Als Rüdiger Schneidewind von seinem Amt als Homburger Oberbürgermeister suspendiert wurde, stand die Stadtverwaltung vor einem Scherbenhaufen. Nun stehen die ersten turnusgemäßen Neuwahlen an – und das Amt ist begehrt. FORUM hat sich mit zwei der Kandidaten unterhalten.
Fünf Jahre ist es her. Am 27. März 2019 wurde der Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (damals SPD, heute parteilos) suspendiert. Grund dafür war unter anderem, die im Jahr 2018 öffentlich gewordene „Detektiv-Affäre“, bei der Schneidewind mehrere Mitarbeiter des Baubetriebshofs der Stadt Homburg wegen des Verdachts auf arbeits- und strafrechtliche Vergehen durch eine Detektei überwachen ließ. Das kostete die Stadt 328.000 Euro – obwohl Homburg ohnehin bereits stark verschuldet dastand.
Seither ist in der drittgrößten Stadt des Saarlandes etwas Ruhe eingekehrt. Der Homburger Bürgermeister Michael Forster (CDU) übernahm interimsweise Schneidewinds Amt. „Ich habe eine sehr schwierige Situation vorgefunden“, erinnert sich der Unionspolitiker. „Ich habe einen Bericht der überbehördlichen Prüfung über frühere Amtsjahre bekommen, bei dem insgesamt 110 Beanstandungen aufgeführt waren, über Dinge, die Jahre zuvor in der Stadtverwaltung nicht ordentlich gelaufen sind und auch im Hinblick auf die Zukunft verbessert werden müssen.“ Homburg habe eine solide Verwaltungsspitze verdient, ohne Skandale. Das sei der Anlass für ihn gewesen, sich der Aufgabe zu stellen. „Als allererstes habe ich mich aufgemacht, die Verwaltungsstrukturen neu zu ordnen. Ich kann sagen, dass fast 95 Prozent dieser Beanstandungen erledigt sind. Jetzt möchte ich die von mir auf den Weg gebrachten Projekte gerne erfolgreich zu Ende bringen.“ Dafür braucht er bei der anstehenden Wahl am 9. Juni Stimmen.
Und Hoffnung und Vertrauen wollen auch andere den Homburgern geben: „Viele Leute, die in der Stadt arbeiten, sind verunsichert. Viele Mitarbeiter mussten auch vor Gericht aussagen und sich rechtfertigen. Da ist ein ungutes Gefühl zurückgeblieben“, beschreibt Pascal Conigliaro. Der SPD-Mann hat ebenfalls ein Auge aufs Rathaus geworfen. Denn er kritisiert auch: „Die aktuelle Verwaltungsspitze hat wenig dafür getan, dieses Klima besser zu machen. Es muss auch wieder jemand an die Verwaltungsspitze, der Entscheidungen trifft – auch wenn sie einmal unangenehm sind“ So untätig bewertet Forster seine bisherige Amtszeit allerdings ganz und gar nicht: „Es wurde beispielsweise früher nicht überall das Vier-Augen-Prinzip eingehalten. Ich habe digitalisierte Verfahren eingeführt, die es ermöglichen, dass mindestens vier bis sechs Augen einen Vorgang abzeichnen müssen, bevor irgendetwas ausgezahlt wird. Dadurch möchte ich auch versuchen, wieder das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger herzustellen.“ Zudem hat die Stadt Homburg mittlerweile auf Forsters Initiative einen unabhängigen Antikorruptionsbeauftragten und einen Vertrauensanwalt. An den können sich Bürger wenden, die das Gefühl haben, dass etwas nicht in Ordnung ist. Dass diese Neuerungen positiv aufgenommen werden, zeigen laut Forster auch die Rückmeldungen, die er aus Gesprächen bekäme: „Das ist ein gutes Zeichen. Es gibt mir die Sicherheit für die Zukunft, in die richtige Richtung zu gehen.“
Vielzahl von Projekten vor der Umsetzung
