Der Audi R8 ist ein Straßenrennwagen. Er ist ein Ausnahmesportler in jeder Hinsicht, denn er ist schnell, ein akustischer und optischer Hochgenuss, und er zieht jeden in seinen Bann. Wir haben ihn getestet – aus der Sicht des Beifahrers.
Gleich nachdem wir den Audi R8 geliefert bekommen haben, starten wir die erste Spritztour. Was sofort auffällt: Es ist erstaunlich einfach und bequem, in den Wagen einzusteigen, obwohl er sehr flach auf der Straße liegt. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Sitzfläche oberhalb des seitlichen Schwellers liegt. Das ist nicht bei allen Sportwagen so. Bei einigen muss man erst über den Schweller gelangen, um dann auf den tiefer gelegenen Sitz zu kommen.
Unser Testwagen ist flach. An der höchsten Stelle reicht er mir bis zur Taille. Die Fronthaube ist kurz. Darunter verbirgt sich der „Kofferraum“. Am Heck überwölbt eine große Scheibe den Motor. Hierdurch ist der Zehn-Zylinder-Motor von Lamborghini zu sehen, der auch im Lamborghini Huracán seinen Dienst tut. Eine senkrechte Trennscheibe sorgt dafür, dass Motorraum und Innenbereich voneinander getrennt sind. Dem Sound tut das keinen Abbruch, aber für das Raumklima ist es sinnvoll, denn der Motor erreicht schnell seine Betriebstemperatur.
Das, was man bei den meisten Autos „Kühlergrill“ nennt, hat der R8 am Heck. Unterhalb der flachen Leiste für die Rückleuchten befinden sich Luftauslässe. Sie sorgen dafür, dass der Motor die von ihm erhitzte Luft abgeben kann. Nicht nur ausgesprochen dekorativ sind die seitlichen Lufteinlässe vor der Hinterachse, sie sorgen für zusätzliche Kühlung des Motors. Die Türgriffe hat Audi in einer Sicke direkt unterhalb der Fenster verborgen. Das verleiht dem Äußeren Eleganz und etwas Geheimnisvolles, denn es ist nicht auf Anhieb zu erkennen, wie man den Wagen öffnen kann.
Die Endorphine brodeln, als wir den Motor starten. Eine donnergrollende Hymne aus Kraft, Sportlichkeit und gebündelter Energie entfesselt der rote Knopf am Lenkrad, wenn man ihn drückt. 570 PS melden sich über die zehn Zylinder lautstark zu Wort. Die Gartenparty, die gerade bei den Nachbarn läuft, ist damit gesprengt, denn alle Gäste stehen sofort am Zaun und gucken, was für ein Auto da so fantastisch klingt.
Bereits die Optik macht Eindruck
Bevor wir starten, richten wir uns die elektrisch einstellbaren Sitze ein. Hier ist für alles gesorgt – eine sogenannte Lordosenstütze, also eine Stütze für die Lendenwirbelsäule, eine in der Länge verstellbare Oberschenkelauflage, eine Neigungsverstellung der Sitzfläche und Rückenlehne – es bleibt kein Wunsch offen.
Das Interieur ist edel, aber zurückhaltend gestaltet, wie man es von Audi gewohnt ist. Auch bei der Digitalisierung beweist Audi wieder einmal, dass der Hersteller den Dreh raushat, um ein gutes Verhältnis zwischen digitalen Anzeigen und analogen Knöpfen zu bieten.
Unser erster Ausflug führt uns nach Rendsburg, an den Nord-Ostsee-Kanal. Dort wollen wir nur mal ein Eis essen. Als wir zu unserem Auto zurückkommen, spricht uns ein älterer Herr an: „Was habe ich für ein Glück! Ich habe Ihren Wagen schon aus der Ferne gesehen und gedacht, bis ich da bin, ist der weg. Und nun kann ich ihn noch sehen!“ Hieraus ergibt sich eine nette kleine Fachsimpelei. Im Anschluss wollen wir noch ein paar Fotos für diesen Artikel schießen, aber dazu kommen wir zunächst gar nicht, denn es sprechen uns zwei junge Männer an, die sich als ein Rapper aus Hamburg und sein Manager vorstellen. Sie fragen, ob sie für Tik Tok ein Video mit dem R8 im Hintergrund drehen dürften. Sie würden auch das Nummernschild nicht mit aufnehmen. Sie dürfen. Und so bekommen wir ein kostenloses kleines Rap-Konzert direkt am Nord-Ostsee-Kanal geboten. Als wir ihnen dann noch erlauben, sich für das Video ins Auto zu setzen und das Aussteigen zu filmen, ist der junge Rapper so gerührt, dass er sich vielfach bedankt und uns bekräftigt, was für nette Menschen wir doch seien.
