Waffenverbotszonen, Sicherheitspakete, Reformen – in Sachen innere Sicherheit ist einiges in Bewegung. Einiges gehe in die richtige Richtung, meint Andreas Rinnert, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Saarland, aber es gebe „noch viel Luft nach oben“.
Herr Rinnert, Es gab die viel diskutierte Potenzialanalyse zur Arbeit der Polizei. Ist das Land grundsätzlich auf einem richtigen Weg mit den Reformen?
Als GdP haben wir weder eine Potenzialanalyse noch eine Polizeireform gefordert. In dem vor knapp einem Jahr von den Expertinnen und Experten der „AG Potenzialanalyse“ vorgestellten Abschlussbericht sehen wir jedoch grundsätzlich eine geeignete Grundlage für Anpassungen und Veränderungen innerhalb unserer personell stark gebeutelten Polizei. Durch die Potenzialanalyse sind Ablaufprozesse in der Behörde unter die Lupe genommen und einzelne „Potenziale“, wie etwaige Doppelstrukturen, klar aufgezeigt worden. Auch sind beispielsweise durch die personellen Verschiebungen von Teilen der Operativen Einheit (OpE) in die Bereitschaftspolizei schlichtweg vertragliche Verpflichtungen gegenüber dem Bund umgesetzt worden. Doch auch das Abschaffen von Doppelstrukturen wird kurzfristig kein Plus an Polizistinnen und Polizisten auf die Straßen bringen können. An dem tagtäglich spürbaren, akuten Personaldefizit bei der saarländischen Polizei ändert dies also erst mal so schnell nichts. Daher hatten wir bereits vor knapp einem Jahr vor Schönfärberei oder überzogenen Erwartungen an die Ergebnisse der Potenzialanalyse gewarnt und an die Entscheidungsträger appelliert, den Umsetzungsprozess im Hinblick auf den Inhalt sowie die Zeitschiene transparent zu gestalten.
Jede Reform bringt Veränderungen mit sich. Und Veränderungen können bei Betroffenen Ängste, gar Unmut schüren. Erst recht, wenn man sich als Mitarbeitende und Mitarbeiter nur schlecht informiert fühlt – grundsätzlich, oder aber weil die Informationen von gestern am nächsten Morgen schon wieder überholt sind. Oder weil sich der Dienstort und/oder der Aufgabenbereich verändert – teilweise auch gegen den Willen und entgegen der vorherigen Verwendungswunsch-Abfrage. Das macht unglücklich, das demotiviert und führt nachvollziehbarerweise zu Unmut bei allen Beteiligten. Als GdP haben wir uns vor diesem Hintergrund nicht nur wiederholt für eine transparente Kommunikation mit den Mitarbeitenden ausgesprochen, sondern im Hinblick auf Personalverschiebungen auch erfolgreich die Einrichtung einer Schlichtungsstelle („Clearing-Stelle“) angeregt, bei der Betroffenen außerhalb des vorgeschriebenen Dienstweges den sie betreffenden Sachverhalt einreichen und um Abhilfe bitten können.
Der Innenminister hat kürzlich als Reaktion auf die aktuellen Entwicklungen einen „Fünf-Punkte-Plan“ vorgestellt. Ist das eine angemessene Antwort auf die Herausforderungen?
Der Fünf-Punkte-Plan von Innenminister Reinhold Jost ist aus unserer Sicht eine solide Grundlage, um die innere Sicherheit im Saarland weiter zu stärken. Er schlägt zwar in die richtige Kerbe – bis zur „10 von 10“ sehen wir aber auch noch Luft nach oben. Die zusätzlichen Aufpersonalisierungen, unter anderem im Bereich des saarländischen Verfassungsschutzes, sind gut, wichtig und richtig. Sie entsprechen auch der aktuellen GdP-Forderung in Bezug auf das vorgestellte Sicherheitskonzept der Bundesregierung zur Bekämpfung von Terror und Anschlägen von Ende August. Eine wesentliche Entlastungsmöglichkeit für unsere Vollzugspolizei ist auch die verstärkte Einstellung von Tarifbeschäftigten. Die angekündigte Einstellung von insgesamt 26 Tarifbeschäftigten, unter anderem elf beim Polizeilichen Ordnungsdienst (POD), begrüßen wir daher ausdrücklich. Allerdings sind derzeit noch rund 100 Tarifstellen im Landespolizeipräsidium entweder vakant oder werden von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten ausgefüllt, obwohl die Arbeit genauso durch Tarifbeschäftigte erledigt werden könnte.