Und in der Tat sind in den vergangenen fünf Jahren so einige Stellschrauben in Bewegung gesetzt worden: „Ich hatte schon vor zwei Jahren eine Wasserstoffstrategie in Auftrag geben lassen“, erzählt Forster. Diese hatte der ehemalige Werkleiter der Firma Bosch in Zusammenarbeit mit anderen Homburger Firmen als externe Arbeitsgruppe angefertigt. „Dort haben wir ein tolles Ergebnis abgeliefert, das leider an der Finanzierung durch das Land und durch den Bund gescheitert ist.“ Nun möchte das Land das entsprechende Projekt aber doch in Homburg umsetzen. Forster sieht dies gelassen: „Im Prinzip ist mir egal, wer es umsetzt. Für mich zählt das Ergebnis – die Unterstützung der Firmen“, betont er. Auch in Sachen Städteplanung gibt es Entwicklungen: „Für die Hohenburgschule ist beispielsweise eine Machbarkeitsstudie auf den Weg gebracht worden. Dort soll nach meinen Vorstellungen ein Haus der Bildung und Kultur entstehen, in dem städtische Institutionen wie die Stadtbibliothek oder die Volkshochschule untergebracht werden“, sagt er. Auch ein kleines Museum könne er sich dort vorstellen. Der entsprechende Vorplatz, der nach der italienischen Partnerstadt Albano Laziale benannt werden soll, soll entsiegelt und neugestaltet werden – nachhaltige Ideen dafür hat ein über Monate laufender Wettbewerb geliefert. „Das wird eine Oase in der Stadt“, sagt Forster und kündigt zudem die Sanierung des Sportzentrums Erbach an. Er erwähnt, dass die 44 Spielplätze im Stadtgebiet unter seiner Verantwortung für eine halbe Million Euro auf Vordermann gebracht wurden und auch die Baustelle Waldstadion wird angegangen: „Hier ist mir eine belastbare Planung wichtig. Es darf nicht wie beim Bau anderer Sportstätten im Saarland passieren, dass uns mitten im Projekt die Gelder ausgehen oder dass die Kosten explodieren“, so Forster. Daher wird die Sanierung des Waldstadions modular realisiert werden. „Wir können schrittweise bauen. Wenn wir sehen, das läuft aus dem Ruder, können wir stoppen und erst einmal schauen, wie es weitergeht“, erklärt der Christdemokrat. „Zudem sind zwei Parkhäuser – einmal hinter der Hohenburgschule Richtung Karlsbergbrauerei und einmal in der Gerberstraße – in Planung. Das verhindert den Parksuchverkehr in der Innenstadt.“ Den großen Bedarf sehe man unter anderem in der Talstraße, mit Blick auf das Vauban-Carrée: „Wir wissen, dass dieser vorübergehende Parkplatz besonders stark frequentiert wird, was eine auf die gesamte Stadt ausgelegte Parkraumuntersuchung auch bestätigt hat“, erläutert Forster.
Dass nicht all diese Arbeit und die Anstrengungen dahinter sofort gesehen werden, ist Forster, der in den ersten Monate als OB-Vertretung ohnehin erst einmal intern alle Hände voll zu tun hatte, durchaus bewusst: „Zwei Drittel der politischen Arbeit werden im Vorhinein getan, aber keiner sieht sie. Das sind die ganzen Planungsleistungen, die Ausschreibungen, …“
Mehr über Wirtschaftsstandort sprechen
Doch auch Conigliaro ist kein Unbekannter in Homburg. Seit zwei Jahren ist der Deutsch-Franzose Mitglied des Landtags, seit fünf bereits im Stadtrat Homburg engagiert. „In meiner bisherigen Tätigkeit für die Stadt sind mir einige Dinge aufgefallen, die man angehen kann und die einer Verbesserung bedürfen“, sagt er. Besonders wichtig ist ihm dabei der Wirtschaftsstandort. „Mir ist es wichtig, dass mehr über den Wirtschaftsstandort Homburg gesprochen wird. Ich bekomme das auch in der Landespolitik mit: Es wird oft über Völklingen gesprochen, über das Linslerfeld, über Ensdorf, über Saarbrücken selbst – aber zu wenig über Homburg. Wir brauchen hier eine gute Verwaltung und eine gute Verwaltungsspitze, um mehr Gewicht auf die Waagschale zu legen um uns besser zu positionieren“, so Conigliaro. „Dafür brauchen wir auch Ansiedlungen von Zukunftsbranchen und einen Fokus auf Transformation. In der Industrie muss es noch viel mehr in Richtung CO2-freie Produktion gehen.“
