Gaumenfreuden in einem der schönsten Hotels der Stadt: Unter der Regie des neuen Küchenchefs Philipp Walther lassen sich im „Château Royal“ mediterran inspirierte Speisen und feine Weine goutieren.
Schon die „Vogue“ schwärmte vom „Château Royal“ und pries die neue Location als Berlins „schönstes neues Hotel“. „Wenn man durch das Château Royal läuft, hat man das Gefühl, es sei schon immer da gewesen“, heißt es in dem Magazin. Dabei feiert das Szene-Hotel in diesem Monat gerade einmal sein zweijähriges Jubiläum.
In den ausklingenden Sommertagen laufen auch wir durch das fünfstöckige Schmuckstück an der Mittelstraße, Ecke Neustädtische Kirchstraße. Das Gebäude ist nur wenige Schritte vom S-Bahnhof Friedrichstraße und unweit des Brandenburger Tors gelegen. Mittiger kann ein Hotel der deutschen Kapitale fast nicht liegen. Kaum, dass wir durch die Räume im Erdgeschoss streifen, wird es offensichtlich: Hier waren Menschen mit viel Sinn für Ästhetik am Werk. Werke von mehr als 100 internationalen Künstlerinnen und Künstlern – von Aino Laberenz über Oda Jaune bis Yun Heo – zieren das gesamte Hotel. Die Werke reichen von Malereien, Skulpturen und Tapeten bis hin zu Vorhängen und Lampen. Kuratiert wurden sie von Kirsten Landwehr. Die ehemalige Galeristin und Keramikkünstlerin ist die Ehefrau von Hotelgründer Stephan Landwehr, der zu den bekanntesten Gastronomie-Unternehmern der Stadt zählt und unter anderem das „Grill Royal“ ins Leben gerufen hat.
Veganes Konzept kam bei Gästen nicht an
Das Interieur unter der Federführung der Innenarchitektin Irina Kromayer besticht durch seine Komposition stimmiger Details wie farbiger Marmor, handgefertigte Craquelé-Fliesen, Fischgrät-Parkett und Vintage-Möbel. Das Ganze erinnert optisch an ein Berlin in seinen besten Zeiten bis in die Goldenen Zwanziger hinein. Es gibt eine Dachterrasse mit Blick über das Regierungsviertel, einen Wintergarten, eine Cocktailbar, ein Musikzimmer, einen Kaminraum sowie weitere Private-Dining-Räume – und natürlich ein hochinteressantes Restaurant, das wir am heutigen Abend noch besuchen wollen.
In den Mauern des noch jungen Hotels verbirgt sich einiges an Historie. Das Eckgebäude setzt sich aus zwei denkmalgeschützten Bauten aus den Jahren von 1850 und 1910 sowie einem Neubau und Dachaufbau nach dem Entwurf von David Chipperfield zusammen. Einst hielten dort mehrere Banken, ein Maklerverein, ein Destillateur, ein Kunstgewerbeladen und ein Fremdenverkehrsunternehmen Einzug. Von Ende der 1970er-Jahre bis zum Mauerfall hatte das Ministerium für Staatssicherheit der DDR das Gebäude als eine Abhörstation genutzt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand sich damals noch die amerikanische Botschaft, die das SED-Regime observiert hat. Mit dem Mauerfall fiel das Eckgebäude dann in eine Art Dornröschenschlaf, bis es durch Musik-Performances in den frühen 2010er-Jahren wieder langsam geweckt und ab 2019 umfassend saniert wurde – bis Stephan Landwehr das Hotel und Restaurant im September 2022 eröffnete.
Die dortige Küche wurde zwischenzeitlich von der isländischen Spitzenköchin Victoria Eliasdóttir bespielt. Doch ihr Fokus auf vegetarische und vegane Speisen wurde von den Hotelgästen und externen Besuchern nicht so gut angenommen wie ursprünglich erhofft. Seit einigen Monaten steht die Küche nun unter der Regie von Küchenchef Philipp Walther. Obgleich seine Familie aus Frankfurt am Main kommt, zog die hessische Familie nach Gran Canaria, wo der künftige Koch seine Kindheit verbrachte. Als Jugendlicher kam er dann nach Berlin, um im Spitzen-Restaurant „Margaux“ eine Ausbildung als Koch zu absolvieren. Dann verschlug es den umtriebigen Koch erneut nach Spanien und überhaupt ins Ausland. So kochte er im Zwei-Sterne-Restaurant „Mugaritz“ im baskischen Errenteria, im „Nihonryori RyuGin“ in Tokio, im „Fäviken“ im schwedischen Järpen sowie in „The Arts Club“ in Dubai.