Die beabsichtigte Schaffung einer Rechtsgrundlage im Saarländischen Polizeigesetz (SPolG), um zum Beispiel in einer neu eingerichteten Waffenverbotszone „anlassunabhängige Durchsuchungen“ durchzuführen, wird von uns ausdrücklich befürwortet. Der Erfolg der Waffenverbotszonen hängt aber maßgeblich von der Kontrolldichte ab. Und hierfür braucht es zusätzliches Personal. Die neue Rechtsgrundlage schafft zwar keine zusätzlichen Polizistinnen und Polizisten, aber sie verschafft unseren Kolleginnen und Kollegen wichtige Handlungsmöglichkeiten in ihrer tagtäglichen Polizeiarbeit, um diese Waffenverbotszonen handlungssicher kontrollieren zu können.
Eine moderne Polizeiausstattung ist unerlässlich für eine professionelle Polizeiarbeit. Im Hinblick auf die bislang umgesetzten Verbesserungen bei der Ausstattung der saarländischen Polizei hat Minister Jost bereits einiges „geliefert“. Unlängst erst wurde eine GdP-Forderung nach besserer Schutzausstattung gegen Messerangriffe durch die schnelle Beschaffung von insgesamt 3.000 Schnittschutzschals umgesetzt. Diese zeitnahe Umsetzung hat bundesweit für Anerkennung gesorgt. Aus Sicht der GdP muss damit jedoch auch die flächendeckende Ausstattung der Polizei mit Abbindesystemen zum Stoppen des Blutflusses nach zum Beispiel Messerangriffen („Tourniquet“) einhergehen. „Tourniquets“ waren zuletzt auch in Solingen und Mannheim durch die Polizei bei mehreren Opfern erfolgreich eingesetzt worden. Sie retten Leben – von Polizistinnen und Polizisten ebenso wie von Bürgerinnen und Bürgern – und wären daher aus unserer Sicht ein wichtiges Ausstattungsmittel. Minister Jost setzt sich regelmäßig für eine starke und gut ausgestattete Polizei ein. Hierfür danken wir ihm, appellieren aber gleichzeitig an ihn sowie die saarländische Landesregierung: Bei der Polizei darf nicht gespart werden. Mehr Geld bringt mehr Schutzausstattung, mehr Geld bringt mehr Polizistinnen und Polizisten – und somit auch mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger im Saarland.
Die Landesregierung hat einen Aufwuchs bei der Polizei angekündigt. Sind die Pläne ausreichend?
