Das mit Spannung erwartete Nachbarschaftsduell zwischen der SV Elversberg und dem 1. FC Saarbrücken wurde weniger wild, als es beide Trainer im Vorfeld vermutet hatten. Am Ende siegte der FCS nicht unverdient mit 2:0.
Fans von Traditionsvereinen neigen nach emotionalen Siegen gerne zur Euphorie. Das war am Samstag in der Ursapharm-Arena nicht anders. Lautstark und ausgelassen feierten rund 4.500 FCS-Anhänger den 2:0-Erfolg im Nachbarschaftsduell bei der SV Elversberg und skandierten lautstark „Spitzenreiter, Spitzenreiter“. Es war ein absolutes Kontrastprogramm, das sich zeitgleich hinter den Kulissen abspielte. Erleichtert, irgendwie angefasst und extrem nüchtern analysierte FCS-Trainer Uwe Koschinat die Partie. „Wir hatten große Probleme mit eigenem Ballbesitz, gerade in der ersten Halbzeit. Wir haben uns nicht gut befreit“, sagte der FCS-Trainer. Unerwähnt ließ er die Tatsache, dass der fehlende Zugriff auch personelle Gründe hatte. Kurz vor dem Spiel meldete sich Kapitän Manuel Zeitz mit Magen-Darm-Problemen ab. Für ihn rückte Luca Kerber in die defensive Mittelfeldzentrale, und der Youngster hatte erhebliche Anlaufschwierigkeiten. Koschinat, ohnehin ein Freund des beherzten Coachings, tigerte in der ersten halben Stunde vor der Bank auf und ab und faltete den 20-Jährigen gehörig zusammen. „Luca, Du rennst nur hinterher“, monierte der Coach schon nach einer Viertelstunde und wenig später empfahl er seinem Spieler „endlich wach zu werden“. Früh beriet sich Koschinat mit seinem Co-Trainer Bernd Heemsoth, die Taktiktafel war auf der Saarbrücker Bank fast im Dauergebrauch.
Die Probleme waren derart eklatant, dass Angreifer Sebastian Jacob mehr damit beschäftigt war, in der eigenen Hälfte Löcher zu stopfen, als vorn für Torgefahr zu sorgen. Doch die frühe Verletzung von Rückkehrer Mike Frantz änderte die Partie. Kurzfristig beschied Koschinat Boné Uaferro wieder Platz zu nehmen und wechselte stattdessen Pius Krätschmer ein. „Das war schon ein Schlüssel, weil Pius aus der Zentrale heraus das Spiel gut eröffnet und zudem sehr männlich gespielt hat“, sagte Koschinat. Nach einer halben Stunde war sein Team besser in der Partie, hätte nach einer Doppel-Chance von Tobias Jänicke führen können. Die SVE, die viel Ballbesitz hatte, wurde nur einmal durch Fellhauer richtig gefährlich. Nach dem Wechsel änderten sich die Vorzeichen. Der FCS, der in Durchgang eins ausschließlich mit langen Bällen agiert hatte, bekam die Partie in den Griff. Zwei Minuten waren gespielt, als SVE-Abwehrchef Kevin Conrad den durchgebrochenen Sebastian Jacob beim Abschluss behinderte, doch die Pfeife von FIFA-Schiedsrichter Christian Dingert blieb stumm. Mit dem schönsten Angriff des Spiels ging der FCS dann in Führung. Neudecker bediente Jacob, der geschickt entgegenkam und clever zu Jänicke ablegte. Der schickte Dodo Ernst steil, dessen Querpass nahm Jacob klasse an und wurde von Correia am Standbein getroffen.
