ist nicht das einzige Beispiel. Ein weiteres: die „Deantnerin", die Stefanie und Florian Grammer mit einem befreundeten Ehepaar oberhalb von Dienten (im Dialekt: Deanten) direkt an der Bürglalmabfahrt errichten ließen. Die 2016 eröffnete, auf rund 1.100 Höhenmetern gelegene Hütte mit den Hauptbaustoffen Holz und Glas beschreiben die findigen Gastronomen mit dem Dreiklang „traditionell, gemütlich, urban". Was wie ein Widerspruch klingt, kommt bei den maximal 100 Gästen im Inneren (plus noch mal einigen auf der Sonnenterrasse) extrem gut an – was neben dem Top-Ausblick auf das Hochkönig-Massiv auch an der Top-Küche liegt.
Da ist eine Kostprobe (ge-)fällig. Raus aus den Skiern, rein in die Terrassensitzecke. Eine freundliche Bedienung serviert fein garniertes Lachstatar, dazu wird ein Ramazzotti Rosato gereicht. Geht quasi automatisch – sobald man sich als „Gipfelgenuss"-Kunde zu erkennen gibt. So nennt sich eine von fünf Kulinarik-Touren, die seit wenigen Jahren entlang der „Königstour" führen. Der Clou: Auf jeder Hütte erwartet den Gast ein anderes Gericht eines aufeinander abgestimmten Drei- bis Vier-Gänge-Menüs. Die einzelnen „Kulinarischen Königstouren" unterscheiden sich dabei in ihren gastronomischen Themen: Bei den Touren „Almliebe" und „Heimatliebe" können sich Wintersportler auf klassisch österreichische Spezialitäten freuen, wie etwa Kaspressknödelsuppe, Ripperl mit Beilagen oder Topfenknödel auf Zimtzuckerbrösel und Beerenragout. Es gibt sogar eine vegane Variante, die „Pflanzerltour".
Der „Gipfelgenuss" ist die Premiumvariante. Was sich nach einigen schönen Abfahrten an der nächsten Station, der „Steinbockalm", bestätigt. Hier oben wird, mit Blick auf das beschauliche und bei Prominenten wie Barbara Schöneberger beliebten Hinterthal, Bouillabaisse mit Garnele, Lachs, Kabeljau und Miesmuscheln kredenzt. Dazu wird ein Glas Weißwein gereicht, wahlweise auch, wie an allen Stationen, ein alkoholfreies Getränk. Was es für alle gibt – schließlich ist Samstag und Livemusik-Tag auf der modernen Alm: chillige Beats aus den Lautsprechern. „Café del Mar" in den Alpen. Da heute jedoch das Alpine Craft Festival stattfindet, traditionell für das letzte März-Wochenende im und rund ums Skigebiet terminiert, bedeutet das: Das Technik-Set auf der Terrasse ist größer, der Sound fetter, der DJ bekannter. Das merkt man, als DJ Sven Mayer gegen 14 Uhr von dezenten auf launigere Rhythmen umschwenkt. Die ersten Gäste tanzen vor den Lautsprechern. Andere wippen, im Loungebreich werden Sektkübel gereicht. Das Leben kann herrlich sein!
Samstag ist Livemusik-Tag
Auch auf anderen Hütten wie der „Hochmaisalm", der „Zapferl Alm", der „Karbachalm", der „Tiergartenalm" – allesamt ebenfalls Teilnehmer bei anderen Kulinariktouren – wird das ganze Wochenende gefeiert. Kein Humpftata, sondern Tschakka! Elektrobeats statt Volksmusik. Aber alles gut verträglich.
So sehr man jetzt auch versumpfen könnte: Es wartet der dritte Gang auf der dritten Hütte. Der Einwand, dass doch niemand soviel an einem Tag essen könne, lässt sich kontern. Allein, weil man sich zwischen den Mahlzeiten ausgiebig bewegt. Dennoch ist es gut zu wissen, dass sich die zwischen 52 und 72 Euro teuren „Kulinarischen Königstouren" auf mehrere Tage aufsplitten lassen. Vorspeise am Montag, Hauptspeise am Dienstag und Dessert am Mittwoch? Kein Problem, das Angebot gilt die ganze Saison.
Die dauert aber, dazu muss man angesichts der warmen Frühlingstemperaturen kein Prophet sein, in unserem Fall nicht mehr lang. Spätestens Ostern werden die Lifte ohnehin traditionell abgeschaltet, zumindest für den Skibetrieb. Also schnell Pisten runter, Bahnen hoch, und zusehen, den letzten Lift um 16 Uhr hinauf zur „Tom Almhütte" zu bekommen. Check.
Während Gäste am Nachbartisch aus der Karte wählen, zum Beispiel Pinzgauer Nidei aus Kartoffelteig mit Sauerkraut und Speck oder Erdäpfel-Muas mit Zwetschgen, zücken wir einfach nur unsere Spezialkarten. Ein Blick des Personals – und wenig später erfreuen wir uns an cremiger Mousse. Bei der gilt ebenfalls das Hüttenmotto „Brutal regional". Sprich, beim Einkauf wird heimischen Produkten konsequent der Vorzug gegeben: Fleisch vom ansässigen Bio-Bauernhof oder Eis aus Schafsmilch aus dem Salzkammergut. Und auch der Sekt für den Sundowner, der hier „Tom Sprudel" heißt, wird in zwei örtlichen Weingütern angebaut.
Heute aber steht ein anderes Getränk im Mittelpunkt: Craft Beer. Genau genommen sind es 13 kleine Brauereien aus ganz Österreich und Deutschland, die sich zum „Alpine Craft Festival" oben am Berg zusammengefunden haben. Eine Art Mini-Messe mit hohem Unterhaltungswert, Stichwort Saxofonspieler, die zu Elektrobeats performen und Tanzeinlagen im Schnee. Mit vorher eingetauschten Münzen bekommt man für je einen Euro an jedem Stand ein Probierglas, für etwas mehr wahlweise auch Speisen an den hier oben geparkten Foodtrucks – wie auch immer die hier hochkamen. Wobei unsere Gruppe feststellt: Gegessen wurde am heutigen Tag wahrlich genug!