Auch Forster ist sich der Bedeutung des Standorts bewusst: „Homburg ist der zweitwichtigste Wirtschaftsstandort des Saarlandes. Das wollen wir bleiben, deshalb liegt mein Augenmerk auf der Ansiedlung neuer Betriebe, denn die Transformation der Wirtschaft führt zu Veränderungen und Einschnitten.“ Homburg biete über 30.000 Arbeitsplätze, die Stadt habe jeden Tag rund 20.000 Einpendler, sagt er und kritisiert aus genau dem Grund auch den jüngst vorgelegten Landesentwicklungsplan der Landesregierung: „Aus Gesichtspunkten des Klimaschutzes, aber auch der Steuerkraft, wäre es wünschenswert, wenn sich viele dieser Einpendler auch in Homburg niederlassen könnten. Dazu brauchen wir aber auch Entwicklungsmöglichkeiten, die uns der neue Landesentwicklungsplan nimmt“ Denn neue Baugebiete sollen dadurch zur Ausnahme werden. „Das macht die Entwicklung einer Stadt wie Homburg schwer.“
Dabei habe Homburg in so vielen Bereichen erhebliches Potenzial, wie sich beide einig sind. Einen sehr großen Faktor sieht Conigliaro dabei auch beim Universitätsstandort: „Wir haben eine medizinische und zahnmedizinische Fakultät in Homburg. Warum nicht auch Ingenieure ausbilden?“ Dies sei „relativ kostengünstig möglich“: „Medizinstudienplätze sind mit die teuersten, da gibt es immer nur eine begrenzte Kapazität. Wenn man aber Ingenieure oder auch Betriebswirte ausbildet, sind das mit die günstigsten Studienplätze. Man braucht einen Raum und einen Professor. Wir haben so viele Betriebe, die mit Sicherheit ein großes Interesse daran haben, gut ausgebildete Leute vor Ort zu haben“, so Conigliaro. Denn so könne man „die Leute schon bei der Wahl der Hochschule in die Stadt locken und nicht erst danach, wenn es vielleicht auch schon europaweite Angebote gibt.“ Vorstellen könnte er sich für diesen „Ingenieurcampus“ eine Ausgliederung der HTW. Als Mitglied des Wissenschaftsausschusses das saarländischen Landtages habe er hierzu ohnehin eine gewisse Affinität, aber auch Forster sieht die Potenziale und Chancen, die die Universität bietet: „Ich habe mir für die Stadt vorgenommen, eine stärkere Vernetzung unserer Universität mit der Wirtschaft auf den Weg zu bringen. Wir sind Gesundheitsstandort Nummer 1 im Saarland. Wir haben ein riesiges Knowhow im Bereich Gesundheitstechnik. Dort schlummert ein gewaltiges Potenzial, das es zu heben gilt.“
Für Conigliaro sollen auch bestehende Arbeitsplätze eine zentrale Stellung einnehmen: „Wir haben es in der jüngsten Vergangenheit beispielsweise bei der Teilschließung von Michelin gesehen, wie wichtig das ist“, betont er. „Gerade in diesem Fall müssen wir alles ausschöpfen, was geht. Hinter den Arbeitsplätzen, die abgebaut werden, stehen Arbeitnehmer mit Familien. Um sie müssen wir uns kümmern, damit sie auch eine Chance bekommen, schnell eine neue Anstellung zu finden.“ Doch da ist für ihn noch lange nicht Schluss: „Es ist wichtig, dass man die dann leerstehende Fläche – man nennt das Brownfield, also eine Fläche, die schon einmal der Industrie gewidmet war – als Saarland an sich zieht, sie weiterentwickelt und nochmal für weitere Ansiedlungen auf den Markt bringen kann“, so der 46-Jährige. „Denn aktuell ist es so: In Homburg sind alle Flächen verbraucht. Der ganze Zunderbaum, da ist alles vergeben. Wir haben aktuell keine Fläche, die man einem potentiellen Investor weitergeben könnte. Wenn heute jemand kommt, müssen wir ihn wegschicken und er geht in eine andere Kommune. So schlecht die Nachricht also ist, darin liegt auch eine Chance.“