Allzu viel zum Fotografieren kommen wir selbst an diesem Abend nicht mehr, denn es kommen weitere Passanten, die das Auto bewundern, gern den Motorsound hören und ein wenig mit uns über diesen wunderschönen R8 sprechen möchten. Auf dem Rückweg fahren wir an der Fähre Breiholz über den Nord-Ostsee-Kanal. Eine Tour von zwei bis drei Minuten. Ein Mitarbeiter der Fähre nimmt unseren Aufenthalt zum Anlass, uns die Fähre im Tausch gegen den Audi R8 anzubieten.
Gefühlt winziger Wendekreis
Freunde von uns, die sich nicht viel aus Autos machen, sprechen zunächst davon, dass es eigentlich peinlich sei, so ein Auto zu fahren. Man würde damit schnell als Angeber angesehen. Das behaupten sie so lange, bis sie es selbst ausprobieren dürfen und es genießen, dass viele Leute stehen bleiben, sich das Auto ansehen und wohlwollende Kommentare dazu abgeben. Hier ist nichts angeberisch oder zu laut. Dieser Audi R8 ist einfach nur schön und ein wahrer Genuss!
Ja, ich bin überzeugter Umweltschützer, aber ein R8 darf und muss sein. Sein Preis reguliert sein Vorkommen von selbst. Es gibt nicht viele Autos dieses Typs, und die wenigen, die es gibt, bereiten so vielen Menschen Freude, dass dies alleine die Existenz des Autos rechtfertigt.
Zwei weitere nette Begebenheiten haben wir erlebt. Eines Vormittags klingelt ein Vertreter an der Haustür und will uns etwas verkaufen. Er lässt sich sehr schnell davon überzeugen, dass wir kein Interesse haben. Was jedoch sein muss, sind Nachfragen zum R8. Ob ich wüsste, wem der gehört? Natürlich weiß ich das, der Wagen steht ja in unserer Auffahrt. Wie man da denn einsteigen könne? Das darf er selbst ausprobieren und ist fasziniert. Er bleibt noch eine Weile bei uns und schwärmt von dem famosen Wagen.
An einem anderen Tag klingelt es an der Haustür und ein Paketbote steht davor. Eigentlich hat sein Unternehmen eine Ablage-Genehmigung, die auch jahrelang schon aktiv ist und funktioniert. Dieses Mal bekomme ich die Lieferung persönlich ausgehändigt mit den Worten: „Tolle Karre! Wie viel PS hat der?“ Selbst der permanente Zeitdruck konnte diesen Herrn nicht davon abhalten, uns seine Bewunderung auszudrücken.
Der Audi R8 begeistert aber nicht nur durch sein Erscheinungsbild. Er ist auch der pure Fahrspaß. Sein Wendekreis ist gefühlt winzig. Die Kurvenlage ist unübertrefflich, seine Beschleunigung faszinierend. Selbst bei Tempo 220 km/h drückt der Vortrieb uns in die Sitze, der Motor hört sich an wie 1.000 Hummeln auf Speed. Das Schönste ist: Der Sound kommt von hinten, denn wir fahren ein Mittelmotor-Coupé. Dank dessen hat der Wagen einen optimalen Schwerpunkt, wovon die Straßenlage profitiert. Dass das ein straffes Fahrwerk erfordert, versteht sich von selbst, aber auch das bringt Spaß.
Auch für längere Strecken bequem
Allein auf einer Nebenstraße, deren Asphalt ein reiner Lückenteppich ist, rumpelt es ganz schön im Auto. Die Sitze sind aber so gut gepolstert, dass auch das kein Problem ist. Gewisse Kompromisse muss man bei einem Sportwagen immer eingehen, das ist normal. In diesem Fall ist es der „Kofferraum“, der seinen Namen nicht unbedingt verdient. Er ist klein, aber fein. Wenn die Insassen bereit sind, flexible Gepäckstücke mitzunehmen, passt ausreichend Gepäck für einen Kurzurlaub hinein. Getränkekisten eignen sich nicht zum Transport im R8, aber das hat sicherlich auch niemand vor.
Überrascht hat mich, dass hinter den beiden Sitzen sogar jeweils ein Bordcase Platz findet. Das macht es also möglich, mit unserem Straßenrenner in den Urlaub zu fahren. Anzüge und schicke Kleider bedürfen damit vor Ort einer Bügelung, aber was macht das schon?! Die Sitze sind so komfortabel, dass sich alle, die dieses Auto ausprobieren durften, einig sind: Es wäre kein Problem, lange Strecken und mehrere Stunden in diesem Auto zu fahren. Das ist für einen Sportwagen ein großes Kompliment.
So empfinde ich auch eine gewisse Wehmut, als nach zwei Wochen ein Fahrer des Herstellers kommt, um den R8 wieder abzuholen. Es ist, als würde ein wunderschöner Urlaub zu früh zu Ende gehen. Wie für die meisten Menschen ist auch für uns dieses Auto außerhalb jeder Möglichkeit, es unser Eigen zu nennen. Es war jedoch ein fulminantes Erlebnis, es ausprobieren zu dürfen.