Die 23-jährige Israelin Roni Kaspi ist eine virtuose Jazz-Schlagzeugerin, die mit Stars wie Bassist Avishai Cohen auf Tour war, und gleichzeitig eine ausdrucksstarke Sängerin, die moderne anspruchsvolle Popmusik macht.
Frau Kaspi, wieso haben Sie mit dem Schlagzeugspielen angefangen?
Es gibt dafür keinen richtigen Grund, es ist mehr ein Mysterium. Es war wohl so, dass in meiner Schule ein Drumset im Musiksaal stand und ich eines Tages anfing, darauf zu spielen. In meiner Familie gibt es keine Musiker, aber meine Eltern lieben Musik.
Sie haben in einem Interview mal gesagt, dass Sie als Kind viel Rockmusik gehört hätten – welche Bands waren das?
Ich hörte eher so harte Sachen wie Linkin Park. Aber auch Justin Bieber!
Vor Kurzem haben Sie einen Song rausgebracht, „S Song“, der nichts anderes ist als sehr gut gemachte Popmusik. Spielen Sie den auch auf Jazzfestivals?
Ja, natürlich. Ich spiele den nur ein bisschen anders auf der Bühne. Wir machen uns frei von der produzierten Version und bauen zum Beispiel Solos ein.
Wenn man Ihre letzten Videos sieht, käme man nicht auf die Idee, dass Sie eigentlich als Schlagzeugerin berühmt geworden sind. Streben Sie eine Karriere als Sängerin an?
Ich will einfach meine Musik präsentieren, sowohl als Schlagzeugerin als auch als Sängerin. Also geht es mir nicht allein um eine Sängerinnen-Karriere. Ich bin Schlagzeugerin und werde das immer sein. Meine Trommeln sind immer dabei. Mein hauptsächliches Ziel ist, meine eigene Musik auf die bestmögliche Art zu präsentieren.
Wollten Sie auch schon immer singen?
Nein. Ich habe erst vor ein paar Jahren damit angefangen und bin noch dabei, dieses „Instrument“ zu entdecken. Ich denke viel über Gesangstechnik nach und darüber, welchen Klang meine Songs brauchen.
Als Drumcomputer aufkamen, sollten sie das akustische Drumset ersetzen. Jetzt habe ich oft den Eindruck, dass echte Schlagzeuger Drumcomputer imitieren wollen. Stimmen Sie zu?
Nein. Vielleicht bei manchen Sachen … es gibt schon Stellen, wo ich wie ein Drumcomputer klingen möchte, aber im Normalfall möchte ich möglichst akustisch klingen.
Mit welcher Band kommen Sie nach Saarbrücken?
Mit meiner Band. Ich singe und spiele Schlagzeug, dazu kommen ein Keyboarder und ein Bassist (der Keyboarder trägt den Künstlernamen Oxy, der Bassist heißt Noé Berne; Anm. d. Red.).
Sind Sie eigentlich genervt davon, als Israelin häufig auf den Nahostkonflikt angesprochen zu werden?
Genervt jetzt nicht unbedingt. Ich will aber im Grunde einfach Musik machen. Deswegen möchte ich mich selbst da lieber raushalten und keine politischen Statements abgeben.
Wohnen Sie noch in Israel?
Nein, in Los Angeles.
Lassen Sie uns über Jazz reden. Sie sind in der Band von Avishai Cohen, machen aber auch Popmusik – würden Sie sich als Jazzmusikerin bezeichnen?
Ja, sicher. Ich bin im Herzen Jazzmusikerin. Ich bin zwar mit Pop und Rock aufgewachsen und kam erst später zum Jazz. Aber ich fühle mich total als Jazzmusikerin. Die Tatsache, dass meine Musik kein traditioneller Jazz ist, ist kein Widerspruch dazu. Jazz ist ein großes Wort! Ich fühle mich dem Jazz immer noch sehr verbunden. Er ist die Grundlage für mein Songschreiben.
Ihre Vorbilder kommen auch aus dem Jazz.
Ja, Tony Williams (langjähriger Schlagzeuger von Miles Davis; Anm. d. Red.) ist auf ewig mein Lieblingsschlagzeuger. Aber ich habe viele verschiedene Inspirationen, einmal für mein Schlagzeugspiel, einmal für meine Kompositionen. Tony steht für den Bereich Schlagzeug über allem. Beim Komponieren hat mich Miles Davis sehr beeinflusst. Er hat immer etwas Neues erfunden. Er hat die Freiheit in den Jazz gebracht, auf die bestmögliche Art. Aber ich habe auch viele Einflüsse außerhalb des Jazz. Ich mag Thundercat, Björk, Louis Cole, Hiatus Kayote, Tame Impala und James Blake.
Was ist Ihr Lieblingsalbum von Miles Davis?
Oh, schwierig! Ich denke, „Miles Smiles“ oder „Nefertiti“.