Ob der Personalaufbauplan der Landesregierung für die saarländische Polizei „ausreichend“ ist, ist relativ. Anfang der 1990er-Jahre verfügte die saarländische Polizei über etwa 3.400 Polizistinnen und Polizisten. Heute sind es rund 1.000 weniger – und das bei deutlich mehr Aufgaben. Bis 2032 will die Landesregierung 500 zusätzliche Stellen bei der Polizei geschaffen haben, um dann einen Personalstand von 2.900 zu erreichen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass wir uns gerade erst mit langsamen Schritten von einem historischen Personaltiefststand erholen, ist die Zielgröße 2.900 natürlich unbestritten zu begrüßen. In Zeiten angespannter Sicherheitslagen, abstrakt hoher Terrorgefahren, Demonstrationen, zunehmender Fußballeinsätze durch drei Vereine in den oberen Fußballligen und Angriffen auf unsere Demokratie aus allen Richtungen wären uns die Personalzahlen aus den 1990er-Jahren natürlich noch lieber, um die Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen zu verringern und die Sicherheit aller zu erhöhen. Hierbei setzt auch die Einstellung von 144 Kommissaranwärterinnen und -anwärtern zum 1. Oktober 2024 ein gutes Zeichen, wenngleich die Behörde erst in über drei Jahren davon profitieren wird. Doch selbst wenn ein schnellerer und vor allem stärkerer Personalaufbau haushalterisch realisierbar wäre, würde das Saarland vor großen Herausforderungen stehen. Die Anzahl an Bewerbungen, noch vor 20 Jahren etwa 1.400 auf 85 Stellen, hat sich heute nahezu umgekehrt: nur noch etwa halb so viele Bewerberinnen und Bewerber auf etwa doppelt so viele Stellen. 2022 hatten sich im ersten Anlauf derart wenige Interessenten beworben (655), dass spontan eine zweite Ausschreibungsrunde gestartet werden musste (222), um dann schließlich 877 Bewerbungen verzeichnen zu können. Zuvor hatte das Jahr 2019 in der 15-Jahre-Rückschau mit nur 609 Bewerbungen ein historisches Tief markiert, 2023 waren es 756, 2024 nun 849. Fakt ist: Je größer die Zahl der Bewerbungen ist, umso mehr Auswahl hat man anschließend bei der Bestenauslese. Hier besteht ein klarer Zusammenhang zwischen Attraktivität des Berufsfeldes und Bewerberanzahl.
Aus unserer Sicht muss es im Saarland aber attraktiver, auch konkurrenzfähiger gemacht werden. Beim „Kampf um die besten Köpfe“ konkurriert das Saarland bei der Nachwuchsgewinnung für die Polizei nicht nur mit Rheinland-Pfalz und der Bundespolizei, sondern auch mit der freien Wirtschaft. Bei Besoldung, Zulagen oder den Beförderungsmöglichkeiten hinken wir trotz der jüngsten Bemühungen der Landesregierung im bundesweiten Vergleich immer noch spürbar hinterher. Ein gutes Beispiel hierfür ist auch die Polizeizulage. Sie soll als monatliche Sonderleistung die besonderen Belastungen und Risiken des Polizeivollzugsdienstes abgelten. Die Höhe der Polizeizulage unterscheidet sich dabei je nach Bundesland. Das Saarland liegt mit 135,14 Euro monatlich im bundesweiten Vergleich auf einem der letzten Plätze. Rheinland-Pfalz hat die Polizeizulage gerade erst zum 1. Juli auf einen Schlag um knapp 40 Prozent auf 180 Euro erhöht und die Bundespolizei zahlt ihren Beamtinnen und Beamten mit 228 Euro ohnehin den Spitzensatz. Das alleine ist sicher nicht der „Gamechanger“, aber es ist eines von mehreren Puzzleteilen beim „Fischen im Bewerberpool“. Und je größer dieser Pool ist, umso mehr Auswahl hat man dann bei der Bestenauslese. Hierfür unerlässlich ist eine Attraktivitätssteigerung im Sinne der Nachwuchsgewinnung. Was es daher braucht, sind weitere Verbesserungen bei Personalaufbau, aktuellen Arbeitsbedingungen, Ausstattung und Besoldung.
Auch die Rahmenbedingungen der Ausbildung dürfen nicht aus den Augen verloren werden. Die Ausbildungskapazitäten an der FHSV sind endlich – es braucht ausreichend Räumlichkeiten und Lehrpersonal, um die Anwärterinnen und Anwärter während des Studiums bestmöglich zu betreuen und auf ihren späteren Einsatz vorbereiten zu können. Damit einhergehend könnte auch ein zweiter jährlicher Einstellungstermin dafür sorgen, das Bewerberfeld weiter zu vergrößern. „Kurzentschlossene“, die die Bewerbungsfrist für den jährlichen Einstellungstermin zum 1. Oktober verpasst haben, orientieren sich derzeit um oder bewerben sich in anderen Bundesländern, da sie ansonsten ein ganzes Jahr auf ihre Einstellung im Saarland warten müssten. Auch könnten Studienabbrecher hierdurch innerhalb weniger Monate nachpersonalisiert werden.