Das aber kann die Kommune nicht alleine schaffen. „Das muss in enger Verzahnung mit der Landesregierung passieren“, sagt er – und sieht genau hier auch seinen großen Vorteil: „Es wäre ein Riesenvorteil für die Stadt Homburg, einen Oberbürgermeister zu bekommen, der auch mal auf Landesebene aktiv war und dort die ganzen Verbindungen hat. Wenn man das Netzwerk hat, stehen einem alle Türen offen – und wenn sie nicht offen sind, dann öffnet man sie“, sagt er selbstbewusst. Zwar ist er sich der drohenden Doppelbelastung durchaus bewusst, doch fürchten tue er diese nicht: „Die Belastung ist hoch. Als Landtagsabgeordneter hat man bereits viel zu tun und als solcher immer noch mehr Termine wahrnehmen und Veranstaltungen besuchen oder noch mehr Kommunikation über Pressearbeit und über soziale Medien betreiben. Und da habe ich noch nicht drüber gesprochen, dass ich neben dem Landtag auch noch im Stadtrat und in vielen anderen Gremien ehrenamtlich tätig bin und zudem Verantwortung für die Parteiarbeit für rd. 500 Mitglieder trage und aktuell für die Direktwahl als Oberbürgermeister kandidiere. Aber ich arbeite für mein Ziel, Homburg besser zu machen, rund um die Uhr. Weil mir diese Stadt wichtig ist. Michael Forster hat in seinem Neujahrsinterview gesagt, er möchte etwas kürzer treten. Das ist bei mir genau das Gegenteil! Ich werde mich zu 100 Prozent oder besser gesagt zu 150 Prozent für die Stadt einsetzen.“
Kein Social-Media-Auftritt der Stadt
Ebenfalls das Verständnis fehlt Conigliaro wenn er sich den Ausbau der Digitalisierung in der Universitätsstadt anschaut: „Das Potential ist riesig, aber es wird zu wenig getan“, sagt er. „Auf dem Baubetriebshof arbeiten sie beispielsweise noch mit einem schwarzen Brett. Wie erreiche ich so denn noch einen Mitarbeiter? Da wird dringend eine technische Ausstattung benötigt.“ Völlig anders sieht das Forster: „Digitalisierung ist bei uns in vollem Gange. Wir haben damit begonnen, viele Leistungen digital zur Verfügung zu stellen. Da sind wir natürlich nicht am Ende, es wird noch eine ganze Weile dauern, bis wir die gesamte Verwaltung digitalisiert haben. Das ist aber auch ein landesweites Thema“, sagt er und verweist zudem auf den Glasfaserausbau, der im gesamten Stadtgebiet auf einem guten Weg sei.
Doch auch in Sachen Außendarstellung übt Conigliaro Kritik: „Die Stadt Homburg hat keinen Auftritt in den sozialen Medien. Als zweitgrößter Wirtschaftsstandort im Saarland muss da ganz dringend rangegangen werden. Man erreicht junge Menschen mittlerweile nur noch über soziale Medien.“
Dafür einen eigenen Instagramauftritt hat die Biosphäre Bliesgau, zu der auch Teile Homburgs gehören: „Wenn die nächste Evaluation stattfindet, sollte man schauen, dass Homburg mit dem gesamten Stadtgebiet Biosphäre wird“, so Conigliaro, der als Vertreter der Stadt auch Mitglied in der Verbandsversammlung Biosphäre ist. „Man muss den Weg aber auch gehen wollen.“ Er will – und auch Michael Forster will. „Wir müssen uns überlegen, wie man Homburg in einem größeren Teil oder vielleicht auch ganz in die Biosphäre einbringt. Auch müssen wir mehr mit dem Label Biosphäre werben, das sage ich auch ganz selbstkritisch.“ Denn gerade in Sachen Biosphäre, aber auch Klimaschutz hat die Stadt viel zu bieten: „Wir sind zum Beispiel eine der ersten Städte im Saarland, die am Projekt arbeitet, Energie aus Abwasser zu gewinnen. Wir haben viel Industrie, deren Abwasser eine gewisse Wärme hat. Diese Wärme wollen wir aus dem Abwasser ziehen, um Energie vor Ort zu gewinnen.“ Erste Messungen, wie viel Energiegewinn dabei zu Stande komme, laufen bereits: „Nach ersten Prognosen könnten wir zum Beispiel das Rathaus ganz mit Wärme aus Abwasser heizen“, so Forster.
