Das Sturmproblem wollte Union Berlin in der Transferperiode unbedingt beheben. Doch da der Wunschkandidat nicht zu bekommen war, wurde ein Angreifer ohne Spielrhythmus verpflichtet. Kann das gutgehen?
Horst Heldt kennt das knallharte Geschäft des Profifußballs. Er wusste also ganz genau, auf was er sich da eingelassen hatte, als er in der TV-Talkshow „Doppelpass“ von Sport1 kurz vor Ende der Transferperiode die Verpflichtung eines neuen Mittelstürmers ankündigte. Auf dieser Position habe man auch durch Abgänge „ein Manko an Quantität. Deswegen werden wir da auch noch eine Entscheidung treffen“, sagte der Sport-Geschäftsführer. Der erfahrene Manager hätte sich öffentlich nicht so weit aus dem Fenster gelehnt, hätte der Club nicht mindestens kurz vor einer Einigung mit einem Spieler und dessen Club gestanden. Und so freuten sich viele Fans schon auf Wunschstürmer Ragnar Ache vom 1. FC Kaiserslautern – doch dieser Deal scheiterte trotz wochenlanger Bemühungen. Stattdessen soll Andrej Ilic künftig für mehr Tore bei Union sorgen. Der Serbe wechselt zunächst auf Leihbasis vom französischen Erstligisten OSC Lille nach Köpenick – doch ist er auch eine Sofortlösung für das akute Sturmproblem?
Zuletzt längere Verletzungspause
Zweifel sind zumindest angebracht. In Lille brach sich der 24-Jährige im vergangenen Februar direkt nach seinem Wechsel vom norwegischen Club Valerenga Oslo das Wadenbein und fiel fast die komplette Rückrunde aus. Lediglich zwei Liga-Kurzeinsätze über insgesamt acht Minuten standen am Ende der Vorsaison bei ihm zu Buche. Ilic wird also mit Sicherheit Zeit brauchen, um wieder in Spielrhythmus und Topform zu kommen. Heldt ist aber trotzdem überzeugt: „Wir trauen ihm zu, dass er von Beginn an eine Bereicherung für uns sein kann und sind froh, dass er sich uns angeschlossen hat“, sagte er. Ilic sei ein „robuster und physisch starker Mittelstürmer“, der seine Treffsicherheit „bisher mehrfach bewiesen“ habe. In der kleinen lettischen Liga trifft das zu, für den FK RFS aus Riga erzielte Ilic in 87 Spielen herausragende 42 Treffer, dazu gab er 17 Torvorlagen. Auch nach seinem Wechsel nach Norwegen überzeugte der Serbe trotz des Abstiegs seines Clubs, sodass Lille immerhin vier Millionen Euro für dessen Dienste an Valerenga überwies.
Zwischendurch waren immer mal wieder auch deutsche Vereine an Ilic interessiert, wie er verriet. „Die Bundesliga ist für viele junge Spieler aus Serbien ein Ziel. Dass ich es jetzt – über Umwege – hierher geschafft habe, macht mich stolz“, sagte der frühere U21-Nationalspieler seines Heimatlandes. Er wolle das Vertrauen der Verantwortlichen mit guten Leistungen zurückzahlen und freue sich schon sehr auf die Atmosphäre „daheim“. Allerdings könnte Ilic sein Debüt im Union-Trikot zunächst auswärts feiern: Nach der Länderspielpause reisen die Berliner zum Champions-League-Starter RB Leipzig. Ob Trainer Bo Svensson den Neuzugang in so einem schweren Auswärtsspiel schon eine Bewährungschance einräumt, ist jedoch ungewiss.