Ebenfalls sollte überlegt werden, ob der Ausbildungsbeginn zum 1. Oktober jedes Jahres nicht um einige Monate vorgezogen werden kann. Hierdurch würde man jene Bewerberinnen und Bewerber erreichen, die gleich mehrere Zusagen verschiedener Stellen haben und sich schlussendlich für jene entscheiden, bei der sie möglichst umgehend anfangen können. Eine Idee im „Autoland Saarland“ wäre zum Beispiel auch die Beteiligung des Landes an den Führerscheinkosten, wie es zum Beispiel die Berliner Polizei bereits praktiziert. Ähnliches ist derzeit bei der Polizei in Niedersachsen in Prüfung. Voraussetzungen sind ein erfolgreicher Studienabschluss sowie die erfolgte Ernennung.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat unlängst ein Sicherheitspaket auf den Weg gebracht, das dann vom Bundesrat an den Vermittlungsausschuss verwiesen wurde. Was braucht die Polizei?
Das Ende August vorgestellte Sicherheitspaket der Bundesregierung zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus war aus unserer Sicht nur ein erster, ausbaufähiger Schritt. Grundsätzlich hatten wir uns bereits dort stellenweise weitergehende Befugnisse sowie strengere Rechtsanpassungen erhofft. Gerade die angekündigten Verschärfungen im Waffengesetz, einem Bundesgesetz, blieben hinter den Erwartungen zurück. Anstatt das ohnehin schon schwer zu durchblickende Waffengesetz mit noch mehr Detailabgrenzungen weiter zu verkomplizieren, hätten wir uns hier entschlossenere Schritte gewünscht, wie zum Beispiel ein komplettes und generelles Mitführverbot von Messern in der Öffentlichkeit für all jene, die es nicht zur Berufsausübung brauchen! Denn Fakt ist, wer ein Messer bei sich hat, kommt auch eher in die Verlegenheit, es auch zu benutzen. Ebenso wichtig wäre aus unserer Sicht eine Heraufstufung von entsprechenden Verstößen von einer Ordnungswidrigkeit zu einer Straftat, mit damit einhergehender konsequenter strafrechtlicher Verfolgung und Verurteilung, gewesen. Es ist schwer zu ertragen, dass Teile der Bevölkerung sich zusehends selbst aufrüsten, für die das Mitführen von Messern in der Öffentlichkeit schon nahezu „en vogue“ zu sein scheint. Diese Entwicklung macht auch vorm Saarland nicht halt, und damit muss Schluss sein, denn jeder Messerangriff ist potenziell tödlich! Dies ist nicht nur eine Gefahr für die Bevölkerung, sondern auch für unsere Kolleginnen und Kollegen.
Klar muss aber auch jedem sein, dass man fanatische Täter mit Tötungsabsichten wie in Solingen oder Mannheim mit solchen Verboten kaum abhalten kann.
Auch bräuchte es mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum, damit den Ermittlungsbehörden wesentlich schneller eigenes Bild- und Videomaterial zur Fahndung und Ermittlung zur Verfügung steht. Ebenso nötig sind aus unserer Sicht weitergehende Befugnisse bei IP-Speicherfristen, Vorratsdatenspeicherung, KI-Nutzung oder Gesichtserkennung. Hier und in weiteren Bereichen müssen wir damit aufhören, die Sicherheit für den Datenschutz zu riskieren! Viele aktuelle Regelungen erschweren die Arbeit der Polizei und machen uns ein ums andere Mal von den Hinweisen ausländischer Sicherheitsdienste abhängig, wenn sich terroristische und kriminelle Planungen über das Internet anbahnen.
Dass das „Sicherheitspaket“ nun vorläufig an politischen Hürden gescheitert ist, enttäuscht und irritiert uns, da es der aktuellen Sicherheitslage nicht gerecht wird! Auch wenn es kein großer Wurf war, ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung wäre es dennoch gewesen.
Hier erneuern wir als GdP unsere Forderungen nach einem „Sondervermögen innere Sicherheit“. Durch solch eine bundesweite Fondslösung könnte auch das Saarland profitieren und mehr in Personal und Ausstattung investieren.