Ebenfalls gut sieht es in Sachen Tourismus und Kultur aus. Denn nicht nur durch Attraktionen wie den Jägersburger Weiher oder die Gustavsburg lockt Homburg Touristen zu sich, sondern auch durch kulturelle Großveranstaltungen wie den Musiksommer. In dessen Bedeutung sind sich auch beide einig: „Der Musiksommer oder auch die Meisterkonzerte sind tolle Angebote, von denen wir schauen wollen, wie wir sie noch breiter fächern können“, so Forster. Und auch Conigliaro unterstreicht: „Wir haben eine gewisse Lastigkeit. Wir müssen zusätzlich andere Angebote schaffen, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Ich denke da auch an einen kulturellen Punkt mit Frankreich. Da gibt es im Moment gar nichts. Wir haben im Saarland eine Frankreichstrategie, umso wichtiger ist es, Angebote zu haben, die den Nachbarn ansprechen und die Menschen vor Ort für das Nachbarland begeistern. Beispiel: Wir haben eine Städtepartnerschaft mit La Baule. Ich habe das Gefühl, das ist nur alle fünf Jahre von Bedeutung, wenn ein Jubiläum ansteht.“ Dabei seien die Gegebenheiten perfekt, um auch einmal auf dieser Ebene Franzosen nach Homburg zu locken. Und nicht nur hier, auch bei anderen Partnerstädten sieht er ungenutzte Potenziale: „Ich war überall, wo wir Städtepartnerschaften haben, weil es mir auch wichtig ist, dorthin Beziehungen zu pflegen. Das wird viel zu wenig angegangen.“ Jenseits von einem deutsch-französischen Angebot legen aber beide große Hoffnung in den neuen Kulturamtsleiter Christoph Neumann, der eine kulturelle Bestandsaufnahme bereits angekündigt hatte.
Doch trotz so viel Einigkeit in Bezug auf das kulturelle Angebot, sollte es gerade der Musiksommer sei, der – wenn auch nur indirekt – für Verstimmung zwischen den beiden Herren sorgen sollte. Aber von vorne: Das Alte Rathaus – quasi im Zentrum des alten Markts, auf dem der Kultursommer stattfindet – sollte bereits zu Zeiten Schneidewinds umgebaut werden. „Es gab damals einen Stadtratsbeschluss und ein fertiges Konzept, wie es umgebaut werden soll“, erinnert sich Conigliaro. „Im Laufe dieser Legislatur kam dann die Verwaltungsspitze und teilt mit, dass man bisher nichts umgesetzt habe und zudem die Fördermittelperiode abgelaufen ist, man hätte also keinen Zugriff mehr auf die 90-Prozent-Förderung. Sollen wir weitermachen? Welches Stadtratsmitglied kann da noch zustimmen? Keins.“ Conigliaro kann und will das so nicht stehen lassen: „Das ist ganz gravierend, denn die Verwaltungsspitze um Bürgermeister Michael Forster setzt Stadtratsbeschlüsse nicht um! Wenn ich als Oberbürgermeister einen Beschluss vom höchsten Gremium der Stadt bekomme, dann setze ich das um – ob mir das gefällt oder nicht. Das ist mein Job.“
Auch Forster erinnert sich an besagte Situation, er beschreibt es so: „Das Alte Rathaus sollte eine soziale Anlaufstelle werden. Das hätte den Musiksommer – also die Veranstaltung, die wahnsinnig viele Leute nach Homburg bringt und die damit auch Gastronomie und den Einzelhandel stärkt – mindestens beeinträchtigt.“ Denn im Alten Rathaus werden Räume für den Musiksommer genutzt, die im Falle dieses Umbaus aber weggefallen seien. Ein Ersatz aber sei vor Ort nicht in Sicht gewesen. „Wenn man erkennt, dass man dort in die falsche Richtung galoppiert, ist es wichtig, die Notbremse zu ziehen. Wir brauchen eine soziale Anlaufstelle – das ist gar keine Frage. Aber nicht im Alten Rathaus. Deswegen war ich dafür, das Projekt zu stoppen. Der Stadtrat hat dem zugestimmt.