Zurück in Berlin arbeitete der Anfang Dreißigjährige im „Otto“ und machte schließlich die Bekanntschaft mit Stephan Landwehr. Der sollte ihn überzeugen, in das Team des „Château Royal“ zu wechseln. Die Begegnung mit dem kunstbeflissenen Gastronomie-Unternehmer sei „Kismet“ gewesen, erzählt uns Philipp Walther im Gespräch. Seine Küche, soviel verrät er uns schon einmal vorab, sei naturverbunden, saisonal und im weiteren Sinn mediterran. Die Zutaten bezieht der neue Küchenchef von Lieferanten wie dem Bio-Großhändler Terra, den für nachhaltige Fangmethoden bekannten Fisch- und Meeresfrüchtehändler Frisch Gefischt und dem Good Food Syndicate aus dem brandenburgischen Altglobsow.
Während wir schon einmal an knusprig geröstetem Brot mit Nussbutter im lauschigen Hinterhof knabbern, berät uns Restaurantleiter Florian Seufer-Wasserthal in puncto Getränke. Etwa 200 Positionen umfasst die Weinkarte, in der Burgunder, Sauvignon und Bordeaux-Weine im Vordergrund stehen. „Auch der österreichische Einschlag ist unverkennbar“, erläutert der Sommelier, der selbst aus der Alpenrepublik kommt. Und so überrascht uns der Österreicher mit einem Cuvée aus Chardonnay und Weißburgunder aus seinem Heimatland. Der Weiße vom Familienweingut Nehrer aus dem Burgenland überzeugt uns durch seine zart-blumigen Duftnoten und seine Unaufdringlichkeit. Auch der begleitende Fotograf ist von seiner Leichtigkeit und den „muskatnussigen“ Aromen des Weines angetan.
Ensemble von Acker und Meer ist ein Traum
Angenehm überrascht ist unser Fotograf auch von Supplì alla Norma. Die kleinen krossen Reiskroketten sind unsere Vorspeise und mit Tomate, Aubergine und Ricotta gefüllt. Diese frittierten Bällchen werden in Italien gern als Antipasto gereicht. „Das ist die römische Variante der süditalienischen Arancini“, weiß der Fotograf, der italienische Wurzeln hat.
Die Erfahrungen unseres Trios an diesem Abend könnten übrigens soziologisch ausgewertet werden. Selten gab es so viel Konsens in unserem Team wie heute. Dabei sind wir drei Individualisten, nicht nur unsere Persönlichkeiten sind unterschiedlich, auch unsere Geschmäcker. Allerdings nicht an diesem warmen Spätsommerabend! So sind wir alle drei zum Beispiel von dem Caesar Salad hingerissen. „Erst dekonstruiert, dann rekonstruiert“, analysiert meine Begleiterin über den raffiniert geschichteten, sehr knackigen Salat mit der dezenten Sardellennote.
Auch die Fischgerichte sind hervorragend: Das betrifft sowohl die Scholle an knackigen Tomaten, Basilikum und knusprig konfitierten Knoblauch-Chips als auch die Garnelen mit Safran-Risotto. Meine Begleiterin lässt sich vom italienischen Fotografen noch kurz erklären, dass man Risotto mit der Gabel und nicht etwa mit dem Löffel isst. Dann stürzt auch sie sich auf die Köstlichkeit auf unserem Tisch. „Ein Traum“, befindet der Italiener über das Ensemble von Acker und Meer.
Unsere kulinarischen Träume ziehen sich noch bis zum Dessert, das wir in Form eines Himbeersorbets genießen. Philipp Walther hat den erfrischenden Nachtisch mit Holunderblütenessenz sowie frischen Fenchel- und Koriandersamen aufgepeppt – ein wahrer Gaumenkitzel nicht nur für Süßmäuler.
Frisch gezauberte Madeleines
Nach Stunden ausgiebiger Schlemmereien und Plaudereien schießt unser Fotograf noch die letzten Bilder vom Küchenchef. Dann verabschiedet er sich. Die Sonne ist längst untergegangen, und wir sitzen zu zweit noch ein Weilchen zusammen, bis meine Begleiterin zunehmend unter den gleichwohl harten wie schmalen Stühlen ächzt. Bequem sitzt es sich anders, finde auch ich. Hätten wir zu Beginn des Abends vielleicht besser drinnen Platz genommen? Dort sind die Stühle nicht nur breiter, sondern auch gepolstert – und dadurch für ein längeres Verweilen geeignet.
Mitten in diese Überlegungen tritt der Küchenchef an unseren Tisch. Er überrascht uns mit ein paar duftend warmen Madeleines, die er gerade erst frisch aus dem Eisen gezaubert hat. Befriedet beißen wir in die köstlichen Küchlein. Dann verlassen auch wir den Hof und ziehen getrennter Wege in die Nacht. Die eine in Richtung Süden, die andere in Richtung Norden.