Die Einrichtung von Waffenverbotszonen erweist sich als gar nicht so einfach. Was würde eine solche Maßnahme bringen?
Aus unserer Sicht ist die Einrichtung von Waffenverbotszonen grundsätzlich zu begrüßen. Sie sind kein Allheilmittel, bilden aber einen guten Ansatz, um den aktuellen Entwicklungen im Hinblick auf die zunehmende Gewalt- und Messerkriminalität entgegenzutreten. Jeder Messerangriff ist wie bereits erwähnt potenziell tödlich, und niemand im Saarland muss zur Konfliktbewältigung ein Messer mit sich führen. Die Erfahrungen aus anderen Ländern, in denen bereits Waffenverbotszonen bestehen, haben gezeigt, dass dort im Rahmen von Kontrollen erschreckenderweise beachtenswerte Mengen an Waffen und sonstigen gefährlichen Gegenständen festgestellt wurden – auch Messer. Ein Verbot ist aber nur so gut, wie es die personellen Möglichkeiten erlauben, entsprechende Kontrollen auch durchführen zu können. Für derartige Kontrollen braucht es also ausreichendes Personal – Personal, das die saarländische Polizei trotz Aufbaupfad der Landesregierung derzeit schlichtweg nicht hat. Daher wird hier zu priorisieren sein: Welche polizeilichen Aufgabenfelder können teilweise ausgespart werden, um mit dem hierdurch freiwerdenden Personal dann die Waffenverbotszonen kontrollieren zu können? Verstöße gegen die Waffenverbotszonen und Verschärfungen des Waffenrechts müssen aber auch konsequent und hart von der Justiz abgeurteilt werden. Geschieht dies nicht, laufen auch diese Bemühungen ins Leere und derselbe Täter geht einen Tag später eben mit einem neuen Messer in der Tasche durch die Fußgängerzone.
Wenn es um Belastungen der Polizei geht, wird immer wieder über Einsätze bei Fußballspielen diskutiert. Wie groß ist das Problem?
Die polizeiliche Begleitung von Fußballeinsätzen spielt im Saarland eine große Rolle und bindet viel Personal. Inzwischen spielen drei saarländische Vereine in den oberen Ligen. Es ist besorgniserregend, wenn der bloße Aufstieg eines heimischen Fußballclubs in die 2. Fußballbundesliga eine kaum leistbare Einsatzbelastung für unsere Polizistinnen und Polizisten nach sich zieht. Die Einsatztaktung bei Bereitschaftspolizei, Verkehrspolizei oder Diensthundestaffel ist derart hoch, dass man zeitweise nur noch von Einsatzlage zu Einsatzlage hetzt: von einem Fußballspiel zum nächsten, zwischendrin zur Großdemo, dann weiter zum Festival. Oftmals über mehrere Wochenenden hintereinander, weg von Familie und Freunden, immer wieder auch ganz kurzfristig. Diese massiven Dauerbelastungen gehen an die Substanz und können krank machen. Ohne unsere bemühten Führungskräfte und Einsatzplaner, die Fremdkräfte aus anderen Bundesländern, die Motivation und Kollegialität unserer Polizistinnen und Polizisten, die sich trotz dieser Widrigkeiten ein ums andere Mal in den Einsatz begeben, wären wir hier aufgeschmissen. Eine professionelle Polizei sollte personell derart aufgestellt sein, dass sie in der Lage ist, jederzeit flexibel auf Einsatzgeschehen und andere sicherheitsrelevante Entwicklungen reagieren zu können.
