Die SV Elversberg trotzt Dynamo Dresden in letzter Minute ein 2:2 ab – und schafft damit erneut ein spätes Comeback in der Nachspielzeit. Auf Seiten der SVE war Younes Ebnoutalib erneut der Matchwinner.
Am Ende war es ein Tor, das wahrscheinlich fallen musste. Die SV Elversberg, über weite Strecken spielbestimmend, aber zu nachlässig im Abschluss und vor allem in der ersten Halbzeit zu fehlerhaft, belohnte sich in der Nachspielzeit für eine aufopferungsvolle zweite Halbzeit mit einem verdienten 2:2 gegen Dynamo Dresden – und brachte die Kaiserlinde in der Nachspielzeit zum Toben. Ein Ergebnis, das aus saarländischer Sicht weniger die verpasste Chance auf drei Punkte betont, sondern vielmehr die mentale Stärke einer Mannschaft unterstreicht, die sich nach Rückständen nicht aus der Bahn werfen ließ. Mit nun zehn Punkten aus fünf Spielen steht Elversberg weiter gut da.
Der Spielverlauf war ein kleiner Spiegel jener Gratwanderung, die Trainer Vincent Wagner nach dem Schlusspfiff offen thematisierte: „Es ist immer ein schmaler Grat zwischen Mut und Übermut – und da hatten wir in der ersten Halbzeit nicht die richtige Balance.“ Gemeint war ein Spielbeginn, der für Elversberg untypisch und auch bitter endete. Schon in der dritten Minute geriet das Team durch einen Konter in Rückstand. Christoph Daferner setzte sich nach einem Ballverlust von Lukas Pinckert im Laufduell durch, blieb vor dem Tor eiskalt und traf mit einem satten Rechtsschuss zur frühen Führung für die Gäste.
Elversbergs Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Bereits sechs Minuten später sorgte Younes Ebnoutalib für den ersten seiner zwei Treffer: Nach einem Freistoß von Tom Zimmerschied stieg der Angreifer am zweiten Pfosten ungestört hoch und köpfte den Ball über den Innenpfosten hinweg ins Netz.
Tatsächlich wurde die Partie nun offen und temporeich – mit Chancen auf beiden Seiten. Elversberg kombinierte mutig, übernahm allmählich die Spielkontrolle, zeigte aber Schwächen in der Rückwärtsbewegung. Der zweite Dresdner Treffer in der 39. Minute war sinnbildlich für diese Phase: Nach einem weiteren Ballverlust in der Vorwärtsbewegung ging es schnell – Niklas Hauptmann setzte Jakob Lemmer in Szene, der aus kurzer Distanz zum 1:2 traf. Ein erneuter Rückschlag, der jedoch nicht das Spiel, wohl aber die Pausenansprache des Elversberger Trainers prägte.
„Wir wollten alles einen Ticken zu spielerisch lösen“, sagte Wagner später selbstkritisch. „Da waren die Jungs aber reflektiert genug, zu wissen, dass das nicht gut genug von uns war.“ Dass diese Reflexion Wirkung zeigte, war mit Wiederanpfiff spürbar. Elversberg agierte druckvoller, dominanter, kontrollierter. Dresden hingegen verlor zunehmend den Zugriff, verschanzte sich tief in der eigenen Hälfte – eine Reaktion, die Dresdens Trainer Thomas Stamm sichtlich ratlos zurückließ: „In der zweiten Halbzeit ist es für mich unerklärlich, dass wir nicht mehr in dieses Spiel hineinkommen“, sagte er, und weiter: „Es war das Schlechteste, was ich in den letzten 14 Monaten von meiner Mannschaft gesehen habe.“
Tatsächlich entwickelte sich das Geschehen nach der Pause zu einer Art Einbahnstraßenfußball – allerdings ohne Ertrag. Elversberg kombinierte sich bis in den Strafraum, ließ aber die letzte Konsequenz im Abschluss vermissen. Mehrfach verhinderte Dynamo-Keeper Tim Schreiber mit starken Paraden den Ausgleich. In der 56. Minute etwa lenkte er einen abgefälschten Ball von Ebnoutalib noch an die Latte. Auch eine misslungene Rückgabe, die Ebnoutalib beinahe profitabel genutzt hätte, blieb ohne Folgen – weil Schreiber hellwach war und rettete. Dass dieser Druck irgendwann Wirkung zeigen musste, war absehbar – und Wagner wusste das: „Der Ausgleich war dann überfällig.“
Individuelle Fehler in Halbzeit eins
In der zweiten Minute der Nachspielzeit wurde der Aufwand schließlich belohnt. Nach einem Steckpass von Łukasz Poręba stand erneut Ebnoutalib im Zentrum, zog aus kurzer Distanz ab – und der Ball rutschte durch die Beine von Schreiber zum hochverdienten 2:2-Endstand. „Ich glaube, wenn man in der Nachspielzeit ausgleicht, kann man nicht von einem Punktverlust sprechen“, sagte Wagner. Und tatsächlich: Die Haltung der Mannschaft in der Schlussphase – nicht nur den Punkt zu sichern, sondern weiter auf den Sieg zu drängen – war bezeichnend für die aktuelle Verfassung der SVE.
Denn auch nach dem 2:2 versuchte Elversberg, das Momentum aufrechtzuerhalten. „Was ich sehr gut fand, war, dass wir uns nach dem späten Ausgleich nicht mit dem Punkt zufriedengeben, sondern konsequent auf Sieg spielen“, so Wagner weiter. „Wäre nur gut beim nächsten Mal, wenn wir dann nicht in einen Konter laufen.“ Dass es trotz spielerischer Überlegenheit nicht zu einem Heimsieg reichte, lag an der ersten Halbzeit. Doch was fehlte, war nicht nur die Präzision im Offensivspiel, individuelle Fehler gaben Dresden die Möglichkeit, in dieses Spiel früh reinzukommen. In Summe jedoch bleibt der Eindruck einer gefestigten Mannschaft, die sich nicht nur spielerisch, sondern auch im Zusammenspiel mit ihrem Trainer stetig weiterentwickelt. „Bis jetzt haben wir gemeinsam einen guten Weg gefunden, die Spieler wissen schon viel“, betonte Wagner. „Da kann man sich dann auch als Trainer weiterentwickeln.“
So bleibt das Remis gegen Dresden sportlich gesehen ein kleiner Dämpfer, atmosphärisch und inhaltlich aber ein weiterer Beleg für die Entwicklung dieses Teams. Der couragierte Spielstil, der auch Risiken in Kauf nimmt, ist dabei kein Makel, sondern Teil einer Haltung. „Wir werden weiterhin mutig Fußball spielen, wir werden auch Bälle verlieren und Gegentore dadurch kriegen, das ist völlig in Ordnung“, erklärte Wagner. Wichtig sei nur, „diese Balance“ immer wieder neu zu finden – zwischen dem Risiko im Ballbesitzspiel und der notwendigen Absicherung.
Dass Elversberg das kann, wird sich bereits in der kommenden Woche zeigen. Dann gastiert das Team bei Eintracht Braunschweig. Für Wagner und seine Mannschaft wird es darum gehen, die Spielkontrolle und Durchschlagskraft aus der zweiten Halbzeit zu konservieren – idealerweise kombiniert mit etwas mehr Effizienz im Abschluss und mehr Mut – ohne Übermut.