Gegen Augsburg gelingt ein wichtiger Sieg mit Extrakosten. Die nächsten Spiele werden die Richtung für den Rest der Saison weisen.
Die Verantwortlichen von Hertha BSC waren quasi „all in“ gegangen bezüglich der Nominierung von Florian Niederlechner: Denn sie entschieden sich dafür, die in einer Vertragsklausel festgelegten 300.000 Euro für einen Einsatz des Winterzugangs gegen seinen früheren Verein FC Augsburg extra zu investieren. In der Partie glänzte der 32-Jährige dann wie gewohnt mit vielen Zweikämpfen, wenn er auch letztlich immer noch ohne Treffer für die Berliner blieb. Doch Torchancen waren in dieser kampfbetonten Partie wie erwartet ohnehin Mangelware. Niederlechner ganz zu Beginn und Jessic Ngankam zum Ende der ersten Halbzeit sorgten für etwas Gefahr vor dem Augsburger Gehäuse, die Gäste kamen offensiv überhaupt nicht zum Zug. Auch nach dem Seitenwechsel blieb Hertha torgefährlicher: Ein Kopfball von Agustín Rogel ging zunächst noch knapp über die Latte. Der Flanke von Marco Richter fehlte dabei allerdings auch etwas die Präzision – das sah beim beherzten Abschluss des zweiten ehemaligen Augsburgers in Reihen der Berliner kurz darauf aber ganz anders aus. Die Gäste verteidigten einen weiteren Standard schlecht, und ausgerechnet das Hertha-Eigengewächs beim FCA, Arne Maier, spielte Richter praktisch die Kugel vor die Füße. Der 25-Jährige, der schon im Hinspiel getroffen hatte, fackelte nicht lange und traf flach aus gut 20 Metern zur 1:0-Führung. Keine zehn Minuten nach dem ersten Tor stellte sich die Augsburger Abwehr ein weiteres Mal ungeschickt an: Ein lang geschlagener Freistoß von Rogel konnte nicht geklärt werden – stattdessen erkannte der zur Pause für Ngankam eingewechselte Dodi Lukebakio blitzschnell die Situation und schloss aus 13 Metern direkt ins lange Eck zum 2:0 ab. Damit war die Partie praktisch entschieden aufgrund der Effizienz von Hertha BSC – und der unermüdlichen Einsatzbereitschaft, die dem traditionell kampfstarken FCA entgegengebracht wurde.
Kampfbetonte Partie gegen Augsburg
Passend zu dem Spiel hatte es während der Partie bei ein Grad plus im Olympiastadion so zu schneien begonnen, dass im Verlauf des zweiten Durchgangs ein roter Ball zum Einsatz kam. Herthas Fans – und auch den Spielern – war nach dem Abpfiff dennoch ganz warm ums Herz. Die Ehrenrunde dauerte jedenfalls besonders lange, und Mannschaft sowie Anhang hüpften dabei vor Freude. Keine Frage: Dieser Sieg war enorm wichtig. Dabei geht es nicht einmal unbedingt um die Tatsache, dass Hertha BSC mit den drei Punkten die Abstiegszone vorerst verlassen hat – schließlich beträgt der Vorsprung auf Rang 17 nur einen Zähler und Schlusslicht Schalke 04 bleibt nach dem Sieg gegen Stuttgart auch weiterhin nur vier Punkte hinter den Berlinern. Besonders wichtig war der Erfolg für den Kopf: Weil es gelang, trotz enormen Drucks das Spiel zu gewinnen. Dass man nach den spielerisch anspruchsvolleren Darbietungen gegen die Borussia aus Mönchengladbach (4:1) sowie jene aus Dortmund (1:4) im direkten Duell mit einem Widersacher aus der unteren Tabellenhälfte auch mal einen „schmutzigen Sieg“ einfahren konnte. Zwei Heimerfolge hintereinander, das war Hertha BSC vor 14 Monaten letztmals gelungen – höchste Zeit, das Gefühl wieder zu erleben, das eigentlich nicht so außergewöhnlich sein sollte. Doch es könnte, so die Hoffnung, nicht zu spät gekommen sein und macht Mut auf mehr Punkte in den folgenden Spielen bei Bayer Leverkusen an diesem Sonntag (15.30 Uhr), gegen Mainz 05 (11. März) und bei der TSG Hoffenheim (18. März). In der Hinrunde – nach dem 2:0-Sieg in Augsburg – blieb Hertha BSC in diesen Duellen immerhin ungeschlagen. Ein wenig mehr als die drei Punkte aus dem ersten Halbjahr dürften es aktuell aber schon werden – und das nicht aus Überheblichkeit, sondern aus reiner Notwendigkeit.
Das 3-5-2-System, auf das Sandro Schwarz bereits zur zweiten Halbzeit des Frankfurt-Spiels gewechselt war, bleibt die Taktik der Stunde. Erfreulich dabei, dass auch kurzfristige personelle Änderungen wie die Hereinnahme Rogels für den von Hüftproblemen geplagten Marton Dardai und die damit verbundene veränderte Positionierung keinen defensiven Konzentrationsabfall zur Folge hatten. Auch der auf die Bank „strafversetzte“ Lukebakio zeigte sich nach seiner Einwechslung von der besseren Seite und traf wie schon gegen Gladbach als Joker. Allerdings droht nun ausgerechnet in der Dreierkette personelles Ungemach, denn neben dem verletzten Dardai musste gegen Spielende auch Marc Kempf buchstäblich angeschlagen das Feld verlassen. Durch eine Faustabwehr von Torwart Oliver Christensen trug der Verteidiger ein blaues Auge davon, sodass hinter seinem Einsatz in Leverkusen zumindest ein Fragezeichen steht. Die beiden verbliebenen Innenverteidiger Rogel und Filip Uremovic hatten außerdem zuletzt beide mit Knieproblemen zu kämpfen. Marvin Plattenhardt, der letzten Samstag nach Kempfs Ausscheiden (und schon in der zweiten Halbzeit in Frankfurt) dort zwar solide Arbeit leistete, ist nominell nicht in der Abwehrzentrale beheimatet.
Einsatz mit Fragezeichen
Der kommende Gegner Bayer Leverkusen mag dabei in dieser Spielzeit deutlich hinter seinen und den allgemeinen Erwartungen geblieben sein, mit bis dahin 36 Toren funktioniert die Offensive jedoch immer noch ordentlich. Aber auch Herthas Bilanz in der jüngeren Vergangenheit gegen die Rheinländer kann sich sehen lassen: Nur eines der sieben direkten Aufeinandertreffen ging verloren.
Unterdessen ist die „Causa Bobic“ in die nächste Runde gegangen: Der ehemalige Geschäftsführer Sport hat eine Klage gegen seine fristlose Kündigung durch Hertha BSC eingereicht. Diese Meldung der vergangenen Woche taugte allerdings nicht zu einer Sensation, denn nach der Entlassung durch den Verein war dieser juristische Schritt zu erwarten gewesen – es sei denn, Bobic hätte wider Erwarten auf eine Abfindung verzichten wollen. Ob der Vorgang nun der Beginn einer Schlammschlacht ist, wie in vielerlei Medien spekuliert wird, bleibt jedoch ungewiss. Beide Parteien haben vielmehr ihren Pflock auf arbeitsrechtlichem Terrain eingeschlagen, es könnte nun auch um eine außergerichtliche Einigung gehen. Schließlich hat nicht nur Hertha BSC einiges zu verlieren – auch Fredi Bobic dürfte sich überlegen, ob er sein Renommee einem langen, dann möglicherweise doch unappetitlichen Verfahren aussetzt.