Seit 25 Jahren steht Ernst Hutter an der Spitze der Original Egerländer Musikanten. Er spielte 40 Jahre lang Tenorhorn und Posaune und war Teil der SWR Big Band. Der Leiter der Egerländer geht nun auf Abschiedstournee.
Herr Hutter, warum verabschieden Sie sich mit der anstehenden Tournee in den Ruhestand?
Also mit dem Wort Ruhestand muss ich schon mal aufräumen. Ruhestand würde ja bedeuten, dass ich überhaupt nichts mehr mache. Seit 40 Jahren bin ich Teil dieses erfolgreichsten Blasorchesters der Welt, den Egerländer Musikanten, und seit 25 Jahren habe ich es geleitet. Nun ist die Zeit reif, für mich persönlich, fürs Ensemble und für alle Beteiligten, der nächsten Generation Platz zu machen. Für mich habe ich es ausgeschlossen, dass ich so lange wie möglich an einem Platz klebe. Deswegen habe ich schon vor zwei Jahren bei der SWR Big Band aufgehört. Nun ist auch bei den Egerländern die Zeit gekommen, weil die junge Generation fit dazu ist und weil ich in Alexander Wurz einen passenden Nachfolger habe. Es kommt noch dazu, dass im Jahr 2026 das 70. Jubiläum des Orchesters ansteht. Und am 7. November 2025 wäre der 100. Geburtstag des Orchestergründers Ernst Mosch. All das hat mich dazu bewogen, jetzt aufzuhören, denn dann kann mein Nachfolger mit der Jubiläumstour im nächsten Jahr beginnen. Ich wiederum werde noch so lange Musik machen und mich als Musiker betätigen, wie ich aufrecht gehen kann.
Wie schwierig war die Suche nach Ihrem Nachfolger? Oder war schnell klar, wer Ihr Erbe antreten könnte?
Wer antreten könnte, das war schnell klar. Da kamen eventuell meine Söhne infrage, die auch die entsprechenden Qualifikationen haben und seit Jahren wichtiger Bestandteil des Orchesters sind. Aber wir haben intern intensiv diskutiert, und unser Wunsch war es dann, jemanden außerhalb der Familie zu nehmen und mit ihm gemeinsam zu arbeiten. Tatsächlich ist Alexander ein bisschen wie mein vierter Sohn. Das klingt jetzt vielleicht pathetisch, aber ich kenne ihn, seit er 15 oder 16 Jahre alt ist. Jetzt ist er fast 40, hat unser aller Vertrauen und ein gutes Standing in der Szene, noch dazu spielt er die gleichen Instrumente wie ich, Tenorhorn und Posaune.
Es heißt, man soll gehen, wenn es am schönsten ist. Trifft das bei Ihnen zu?
Für die Egerländer und für meine Arbeit mit ihnen ist das sicherlich richtig. Ich fühle mich noch sehr fit, um auf Abschiedstournee zu gehen.
Können Sie Außenstehenden mal erklären, was es heißt, Kopf eines Blasorchesters zu sein, das aus erfahrenen Musikern besteht. Wieviel Arbeit steckte dahinter? Was waren Ihre Aufgaben?
Die Egerländer Musikanten sind absolut professionell aufgestellt. Da gibt es das Management, das wir nach dem Tod von Ernst Mosch übernommen haben. Dann haben wir mit Georg Preisinger zusammen das Booking gemacht. Nachdem mein jüngster Sohn Julian Management und BWL studiert hatte, klinkte er sich ins Booking mit ein. Zudem muss man die ganze Technikabteilung aufstellen, Bühnenpräsentationen erarbeiten und sich um Personal und Logistik kümmern. Es ist bei einem großen Orchester auch wichtig, dass die Beteiligten nicht nur musikalisch, sondern eben auch menschlich zueinander passen. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe.
Die Egerländer wurden 1956 von dem legendären Volksmusiker und Posaunisten Ernst Mosch gegründet. Sie wurden zwei Jahre später in 1958 in Opfenbach bei Lindau geboren. Nach dem Tode Moschs übernahmen sie 2000 zusammen mit Toni Scholl dessen Orchester, seit 2003 führen sie es im Alleingang. Bereits 1985 hatten Sie unter Moschs Leitung musiziert. Was war er für ein Mensch und wie war er als Orchesterleiter?
Der Ernst Mosch war, wie alle Personen, die etwas ganz Großes geschaffen haben, ein sehr charismatischer Mensch. Ob jetzt in der Wirtschaft, in der Politik oder in Kunst und Kultur, da braucht es Typen, die so etwas auf den Weg bringen und über lange Zeit so erfolgreich sind. Denn es gilt, immer wieder Hürden zu überwinden. Da bedarf es viel Charakterstärke und Willenskraft. Ernst Mosch war sicherlich eine sehr vielschichtige Persönlichkeit und ein großartiger Musiker. Er hat mir immer erzählt, dass er sehr mit sich gerungen hat, irgendwann nicht mehr selbst zu spielen. Er hat dann aber die Notwendigkeit gesehen, die Posaune wegzulegen und für den Erfolg der Egerländer auch beim Südfunk-Tanzorchester aufzuhören – alles für seine Leidenschaft für die Blasmusik. Er hat dem ganzen Projekt ein ganz großes Gesicht gegeben. Ich habe ihn oft erlebt, wie er knallhart gearbeitet hat. Er hat das 43 Jahre gemacht. Dementsprechend habe ich einen unglaublichen Respekt vor dieser Arbeit.
Hatten sie je das Gefühl, als Volksmusiker nicht ernst genommen zu werden – im Vergleich zu Jazz-, Klassik- oder Rock-/Pop-Musikern?
Selbstverständlich, sehr oft sogar. Allerdings war für mich eine Sache sehr wichtig, als ich aus der SWR Big Band in die Leitung der Egerländer wechselte: Wenn ich für diese Musik in die Verantwortung gehe, dann nur bei den Egerländern, weil es ein so außergewöhnliches Ensemble ist. Ich hatte mir dementsprechend geschworen, wenn ich dieses Orchester leite und Moschs Arbeit in die Zukunft führe, dann mit allem, was ich in mir habe. Und ich konnte Gott sei Dank auf die Unterstützung der SWR Big Band zählen, weswegen ich bis vor zwei Jahren noch mit ihnen weiter gearbeitet habe. Ich hatte in all den Jahren aber auch wunderbare Begegnungen mit Musikern aus anderen Stilrichtungen, die mit ganz viel Respekt von meiner Arbeit und der Arbeit von Ernst Mosch und den Egerländern sprechen.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die anstehende Tournee? Wird es ein besonderes Programm geben?
Selbstverständlich. Es geht ja schon beim Motto los: „Mein Finale“. Es wird eine Auswahl an meinen Lieblingsstücken aus unserem Repertoire geben, inklusive neuer Kompositionen von mir, aber auch von den Jungen, also von Alexander und meinem Sohn Stephan. Ich freue mich sehr darauf, mit den Egerländern viele Menschen ein letztes Mal von der Bühne herunter mit Musik zu grüßen.