Die Musik von Helmut Eisel ist von Klassik, Jazz, Swing und Klezmer geprägt. Demnächst präsentiert er zusammen mit seinen beiden Duopartnern die CD „Prayer“ und mit seinem JEM-Trio das neue Programm „KlezFire“.
Bei der saarländischen Kultformation „Helmut Eisel & JEM“ gab es in der 34-jährigen Erfolgsgeschichte zwei unerwartete Abschiede: Im Jahr 2000 starb der Bassist Herbert Jagst, im vergangenen Sommer erlitt Helmut Eisels Schwager und Gitarrist Michael Marx einen tödlichen Zusammenbruch. Jedes Mal saß der Schock tief und erst nach langen Überlegungen wurde der Fortbestand des Trios beschlossen. Geblieben ist auch der Name JEM, gebildet aus den Anfangsbuchstaben der Familiennamen Jagst, Eisel und Marx.
„Man kann einen Menschen nicht einfach austauschen – und einen Individualisten mit derart besonderen kommunikativen und musikalischen Fähigkeiten wie Michael Marx schon gar nicht. Zahllose Ideen entstanden in den gemeinsamen Jahren auf der Bühne, im Proberaum, im Familien- und Freundeskreis. Diese Ideen wollen weiterleben und weiterentwickelt werden“, schreibt Helmut Eisel auf seiner Homepage. Zusammen mit Stefan Engelmann, seit 22 Jahren Kontrabassist des Trios, machte er sich vor einigen Monaten zum zweiten Mal auf die Suche nach einem neuen Partner.
Vor Kurzem ist die Entscheidung gefallen: Der Luxemburger Jazzmusiker Gilles Grethen ist nun als Gitarrist bei Helmut Eisel & JEM dabei. Der 28-Jährige, der sein eigenes Gilles Grethen Quartett leitet und sich in weiteren musikalischen Projekten engagiert, schätzt die Zusammenarbeit mit den beiden anderen, deutlich älteren Musikern: „Die Probenarbeit macht mir sehr viel Spaß, denn es geht vor allem um die Musik. Ich möchte oder kann Michael Marx keineswegs ersetzen, was bei so einer langen Musikerfreundschaft auch gar nicht möglich wäre. Vielmehr finden auch meine Einflüsse ihren Platz.“

Die drei treffen sich derzeit mehrmals pro Woche, um am gemeinsamen Auftritt zu feilen. Denn am 23. April ist es endlich so weit: Das Trio präsentiert sich im Saarbrücker Schloss zum ersten Mal in neuer Zusammensetzung. Das Programm „KlezFire“ enthält Klezmer-Melodien, sephardische Musik der Nachfahren iberischer Juden sowie Vertonungen persönlicher Erlebnisse. „Die Besucher können sich auf ein abwechslungsreiches, energiegeladenes Programm freuen, in dem ruhigere Momente ebenso ihren Platz finden. Wir spielen tolle Kompositionen, in denen auch Improvisation nicht zu kurz kommt“, erklärt Gilles Grethen.
Ob es auch Traurigkeit in dem Konzert geben wird? „Ja, denn wir sind traurig. Aber Michael hat uns auch etwas dagelassen, er hat das Programm mitentwickelt und so spielen wir ebenso für ihn“, antwortet Helmut Eisel. Emotionalität und Virtuosität sind seit jeher die Stärken von JEM. Fans schätzen die Spielfreude der Musiker, die diese nicht nur untereinander teilen. „Inspiriert von der Atmosphäre des Moments treten wir in Dialog mit dem Publikum, so entfaltet sich die Musik stets neu“, verrät Eisel das Erfolgsrezept des Trios.
Sein Instrument spielt dabei eine wichtige Rolle. Mit ihm erzählt er Geschichten, schimpft, tröstet, lacht und weint – die „sprechende Klarinette“ ist das Markenzeichen von Helmut Eisel, der seit Jahren zu den versiertesten Klarinettisten und Klezmermusikern Europas zählt. Die Grundlagen erlernte der Saarbrücker von seinem Großvater. „Dabei entdeckte ich, wie vielfältig und farbenreich die Ausdrucksmöglichkeiten dieses Instrumentes sind“, erinnert sich der studierte Mathematiker, der bereits in jungen Jahren in diversen Jazzbands spielte und erste Erfahrungen als Arrangeur sammelte.
Markenzeichen: „Sprechende Klarinette“
Ausschlaggebend für Eisels musikalischen Weg war die Begegnung mit Giora Feidman Ende der 80er-Jahre. Der Argentinier trägt den Beinamen „König des Klezmer“. Elemente der traditionellen jüdischen Instrumentalmusik, die zur Begleitung von Hochzeiten und anderen Festen gespielt wird, prägen bis heute Helmut Eisels Stil. Doch auch Klassik, Jazz und Swing sind in seinen Kompositionen zu finden. „Meine Musik passt in keine Schublade“, betont er. Seine Kreativität werde immer wieder aufs Neue vom Zusammenspiel beflügelt.
Im Lauf der Zeit gab er unzählige Konzerte in unterschiedlichen Formationen, produzierte über zehn CDs, initiierte Festivals, organisierte Workshops, leitete Seminare, veröffentlichte Bücher und Notenhefte und war an Schauspielproduktionen beteiligt. Heute ist er 67 und sagt über sich: „Ich mache keine Musik. Die Musik ist bereits da, in jedem Augenblick. Zuerst höre ich sie in meinem Inneren, dann übertrage ich sie auf meine Klarinette, um sie mit meinen Zuhörern zu teilen. Sie entsteht im Hier und Jetzt, in der lebendigen Begegnung mit einem Gegenüber. Musik ist Sprache und sagt doch viel mehr als alle Worte.“
Von diesen künstlerischen Dialogen zeugen auch die beiden Duos von Helmut Eisel: Klezmer im Elfenpalast mit der Harfenistin Birke Falkenroth und Swinging Klezmer mit Sebastian Voltz am Flügel. Beide Formationen sind, zum Teil mit Unterstützung von Kontrabassist Stefan Engelmann, auf der neuen CD „Prayer“ zu hören, die am 31. März in der Bel Etage in Saarbrücken erstmals präsentiert wird.
Klezmer als unterschiedliche Musikrichtungen, Menschen und Kulturen verbindendes Element ist das Leitthema des Albums. „Birke Falkenroth ist eine großartige klassische Harfenistin. Sie hat sich erst durch die Zusammenarbeit mit mir für Klezmer und Improvisationen begeistert. Mit ihrem seltenen Instrument, das mich kompositorisch sehr herausgefordert hat, stellt sie eine Besonderheit in der Klezmermusik dar“, erklärt Helmut Eisel. Seinen anderen Duo-Partner Sebastian Voltz bezeichnet er als „von Spiel- und Improvisationslust überschäumend“, was in Bezug auf Spontaneität kaum zu überbieten sei. „Prayer“, benannt nach einem der Stücke der CD, ist von diesem reizvollen Kontrast auf höchstem musikalischem Niveau geprägt.
Und auch diese Veröffentlichung ist für Helmut Eisel mit starken Emotionen verbunden. „Die Trauer um Michael Marx findet sich in den Kompositionen und Interpretationen, zugleich besticht ‚Prayer‘ durch Schönheit, Anmut und Lebenslust“, beschreibt er das Album. Er verstehe jetzt noch besser als zuvor, was seine Musik bedeutet: Freude am Leben haben, an jedem einzelnen Tag.