Den zweiten Elfmeter im zweiten Spiel verwandelte Julian Günther-Schmidt, der beim Gang zum Punkt an das Spiel gegen Waldhof Mannheim in der Vorsaison dachte. Auch damals hieß der Schiri Christian Dingert, damals versagten „Günni“ die Nerven. „Ich habe natürlich dran gedacht und war mir dennoch sicher, dass ich den Ball links unten hin schieße.“ Gesagt, getan. Nach der Führung verteidigte der FCS vehement. Bjarne Thoelke wurde zum Turm in der Schlacht und Daniel Batz strahlte eine enorme Sicherheit aus. „Wir sind relativ oft über die Außen durchgekommen, haben aber keinen Abnehmer gefunden. Wir waren nicht effektiv genug“, sagte SVE-Trainer Horst Steffen. Der FCS stand stabil und schlug sieben Minuten vor dem Ende eiskalt zu. Nach einer Neudecker-Ecke war Pius Krätschmer zur Stelle und machten den Sieg klar. „Das fühlt sich total gut an“, sagte der 24-Jährige, der wohl sein bestes Spiel im Saarbrücker Dress machte. „Ihr habt Euch mehr Sorgen gemacht als ich“, witzelte der Blondschopf, „ich habe mich absolut sicher gefühlt.“
Anders die Gemütslage auf Elversberger Seite. Während Trainer Steffen von einem verdienten Saarbrücker Sieg sprach, war Mittelfeldakteur Carlo Sickinger anderer Meinung. „Saarbrücken hat doch überhaupt keine Spielanlage. Die haben nur lange Bälle gekloppt und nichts fürs Spiel gemacht. Es fühlt sich extrem scheiße an“, sagte der ehemalige Kaiserslauterer.
Gemischte Gefühle herrschten bei Rückkehrer Mike Frantz. Früh am Becken verletzt, wurde sein Bein mit zunehmender Dauer taub. „Ich habe Euch doch gesagt, dass ich kein Derby verliere. Aber natürlich hätte ich gerne länger gespielt. Ich denke nicht, dass es eine langwierige Sache wird“, sagte der 35-Jährige. Für die SVE geht es bereits am Dienstag in Oldenburg weiter, der FCS ist am Mittwoch gegen die Dortmunder Reserve dran. „Wir haben viele Spieler mit einer gewissen Verletzungshistorie. Deswegen ist der Kader so breit. Wir müssen sehen, wer am Mittwoch zur Verfügung steht“, sagte Koschinat und rang sich dann doch noch ein Grinsen ab. „Wir haben den Bock endlich umgestoßen.“
FORUM-Einzelkritik:
Daniel Batz: Extrem souverän und aufmerksam. Einen Schuss wehrte er nicht ganz optimal ab. Note 1-
Tobias Schwede: Hatte vor der Pause ordentlich zu kämpfen, stabilisierte seine Leistung dann aber. Note 3
Steven Zellner: Kein Bruder Leichtfuß, sondern routiniert und abgeklärt. Note 2
Bjarne Thoelke: Fels in der Brandung, unglaublich sicher und stabil. Bester Mann auf dem Feld. Note 1
Mike Frantz: Früh angeschlagen, hielt eine halbe Stunde routiniert durch. Note 3
Dominik Ernst: Defensiv extrem gefordert und nicht fehlerfrei, in der zweiten Halbzeit offensiv aber sehr stark. Note 3
Luca Kerber: Extreme Probleme in der Anfangsphase. Nach einer halben Stunde bekam er dann endlich Zugriff und wurde im Minutentakt stärker. Note 2-
Richard Neudecker: In der ersten Halbzeit lief er viel hinterher, biss sich dann aber mit Vehemenz in die Partie. Note 3
Tobias Jänicke: Benötigte ein wenig Anlaufzeit, war dann aber mit seiner Erfahrung ein absoluter Stabilisator. Note 2-
Julian Günther-Schmidt: Der Kilometerfresser hatte lange einen schweren Stand, vom Punkt dann aber eiskalt. Note 3
Sebastian Jacob: In der ersten Halbzeit fungierte er teilweise als vierter Mittelfeldspieler, um die vielen Löcher zu stopfen. Nach der Pause dann plötzlich torgefährlich und spielstark. Note 3
Pius Krätschmer: Kam nach einer halben Stunde für Frantz und lieferte ein überragendes Spiel ab. Note 1
Kasim Rabihic: Zeigte sich nach seiner Einwechslung häufig, war aber etwas zu verspielt. Note 3
Dominik Becker: Starker Auftritt als Schwede-Ersatz, leider mit einem gefährlichen Querschläger. Note 2-