“ Statt zu schauen „Wo ist ein Fördertopf, um ein Gebäude zu sanieren?“ wolle er hin zur Fragestellung „Was will ich an welcher Stelle in der Stadt haben und wie bekomme ich Förderung“. Im Nachgang habe es auch Akteneinsicht für die Fraktionen von SPD und FDP gegeben. Deren Ergebnis: „An der Vorgehensweise der Verwaltung wurde im Nachhinein nichts beanstandet“, kommentiert Forster.
Conigliaro beklagt weiter mangelnde Kommunikation: „Die Großprojekte müssen transparent sein. Ich als Stadtratsmitglied fühle mich da auch schlecht informiert. Wenn ich eine Frage stelle, bekomme ich da keine guten Antworten.“ Ein weiteres Beispiel sei dort für ihn das Großbauprojekt Coeur, bei dem Wohnraum für bis zu 2.000 Personen entstehen soll, zu dem aber gerade hinsichtlich der sehr wichtigen Wärmeplanung selbst auf Rückfrage im Stadtrat kaum Informationen bekannt gemacht worden seien. „Da entsteht quasi durch einen privaten Investor ein neuer Stadtteil, der links und rechts von Gewerbemöglichkeiten eingeschlossen wird. Das ist ein Projekt, das Homburg verändern wird“, bewirbt derweil Forster das Projekt auf dem ehemaligen DSD-Gelände. „Wenn dort so viele Menschen leben, müssen wir dort aber auch die Infrastruktur anpassen.“ Dies betreffe auch Kindertagesstätten, von denen ohnehin im Raum Homburg zwei neue Einrichtungen in Planung seien. „In Jägersburg bauen wir beispielsweise das alte Schulgebäude zu einer KiTa um“, so Forster. Die Planungen hierzu stehen, sie sollen im April vorgestellt werden.
Conigliaro hätte ganz andere Pläne mit der leerstehenden Grundschule: „Mir ist es wichtig, dass Jägersburg auch wieder eine eigene Grundschule bekommt. Die Regierung Peter Müller II hat es damals hinbekommen, diesen Standort zu schließen. Damit ist etwas verloren gegangen. Wenn die Kinder nicht in ihren Ort, sondern beispielsweise in Erbach zur Grundschule gehen, dann führt das dazu, dass ihnen auch im späteren Leben der eigene Stadtteil, wo sie herkommen, irgendwann egal ist.“ Das Thema Schule spielt natürlich auch bei der CDU eine Rolle: „Wir haben zurzeit an jeder Grundschule Container, die wir leider nutzen müssen. Als erste Maßnahme werden wir nun die Schulgrenzen verändern“, so Forster. Das bedeutet konkret, dass Grundschüler eben nicht wie von Conigliaro gewünscht an ihrem Heimatort unterrichtet werden (müssen), sondern im gesamten Stadtgebiet mit Blick auf eine neue Gebundene Ganztagsschule wählen können. „Die wollen wir in Homburg bauen. Das ist ein Angebot, das in unserer Stadt zurzeit noch fehlt. Es wird dazu führen, dass die anderen Schulen in den Orten entlastet werden. Vor allem aber werden die Container dann nicht mehr benötigt.“ Überdies habe man bereits grob geprüft, was eine entsprechende bauliche Erweiterung an den Schulen vor Ort kosten würde. „Das ist eine Grobplanung von etwa 35 Millionen Euro. Wir sind eine Sanierungskommune, diese Investition werden wir nicht schaffen“, so Forster. „Das Schulbauprogramm der Landesregierung, das uns rund 4,8 Millionen Euro bringt, ist da auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