Schon seit Jahren ist allerorts eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft zu beobachten. Solche Entwicklungen machen natürlich nicht vor den Stadionmauern Halt. Gleichzeitig bekommt man das Gefühl, dass Teile der Fußball-Szene immer wieder regelrecht enthemmt zu sein scheinen. Hier sehen wir die Vereine in der Pflicht: Sie sind verantwortlich für das, was sich in ihren Stadien abspielt, sie haben das Hausrecht! Sie müssen sich gegen Polizeifeindlichkeit, Hass und Hetze stellen, wenn zum Beispiel, wie in der Vergangenheit beim FCS geschehen, auf großflächigen Bannern Polizei und GdP diskreditiert und öffentlichkeitswirksam beleidigt werden. Die Vereine kennen ihre Chaoten, die Hass und Hetze säen, ein ums andere Mal Pyrotechnik nicht nur ins Stadion schmuggeln, sondern auch abbrennen und regelmäßig mit ihrem Verhalten gegen die Stadionordnung verstoßen. Hier braucht es mehr Präventionsmaßnahmen, aber genauso eine konsequente Verfolgung und Verurteilung von Sportstraftätern, stringente Stadionverbote, personalisierte Eintrittskarten bei Hochrisikospielen und stärkere Einlasskontrollen. Diese Entwicklung dürfte sich schlagartig ändern, wenn die Vereine an den Polizeikosten dieser Großeinsätze beteiligt würden. Es würde sie stärker in die Pflicht nehmen, wodurch sie ein wesentlich größeres Interesse an friedlichen Fußballfans, einem möglichst störungsfreien Spielverlauf sowie einem friedlichen Verhältnis zwischen Fußballfans und Polizei haben dürften. Und auch der Fußballfan hätte das gleiche Interesse, weil der Verein ansonsten die dadurch entstehenden Mehrkosten weitergeben müsste: durch teurere Ticketpreise. Hierzu bleibt die Rechtsprechung des BVerfG abzuwarten.
Aggression und Angriffe gegen Einsatzkräfte nehmen immer mehr zu, Appelle und Solidaritätsbekundungen helfen offensichtlich wenig. Müssen wir uns mit der Entwicklung in gewisser Weise abfinden?
Jahr für Jahr ist eine Zunahme an gewalttätigen Übergriffen zum Nachteil von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten zu verzeichnen, bundesweit genauso wie im Saarland. Für das Jahr 2023 wurde gerade erst ein bundesweites Allzeithoch an Angriffen gegen Einsatzkräfte registriert. Diese zunehmende Entwicklung ist kein Trend mehr, er ist inzwischen schon zur Regel geworden. Hier braucht es mehr Akzeptanz und Respekt für die Polizei. Es muss auch weiterhin gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, Hass, Hetze und Gewalt gegen die Polizei zu verurteilen. Ethisch, moralisch, aber eben auch juristisch. Jeder Angriff gegen unsere Polizei ist ein Angriff gegen unsere Gesellschaft und darf nicht hingenommen werden! Es braucht schnelle und harte Strafen der Justiz.
Als GdP haben wir uns bereits mehrfach für die Einrichtung einer spezialisierten Sonderabteilung bei der Staatsanwaltschaft ausgesprochen, die Angriffe gegen Polizeibeschäftigte, sonstige Amtsträger sowie politisch Ehrenamtliche kompromisslos zur Anklage bringt. Erfahrungen beispielsweose aus Nordrhein-Westfalen zeigen, dass hierdurch die Anklage- und Verurteilungsquote deutlich gesteigert werden konnte. Es braucht schnelle Strafen, die der Tat auf dem Fuße folgen, ein konsequentes Ausschöpfen des bestehenden Strafrechtsrahmens sowie verstärktes Verhängen von Nebenstrafen, wie zum Beispiel Entzug des Führerscheins. Aus unserer Sicht ist hier noch deutlich Luft nach oben. Neben der Staatsanwaltschaft sind hier vor allem auch die Gerichte gefordert. Jedem muss klar sein: Wer Polizeibeamte angreift und sie hierbei nicht unerheblich verletzt, gehört ins Gefängnis! Da geht es auch um den generalpräventiven Ansatz. Aus dem aktuellen Lagebild des BKA geht auch hervor, dass in über 30 Prozent der Fälle Gewalt gegen die Polizei von nicht-deutschen Tätern ausgeht, auch solchen aus anderen EU-Staaten. Hier ist es nur sinnlogisch, dass dies standardmäßig auch die Prüfung ausländerrechtlicher Konsequenzen, wie zum Beispiel der Ausweisung, nach sich zieht.