Ein Punkt, über den sich auch Conigliaro im Klaren ist: „Wir können keine großen Sprünge machen“, so der jüngste OB-Kandidat der Kreisstadt. „Wichtig ist an der Stelle: Wir brauchen im Saarland eine Altschuldenregelung auf Bundesebene. Das wird im Moment noch von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, aber auch den CDU-geführten Bundesländern blockiert. Auch hier muss auf allen Ebenen daran gearbeitet werden, das durchzusetzen.“
Bis dahin muss mit dem Geld, das zur Verfügung steht, gehaushaltet werden. Und zwar anständig, wie Forster betont: „Wir haben alle Sparvorgaben eingehalten und einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt. Seit ich die Amtsgeschäfte führe, werden die Haushalte für das jeweils kommende Jahr auch – wie es das Gesetz vorsieht – vor dem beginnenden Haushaltsjahr verabschiedet.“ Dies war zuvor nicht der Fall. Mit Folgen: „Wenn ich einen Haushalt beschließe und er ist genehmigungsfähig, dann kann ich auch freiwillige Leistungen auszahlen. Zum Beispiel Zuschüsse an Vereine. Das könnte ich nicht auszahlen, wenn der Haushalt zu spät beschlossen wird.“ Vor kurzem konnte davon auch das Tierheim in Homburg profitieren: „Ich hatte im vergangenen Jahr dem Tierheim zugesagt, dass wir den Betrag, den wir bisher pro Einwohner gezahlt haben, erhöhen wollen. Das hat auch der Stadtrat bestätigt.“ So sollten aus bisher 40 Cent pro Einwohner nun 1 Euro werden. Eine Regelung, bei der nun auch andere Städte und Kommunen mitziehen wollen. „So steht unser Tierheim wieder auf einer finanziell sichereren Grundlage“, sagt Forster, der bereits im letzten Haushalt einen Zuschuss für das dringend benötigte Hundehaus eingeplant hatte: „Und das macht für mich solide, finanzielle Planung aus: Dass ich den Leuten zuverlässig sagen kann: Ja, du kriegst das Geld!“
Eine Verlässlichkeit, die den Homburgern nach der stürmischen Zeit um und mit Rüdiger Schneidewind nur gut tun kann. Denn trotz Suspendierung ist das Thema noch nicht vorbei: Möchte Schneidewind, der nun auch in Sachen TV Homburg belangt werden soll, seine Pensionsansprüche nicht verlieren, muss der nämlich noch einmal kandidieren, nachdem er in der jüngsten Sitzung des Homburger Stadtrates nicht die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit für seinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand erhalten hatte. „Wenn er daher wieder antritt – dann ohne Partei im Rücken“, so Conigliaro, der auch den Vorsitz der SPD Homburg inne hat. „Dann entscheidet der Wähler, wie es weitergeht. Ich bin da neutral. Das wird ein fairer Wettbewerb, wenn er antreten will, tritt er an. Ich bin ein Gewinnertyp, ich trete an, um diese Wahl zu gewinnen – auch, wenn zwanzig Leute kandidieren“, betont er, mahnt aber zugleich: „Er macht nach wie vor gute Basisarbeit, ist noch viel unterwegs. Ich bin davon überzeugt, dass er allen Kandidaten Stimmen wegnehmen kann.“ Das betreffe dann nicht nur Michael Forster und Pascal Conigliaro, sondern auch Marc Piazolo (Grüne), Politik-Neuling Bruno Leiner (Linke) und AfD-Mann Markus Loew, die allesamt in der Öffentlichkeit ihre Kandidatur angekündigt haben. Was auch immer am 9. Juni in Homburg passiert, spannend wird es über die Stadtgrenzen hinaus bleiben. Spannend, aber bitte nicht wieder ein Krimi.